Mit der Taschenlampe im Mund sammelt Joseph Mejia Heuschrecken von den Sträuchern.
Reportage

Heuschrecken in Kenia Wie aus Schädlingen ein Einkommen wird

Stand: 03.03.2021 14:58 Uhr

Heuschrecken fressen seit Monaten Kenias Felder kahl. Ein Startup macht aus den Schädlingen Rohstoff für Dünger und Futtermittel - und hilft so den Bauern, wieder Geld zu verdienen.

Kurz vor Einbruch der Dunkelheit in Zentralkenia: Zeit, um Säcke für die Heuschrecken-Ernte auszugeben. Die Insekten fressen seit Monaten die Felder in dem ostafrikanischen Land kahl. Jetzt schlagen die Farmer zurück: In großen Gruppen schwärmen sie auf die Felder aus und fangen die Heuschrecken.

Vorher bekommen sie noch eine Anleitung, wie sie vorgehen sollen: "Die Heuschrecken lassen sich jetzt gerade auf den Bäumen nieder. Wenn sie schlafen, können sie leicht in Säcken gesammelt werden", erklärt Albert Lemasulani vom Startup "Bug Picture" den Bauern. "Wir bezahlen euch pro Kilo. Die Heuschrecken werden erst morgens wieder aktiv, also habt ihr die ganze Nacht Zeit."

Ein Tagelohn pro Sack

"Bug Picture" hat sich darauf spezialisiert, aus Schädlingen einen wertvollen Rohstoff zu machen. "Sie werden genutzt, um Tierfutter für Fische, Geflügel, Rinder und Schweine herzustellen", erklärt Lemasulani. "Heuschrecken bestehen zu 70 Prozent aus Proteinen. Die sind der teuerste Teil des Tierfutters."

Das Sammeln lohnt sich also und es ist einfach. Die Bauern müssen nur die Säcke aufhalten und die Bäume ordentlich schütteln. Dann fallen die Heuschrecken wie überreife Früchte von den Zweigen. Morgens wird abgerechnet.

Albert Lemasulani von "Bug Picture" überwacht die Entlohnung der Bauern.

Albert Lemasulani von "Bug Picture" überwacht die Entlohnung der Bauern.

Mitarbeiter von "Bug Picture" haben an einen Baum eine Waage gehängt und überprüfen die Ausbeute.

Ein Sack wiegt 19 Kilo - und bringt dem Sammler damit umgerechnet etwa sieben Euro ein. Das entspricht in Kenia schon dem Tagesverdienst eines Handwerkers. Für die Farmer, die in den vergangenen Monaten viel verloren haben, ein finanzieller Ausgleich: "Die Heuschrecken zerstören ja die komplette Ernte, wenn sie über die Felder herfallen", klagt Bauer Joseph Mejia. "Manchmal sind es so viele, dass du die Pflanzen kaum noch sehen kannst."

Dünger und Futter aus Insekten

Bisher wurden vor allem Pestizide gegen die Heuschrecken eingesetzt. Jetzt wird die Bekämpfung Handarbeit. Über die Säcke mit den noch lebenden Heuschrecken rollen einige Männer ein schweres Fass. So sollen die Insekten getötet werden. Dann werden sie getrocknet und schließlich gemahlen.

Säckeweise können die Bauern die gefangenen Heuschrecken auf den Pickup aufladen.

Säckeweise können die Bauern die gefangenen Heuschrecken auf den Pickup aufladen.

"Das bedeutet, dass aus ihnen ein Pulver gemacht wird, erklärt Abdi Achegei, Mitarbeiter von "Bug Picture". "Das können wir dann unter Tierfutter mischen oder auch einen organischen Dünger daraus machen."

Ein Schwarm besteht aus mehreren Millionen Heuschrecken. So viele lassen sich auch in vielen Nächten kaum einsammeln. Aber es ist ein neuer Weg, um Sack für Sack die Plage zu bekämpfen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 02. März 2021 um 06:36 Uhr.