Benjamin Netanjahu und Donald Trump

Nach Treffen mit Netanjahu Trumps Gaza-Pläne sorgen weltweit für Kritik

Stand: 05.02.2025 15:27 Uhr

In der arabischen Welt, in Europa und auch in China stoßen Trumps Pläne für eine zwangsweise Umsiedlung der Palästinenser auf Ablehnung. Viele warnen vor einem Bruch des Völkerrechts. Die US-Politik ist gespalten.

Den Gazastreifen übernehmen und alle Palästinenser zwangsweise umsiedeln - mit diesen Plänen sorgt US-Präsident Donald Trump im In- und Ausland für Aufregung. Während Vertreter der Palästinenser und mehrere Staaten den Vorstoß ablehnen, gibt es besonders im rechtsextremen Lager Israels Zustimmung.

Das Außenministerium in Saudi-Arabien wies Trumps Vorstoß in einer deutlich formulierten Mitteilung zurück. Der langjährige Ruf nach einem unabhängigen palästinensischen Staat sei eine "feste und unerschütterliche Position", hieß es. Das Königreich wende sich gegen "jegliche Verletzung der legitimen Rechte des palästinensischen Volkes, sei es durch israelische Siedlungspolitik, Annektierung von Land oder Versuche, das palästinensische Volk von seinem Land zu vertreiben". Das Land schloss erneut eine Normalisierung der Beziehungen zu Israel aus, sollte es keine Zweistaatenlösung geben.

Donald Trump plant US-Kontrolle von Gaza

Torben Börgers, ARD Washington, tagesschau, 05.02.2025 12:00 Uhr

Türkischer Außenminister: Pläne sind "inakzeptabel"

Der türkische Außenminister Hakan Fidan bezeichnete Trumps Pläne als "inakzeptabel". Sollte Israel das Töten von Palästinensern beenden und deren Lebensbedingungen verbessern, könnte die Türkei über eine Korrektur des Abbruchs des Handels und der Abberufung des Botschafters aus Israel nachdenken. Weder die Region noch die Türkei würden Deportationen aus dem Gazastreifen akzeptieren. "Auch nur darüber nachzudenken, ist meiner Meinung nach falsch und absurd."

Das ägyptische Außenministerium erklärte, eine dauerhafte und gerechte politische Lösung könne es nur mit einer Zweistaatenlösung geben. Der ehemalige ägyptische Diplomat Ayman Zaineldine sagte, die Idee, Palästinenser zwangsweise in Ägypten oder Jordanien anzusiedeln, verstoße gegen den gesunden Menschenverstand.

Abbas: Völkerrecht werde verletzt

Bei Vertretern der Palästinenser stieß der Vorstoß des US-Präsidenten ebenfalls auf klare Ablehnung. "Wir werden nicht zulassen, dass die Rechte unseres Volkes verletzt werden, für die wir jahrzehntelang gekämpft und einen hohen Preis gezahlt haben", zitiert die Zeitung "Haaretz" den palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas.

Trumps Aufruf stelle eine schwerwiegende Verletzung des Völkerrechts dar. "Es wird keinen Frieden und keine Stabilität in der Region geben, wenn nicht ein palästinensischer Staat mit Jerusalem als Hauptstadt innerhalb der Grenzen vom 4. Juni 1967 auf der Grundlage der Zweistaatenlösung gegründet wird", so Abbas.

Kritik aus Europa

Einig sind sich bisher auch europäische Staaten in ihrer Kritik. "Eine Vertreibung der palästinensischen Zivilbevölkerung aus Gaza wäre nicht nur inakzeptabel und völkerrechtswidrig", schrieb Bundesaußenministerin Annalena Baerbock in einer Mitteilung, ohne Trump namentlich zu erwähnen. "Dies würde auch zu neuem Leid und neuem Hass führen."

Die G7, die EU und die UN hätten immer wieder klar gemacht, dass die Zivilbevölkerung nicht vertrieben werden und der Gazastreifen nicht dauerhaft besetzt werden dürfe. "Eine Lösung über die Köpfe der Palästinenserinnen und Palästinenser hinweg darf es nicht geben."

