Gideon Saar

US-Sanktionen gegen Strafgerichtshof Zustimmung aus Israel - Kritik von EU-Spitzen

Stand: 07.02.2025 12:13 Uhr

Trumps Sanktionen gegen den Internationalen Strafgerichtshof stoßen besonders in Israel auf Zustimmung. Die EU-Spitzen dagegen kritisieren das Dekret scharf. Das Gericht selbst sieht seine unabhängige Arbeit bedroht.

Israels Regierung hat die Sanktionen von US-Präsident Donald Trump gegen den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) als "mutiges Vorgehen" begrüßt. Zugleich nutzte sie den Anlass für verbale Attacken gegen das Gericht in Den Haag. Regierungschef Benjamin Netanjahu bezeichnete den IStGH als "korrupt", "antiamerikanisch und antisemitisch".

Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag
Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) mit Sitz in Den Haag in den Niederlanden ist ein ständiges internationales Strafgericht, das seit 2002 tätig ist. Seine Hauptaufgabe ist es schwerste Verbrechen wie Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und seit 2018 auch Verbrechen der Aggression zu verfolgen und zu bestrafen. Der IStGH wird nur dann aktiv, wenn nationale Gerichte nicht willens oder in der Lage sind, diese Verbrechen zu verfolgen.

Im Gegensatz zum Internationalen Gerichtshof (IGH), der Streitigkeiten zwischen Staaten schlichtet, befasst sich der IStGH mit der strafrechtlichen Verantwortung von Individuen für schwerste internationale Verbrechen. Der IStGH ist unabhängig von den Vereinten Nationen und wird von seinen Mitgliedstaaten finanziert. 125 Staaten gehören aktuell dem IStGH an, darunter alle EU-Mitgliedstaaten und seit 2025 auch die Ukraine. Länder wie die USA, China, Indien und Russland sind jedoch keine Mitglieder.

Ähnlich äußerte sich auch sein Außenminister Gideon Saar. Die Maßnahmen des IStGH seien "unmoralisch und haben keine rechtliche Grundlage", erklärte dieser auf X. Der Strafgerichtshof verfolge "aggressiv die gewählten Anführer Israels, der einzigen Demokratie im Nahen Osten" und untergrabe dadurch das Völkerrecht. Die USA und Israel seien "blühende Demokratien, deren Armeen sich streng an das Völkerrecht halten", erklärte Saar.

Vermögenswerte der Ermittler sollen eingefroren werden

Am Donnerstag hatte Trump per Dekret Sanktionen gegen den IStGH angeordnet. Er begründete den Schritt damit, dass das Gericht in Den Haag "seine Macht missbraucht" habe, da es Haftbefehle gegen Israels Premier Netanjahu und den damaligen Verteidigungsminister Joav Galant erlassen habe.

Das Gericht hatte im November auch Haftbefehl gegen hohe Hamas-Anführer erlassen. Der IStGH wirft sowohl der Terrororganisation als auch der israelischen Regierung Kriegsverbrechen im Krieg im Gazastreifen vor. Die USA und Israel sowie weitere Staaten erkennen den IStGH nicht an, unter anderem weil sie Eingriffe in die eigene staatliche Souveränität befürchten.

Trump ordnete nun per Dekret an, Führungskräften, Angestellten und Mitarbeitern, die an Ermittlungen gegen US-Personal oder seine Verbündeten wie Israel beteiligt sind, die Einreise in die USA zu verbieten. Die Sanktionen betreffen auch deren engste Familienangehörige. Das Dekret sieht zudem vor, alle Vermögenswerte einzufrieren, die diese Personen in den USA besitzen.

Trump verhängt Sanktionen gegen Mitglieder des Internalen Gerichtshofs

Bernd Wode, ARD-aktuell, tagesschau, 07.02.2025 16:00 Uhr

Gerichtshof will Mitarbeitern helfen

Der Internationale Strafgerichtshof verurteilte das Dekret aus dem Weißen Haus scharf. Damit sei die unabhängige und unparteiische rechtliche Arbeit des Gerichts bedroht, erklärte die Institution in Den Haag. Es rief alle seine 125 Mitgliedsstaaten dazu auf, sich vereint hinter Gerechtigkeit und grundlegende Menschenrechte zu stellen. 

Das Gericht versicherte seinen Mitarbeitern die volle Unterstützung. "Das Gericht steht fest zu seinen Mitarbeitern und verspricht, Millionen von unschuldigen Opfern von Gewalttaten weltweit weiter Gerechtigkeit und Hoffnung zu bieten, in all seinen Verfahren."

Orban spricht von "Trump-Tornado"

Auch die Spitzen der EU reagierten mit Kritik auf Trumps Entscheidung. EU-Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen erklärte auf X, der Gerichtshof müsse weiter in der Lage sein, "den Kampf gegen weltweite Straflosigkeit zu führen". EU-Ratspräsident António Costa sagte, die Sanktionen gefährdeten die Unabhängigkeit des Gerichtshofs und würden "das internationale Strafrechtssystem als Ganzes" untergraben.

Für Bundeskanzler Olaf Scholz sind die Sanktionen das falsche Mittel. "Sie gefährden eine Institution, die dafür sorgen soll, dass die Diktatoren dieser Welt nicht einfach Menschen verfolgen und Kriege anzetteln können", sagte bei einer Wahlkampfveranstaltung. Auch die Niederlande, als Gastgeber des Gerichtshofs in Den Haag, bezeichneten dessen Arbeit als unerlässlich für den Kampf gegen Straflosigkeit .

Diese Auffassung teilen aber nicht alle Mitgliedsstaaten der EU. Ungarns Regierungschef Viktor Orban sagte, die Sanktionen zeigten, dass es an der Zeit sei, den IStGH zu verlassen. Es sei für sein Land an der Zeit zu überprüfen, "was wir in einer internationalen Organisation tun, die unter US-Sanktionen steht". Es wehe ein neuer Wind in der internationalen Politik. "Wir nennen es den Trump-Tornado", schrieb Orban auf X.

Ralf Borchard, ARD Washington, tagesschau, 07.02.2025 05:49 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 07. Februar 2025 um 12:00 Uhr.