Zwei Yoko-Ono-Ausstellungen in Berlin - Kunst ohne Ego

Yoko Ono ist überzeugt, dass nicht sie als Künstlerin ihre Werke vollendet, sondern die Menschen, die ihre Ausstellungen besuchen. Im Martin-Gropius-Bau und der Neuen Nationalgalerie gibt es jetzt die Gelegenheit, das auszuprobieren. Von Marie Kaiser
Unter einem riesigen Banner mit der Aufschrift "Peace is Power" ("Frieden ist Macht") wächst ein Dutzend Bäumchen im Lichthof des Martin-Gropius-Baus. An den Zweigen baumeln viele weiße Zettelchen mit Wünschen, die jeder hier aufschreiben und an einen von Yoko Onos "Wish Trees" hängen kann. Auf einigen finden sich persönliche Wünsche wie "Ich möchte, dass mein Sohn ein glückliches Leben hat", die meisten aber sind Friedenswünsche.

"Peace is Power"
"Wir fanden es total wichtig, im Lichthof eine Arbeit von Yoko Ono zu haben, an der die Besucher:innen direkt teilhaben können. Und auch die Hoffnung auf Frieden in den Mittelpunkt zu setzen. Yoko Onos Wunsch, dass wir der Logik der Zerstörung und des Krieges etwas Positives entgegensetzen und uns auf den Frieden konzentrieren. Eine Hoffnung, die glaube ich, viele heute teilen", sagt Patrizia Dander, die die Ausstellung gemeinsam mit der Tate Modern London kuratiert hat, im Interview mit rbb24.
Yoko Ono stellt die Welt auf den Kopf
Im Obergeschoss des Martin-Gropius-Baus sind 200 Arbeiten von Yoko Ono versammelt. "Music of the mind" ist eine umfassende Retrospektive, die auf 70 Jahre künstlerische Arbeit von Yoko Ono zurückblickt. Die Ausstellung beginnt mit einem Moment der Verwirrung. Auf den ersten Blick scheint der erste Raum komplett leer zu sein. Doch wer genau hinschaut, entdeckt auf Wänden und Fenstern winzige Sätze in Yoko Onos Handschrift.
Kurze Sätze, die uns den Raum mit anderen Augen betrachten lassen. "Dieser Raum wird am anderen Ende so breit wie der Ozean" oder "Dieses Zimmer leuchtet im Dunkeln, wenn wir schlafen". Wer besonders aufmerksam durch den Raum geht, kann an der hohen Decke des Ausstellungsraums den winzigen Schriftzug "Boden" lesen - auf dem Parkett darunter steht "Decke". Yoko Ono erschüttert unsere Gewissheiten und stellt die Welt auf den Kopf.
Mit geschärftem Blick fürs Detail geht es weiter durch eine klug komponierte Retrospektive. Chronologisch wird Yoko Onos Entwicklung als Künstlerin nachvollziehbar. Yoko Onos Anfänge in der New Yorker Fluxus-Bewegung. Ihre weltbekannte Performance "Cut Piece", bei der ihr das Publikum nach und nach mit der Schere die Kleider vom Leib schnitt.
Und natürlich auch ihre "Bed-Ins" mit John Lennon, als das frisch verheiratete Paar die Flitterwochen als Aktion für den Frieden komplett im Bett verbrachte. Zu sehen sind aber auch aktuelle Arbeiten wie die komplett weißen Skulptur eines Flüchtlingsboots mit der Aufforderung "Füg Farbe hinzu". Mit den bereit gelegten Stiften kann das Boot bemalt und beschriftet werden.
Simple Ideen, hinter denen viel mehr steckt
Yoko Ono gelingt es wie kaum einer anderen Künstlerin, das Publikum zu aktivieren. In fast jedem Raum werden Besucherinnen und Besucher zum Mitmachen eingeladen. Beim "Bag piece" von 1964 kann sich eine jede und ein jeder eine Art schwarzen Sack überstülpen und zur Skulptur werden. Eine andere Arbeit fordert dazu auf, einen Nagel in ein weißes Holzbrett einschlagen. Im "Shadow Piece" geht es darum, den Umriss des eigenen Schattens auf eine Leinwand zu zeichnen, auf der sich am Ende der Ausstellungszeit zahlreiche Umrisse überlagern werden.
Es sind simple Ideen, hinter denen aber oft sehr viel mehr steckt, als auf den ersten Blick zu erkennen ist. So erinnern die Schattenumrisse auch an die Erfahrung des Kriegs der japanischen Künstlerin. Sie war 12 Jahre alt, als die Atombombe auf Hiroshima fiel. Die schwarzen Schatten an Wänden waren oft die einzigen Spuren, die von den Menschen in Hiroshima blieben.

Versteckt Euch nicht
"Music of the mind" ist eine sehr gelungene Retrospektive, die Yoko Onos Denken als Künstlerin körperlich erfahrbar macht und eine perfekte Einführung für alle, die die Künstlerin noch nicht so gut kennen. Gut ergänzt wird sie von der deutlich kleineren Ausstellung "Yoko Ono: Dream Together" in der Neuen Nationalgalerie. Nur 27 Arbeiten sind dort zu sehen, die Yoko Ono vor allem als aktivistische Künstlerin porträtieren. Es sind Arbeiten, die uns dazu auffordern, uns selbst zu engagieren, betont der Direktor der Neuen Nationalgalerie, Klaus Biesenbach.
Vor dem Eingang zur Ausstellung steht eine unscheinbare Arbeit, die sich leicht übersehen lässt. Ein kleines Podest aus Plexiglas, auf dem in winzigen Buchstaben "Hide me" (Versteck mich) geschrieben steht. "Es geht um dieses Paradox, dass sich keiner verstecken kann, sondern jeder verantwortlich ist und jeder etwas machen muss. Das ist Yoko Onos Appell an uns alle, uns nicht zu verstecken und jeden Tag aktivistisch zu sein.", erklärt Biesenbach.

"Wir brauchen mehr Yoko Ono in der Welt"
Auch in der Neuen Nationalgalerie spielt der Glaube an den Frieden der Yoko Onos Werk durchzieht, eine wichtige Rolle. Die Besucherinnen und Besucher können Origami-Kraniche für den Frieden falten. Oder an einem langen weißen Konferenztisch Platz nehmen in der Installation "Play it by Trust", in der 20 Spieler gegeneinander Schach spielen können. Die besondere Herausforderung ist, dass alle Schachfiguren weiß sind, der Farbe des Friedens. Die Anweisung lautet, "so lange zu spielen, wie Sie noch wissen, wo die eigenen Figuren stehen".
Eine kaum zu bewältigende Aufgabe, Yoko Ono führt damit die kriegerische Logik des Spiels mit einem simplen Kniff komplett ad absurdum. Klaus Biesenbach bringt das Anliegen der Ausstellung auf den Punkt: "Yoko Ono ist im Augenblick so nötig wie wie nie zuvor. Wir brauchen mehr Yoko Ono in der Welt - wir brauchen Hoffnung und Utopien."
Die Ausstellung "Music of the Mind" im Martin-Gropius-Bau ist bis 31. August zu sehen und die Ausstellung "Yoko Ono: Dream Together" in der Neuen Nationalgalerie bis zum 14. September. Am 2. Mai performt die Musikerin und Künstlerin Peaches um 20 Uhr Yoko Onos "Cut Piece" im Martin-Gropius-Bau.
Sendung: rbb24 Abendschau, 11.04.2025, 19:30 Uhr
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