Ein Sprecher des französischen Außenministeriums in Paris erklärte: "Frankreich bekräftigt seine Ablehnung jeglicher Zwangsvertreibung der palästinensischen Bevölkerung aus Gaza". So etwas würde einer schweren Verletzung des Völkerrechts gleichkommen und drohe die gesamte Region zu destabilisieren. Es wäre ein großes Hindernis für die legitimen Bestrebungen der Palästinenser und die Zweistaatenlösung.

Der spanische Außenminister Jose Manuel Albares sagte: "Ich möchte dies ganz deutlich machen: Gaza gehört den Gaza-Palästinensern und sie müssen in Gaza bleiben." Der Küstenstreifen sei Teil eines künftigen Palästinenserstaates, für den sich Spanien einsetze. Es müsse eine Koexistenz geben, die die Sicherheit und den Wohlstand des israelischen Staates garantiere.

China gegen Umsiedelung

Auch China sprach sich gegen eine zwangsweise Umsiedelung der Bevölkerung des Gazastreifens aus. Man hoffe, dass die Waffenruhe als Chance genutzt wird, die Lösung der palästinensische Frage auf den richtigen Weg zu bringen auf Grundlage einer Zweistaatenlösung, sagte ein Sprecher des Außenministeriums.

Der US-Verbündete Australien bekräftigte ebenfalls seine Unterstützung für eine Zweistaatenlösung. Der australische Premierminister Anthony Albanese sagte, seine Regierung unterstütze eine Lösung, "mit der sowohl Israelis als auch Palästinenser in Frieden und Sicherheit leben können". Auf direkte Fragen zu Trumps Plänen wollte er nicht antworten.

Das rechtsextreme Lager in Israel reagierte erfreut auf Trumps Pläne. "Donald, das sieht nach dem Beginn einer wunderbaren Freundschaft aus", schrieb etwa der frühere Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, auf X. Er forderte Netanjahu dazu auf, den Plan schnellstmöglich anzunehmen und mit seiner Umsetzung zu beginnen. Die israelische Opposition äußerte sich zurückhaltend.

"Make Gaza Beautiful Again"

In den USA stieß Trumps Vorschlag bei den Republikanern auf viel Lob. Der Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Mike Johnson, sprach auf X von einem "mutigen" Vorgehen, in der Hoffnung, einen dauerhaften Frieden im Gazastreifen zu erreichen. Auch Außenminister Marco Rubio äußerte sich ähnlich. "Gaza muss frei sein von der Hamas", schrieb er auf X. "Die Vereinigten Staaten stehen bereit, um zu führen und Gaza wieder schön zu machen." Er verwendet dabei wörtlich die Formulierung "Make Gaza Beautiful Again", eine Anspielung auf Trumps Wahlslogan "Make America Great Again".

Der demokratische US-Senator Chris Murphy kommentierte Trumps Vorstoß auf X mit den Worten: "Er hat völlig den Verstand verloren" (Original: "He lost it"). Der Demokrat Chris Van Hollen wertete den Plan als Ankündigung eines schweren Völkerrechtsbruchs. "Ich denke, wir müssen wiederholen, was der Präsident der Vereinigten Staaten gerade gesagt hat", sagte Van Hollen beim US-Sender MSNBC. "Er hat gerade gesagt, dass es die Politik der Vereinigten Staaten sein wird, zwei Millionen Palästinenser gewaltsam aus dem Gazastreifen zu vertreiben - so etwas nennt sich auch ethnische Säuberung."

"Ein paar wirklich schöne Orte bauen"

Trump hatte nach einem Gespräch mit Israels Premier Benjamin Netanjahu in Washington verkündet, die Vereinigten Staaten würden die Kontrolle über den Gazastreifen übernehmen. Die USA würden den Gazastreifen wirtschaftlich entwickeln und unter anderem "für die Entfernung aller gefährlichen nicht explodierten Bomben und anderer Waffen in diesem Gebiet verantwortlich sein". Er sehe die USA in einer "langfristigen Eigentümerposition".

Der US-Präsident bekräftigte auch seine Forderung nach einer Umsiedlung der palästinensischen Bewohner. Erstmals sprach er öffentlich davon, diese dauerhaft durchzusetzen.

Mit Informationen von Moritz Behrendt, ARD-Studio Kairo

Bettina Meier, ARD Tel Aviv, tagesschau, 05.02.2025 09:43 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 05. Februar 2025 um 09:00 Uhr.