Mali Wagner-Söldner verbreiten "Klima der Angst"
Malis Militärjunta setzt auf russische Wagner-Söldner, während sie die Arbeit der UN-Friedensmission immer mehr erschwert. Mehr Sicherheit für die Malier bringt das bislang nicht - im Gegenteil.
Es könnte ein böses Omen sein für das, was dem vom Bürgerkrieg geschundenen Land im Westen Afrikas noch bevorstehen mag: der Angriff auf die Kati-Kaserne der Armee in einem Vorort von Malis Hauptstadt Bamako.
Am 22. Juli lässt die islamistische "Macina-Befreiungsfront", Teil einer Koalition verschiedener militanter Gruppen, zwei Autobomben am Armeehauptquartier explodieren - dem Ort, von dem aus der erste Staatsstreich der jetzigen Militärjunta vor zwei Jahren ausgegangen war. Die Botschaft: Wir sind nicht mehr nur im Norden und in der Mitte des Landes aktiv. Auch militärische und politische Zentren des Landes sind nicht mehr sicher.
Sicherheitslage "extrem verschlechtert"
"Die Sicherheitssituation hat sich seit der Machtübernahme der Militärjunta im August 2020 extrem verschlechtert", folgert das "Africa Center for Strategic Studies" in Washington, einer vom US-Kongress geförderten Forschungseinrichtung.
Militante Gruppen bedrohten nun aktiv die Hauptstadt. Wenn die Angriffe in dem Radius von 150 Kilometer um die Hauptstadt so weitergingen, erreichten die Anschläge in der Hauptstadtregion bald eine Zahl, die über den vorangegangenen fünf Jahren zusammengenommen liege.
Immer mehr zivile Opfer
Die Zahl getöteter Zivilisten liege bereits höher als in jedem der Vorjahre, so die Forscher. Sie sehen auch eine Zunahme innerhalb dieses Jahres. Dies gelte für andere Landesteile sogar noch stärker als für den Süden mit der Hauptstadtregion, in der etwa 60 Prozent der Malier leben und die bislang größtenteils von Terror verschont blieb.
Gewalttaten etwa in der Region Menaka und Gao, wo die Bundeswehr aktiv ist, hätten in diesem Jahr bereits mehr als 1000 Menschenleben gefordert. Das sind etwa 40 Prozent aller Opfer in Mali in diesem Jahr, schreiben die Forscher.
Bei Anschlägen wie auf eine Militärbasis im August, bei der 42 Soldaten und 10 Zivilisten starben, erbeuten die Angreifer auch immer wieder nennenswerte Mengen an Waffen.
Die Junta setzt auf russische Söldner
Ende 2021, kurz vor dem Abzug französischer Truppen, holte sich die Militärregierung in Bamako Hilfe aus Russland. Experten gehen inzwischen von rund 1000 russischen Söldnern in Mali aus, die Regierung selbst spricht nur von Ausbildern.
Als gesichert gilt aber, dass sie an Kampfeinsätzen teilnehmen und mithelfen, ein "Klima der Angst" zu verbreiten, wie es die Krisenbeobachter der regierungsunabhängigen Organisation ACLED nun beschreiben. Einsätze, an denen Wagner-Söldner gemeinsam mit Regierungstruppen beteiligt seien, forderten in diesem Jahr oft "bei weitem mehr zivile Opfer als im Frühjahr 2020", dem nach Zählung von ACLED bisherigen Höhepunkt bei zivilen Opferzahlen.
Allein bei einem Massaker in der Region Mopti sollen mit Beteiligung von Wagner-Söldner im März Hunderte Zivilisten getötet worden sein, wie sich aus den Aussagen von Zeugen gegenüber Human Rights Watch und dem ARD-Studio Nairobi schließen lässt.
Wie die Wagner-Söldner vorgehen
Nach Zählung von ACLED sind insgesamt fast 500 Zivilisten bei Einsätzen getötet worden, an denen Wagner teilnahm. Mehr als 70 Prozent der Wagner-Einsätze hätten sich gegen Zivilisten gerichtet.
Die Organisation wirft den Russen zudem vor, Taktiken anzuwenden, die es bislang nicht bei den malischen Streitkräften gab. So habe ACLED im Mai den Einsatz von Sprengfallen durch Regierungstruppen und Wagner in der Mopti-Region festgestellt - so, wie es Wagner schon in der Zentralafrikanischen Republik und Libyen getan habe.
In Mali gebe es zudem den Trend, dass die Söldner immer öfter ohne Regierungstruppen unterwegs seien und dabei massive Menschenrechtsverletzungen begingen. Bei zwei Vorfällen im Mai sei ein Markt geplündert, Habseligkeiten beschlagnahmt und fünf Zivilisten entführt worden - auch das ein Verhalten, das Wagner schon in der Zentralafrikanischen Republik an den Tag gelegt habe, so ACLED.
Den düsteren Ausblick für die Malier beschreibt die Organisation mit dürren Worten: "So, wie Wagner immer mehr seine Spuren hinterlässt, könnten auch andere Regionen Entwicklungen wie die in Zentralmali sehen."