Irans Vertretung in Damaskus Angriff auf Botschaft - was bislang bekannt ist
Nach dem mutmaßlich israelischen Angriff auf die iranische Botschaft in Syrien wachsen die Sorgen vor einer Ausweitung des Nahostkonflikts. Was ist passiert, was könnten die Gründe sein - und welche Reaktionen gibt es aus Teheran?
Was ist passiert?
Bei einem Luftangriff auf ein Konsulargebäude der iranischen Botschaft in der syrischen Hauptstadt Damaskus sind am Montag nach Angaben der iranischen Revolutionsgarden sieben ihrer Mitglieder getötet worden. Zu ihnen zählen mit den Kommandeuren Mohammed Resa Sahedi und Mohammed Hadi Hadschi Rahimi auch zwei ranghohe Vertreter der Al-Kuds-Brigaden, erklärte die Organisation.
Nach Angaben des iranischen Staatsfernsehens sind außerdem sechs Syrer getötet worden. Die Zahl der Opfer stieg damit auf insgesamt 13.
Die vollständig zerstörte und eingestürzte Konsularabteilung ist ein Nebengebäude der iranischen Botschaft, die sich im gehobenen Stadtteil Masseh befindet. Der iranische Botschafter in Syrien, Hossein Akbari, blieb bei dem Angriff unverletzt.
Akbari sagte im iranischen Staatsfernsehen, der Angriff sei von Kampfjets vom Typ F-35 ausgeführt worden. Dem syrischen Verteidigungsministerium zufolge ging der Beschuss von den von Israel besetzten Golanhöhen aus.
Was könnten die Gründe für den Angriff sein?
Eine offizielle Erklärung Israels gibt es nicht: Der israelische Armeesprecher Daniel Hagari sagte bei einer Pressekonferenz auf eine Frage zu dem Angriff, er kommentiere keine Informationen der ausländischen Presse. Generell äußert Israel sich selten zu seinen Angriffen in Syrien, hat jedoch mehrfach erklärt, es werde eine Ausweitung der iranischen Präsenz in Syrien nicht dulden.
"Es ist klar, dass Israel diese Angriffe durchführt, weil sie sehen, was im Libanon und Syrien passiert", erklärte Ramy Abdoulrahman von der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte dem saudischen Sender al-Hadath. "Dieser Angriff ist eine Fortsetzung anderer Angriffe auf iranisches Personal in dieser Region. Es soll die Hisbollah und andere verunsichern."
Die Regierung in Teheran versteht sich seit Jahrzehnten als Erzfeind Israels und kontrolliert beziehungsweise unterstützt verschiedene Milizen in der Region, unter anderem in Syrien.
Die Al-Kuds-Brigaden, die bei dem jetzigen Angriff in erster Linie getroffen wurden, sind eine auf den Auslandseinsatz spezialisierte Eliteeinheit der iranischen Revolutionsgarde. Fachleuten zufolge sollen sie in Syrien, im Libanon und im Irak die Zusammenarbeit mit pro-iranischen Milizen wie zum Beispiel der libanesischen Hisbollah koordinieren.
Israels Luftwaffe bombardiert immer wieder Ziele im benachbarten Syrien und will damit verhindern, dass der Iran und mit ihm verbündete Milizen wie die Hisbollah ihren militärischen Einfluss in dem Land ausweiten. Die Angriffe haben seit Beginn des Kriegs zwischen Israel und der mit der Hisbollah verbündeten militant-islamistischen Palästinenserorganisation Hamas am 7. Oktober zugenommen.
Wie äußert sich Teheran?
Irans Staatsoberhaupt Ayatollah Ali Khamenei hat mit Vergeltung gedroht. "Das boshafte Regime wird durch unsere tapferen Männer bestraft werden", sagte er laut einer Mitteilung. Auch Irans Präsident Ebrahim Raisi verurteilte den Angriff scharf und sprach in einer Mitteilung von einem terroristischen Verbrechen unter grober Verletzung internationaler Vorschriften, wie die staatliche Nachrichtenagentur Irna berichtete. "Dieses heimtückische Verbrechen wird nicht unbeantwortet bleiben", hieß es in der Mitteilung weiter.
Der iranische Außenminister Hossein Amir-Abdollahian kündigte eine "entschlossene Antwort" an. Die vom Iran unterstützte Hisbollah-Miliz im Libanon kündigte "Strafe und Rache" für Israel wegen des Angriffs an.
Irans Außenminister berief zudem den Schweizer Gesandten ein. Da Washington keine diplomatische Vertretung im Iran unterhält, fungiert der Schweizer Missionschef als Vertreter der USA in Teheran. Als Israels wichtigster Unterstützer "müssen die Amerikaner Verantwortung übernehmen", sagte Amir-Abdollahian laut der staatlichen Nachrichtenagentur Irna.
Wie reagieren andere Staaten?
Russland und China machen Israel für den Angriff verantwortlich und verurteilten den Angriff. Die Sicherheit diplomatischer Einrichtungen dürfe nicht verletzt und die Souveränität und Unabhängigkeit Syriens müsse respektiert werden, sagte der Sprecher des chinesischen Außenamtes, Wang Wenbin.
Auf Antrag Russlands wird der UN-Sicherheitsrat heute eine öffentliche Sitzung über den Angriff abhalten, wie der russische Gesandte bei den Vereinten Nationen, Dmitri Poljanski, im Onlinedienst X ankündigte.
Auch mehrere arabische Staaten haben den Angriff scharf verurteilt. In einer Mitteilung des saudischen Außenministeriums hieß es, das Königreich lehne Angriffe auf diplomatische Einrichtungen kategorisch ab. Sie stellten einen Verstoß gegen das internationale Recht und gegen diplomatische Immunität dar.
Ägypten äußerte sich ähnlich. In einem Post des Sprechers des Außenministeriums, Ahmed Abu Seid, hieß es, Ägypten stehe in Solidarität mit Syrien und respektiere dessen Souveränität.
Das Golfemirat Katar betrachtet den Angriff nach eigenen Angaben als einen "eklatanten Verstoß" gegen internationale Abkommen und Konventionen. Das Außenministerium teilte auf X mit, dass Botschaftsmitarbeiter gemäß den Regeln des internationalen Völkerrechts geschützt werden müssten.
Die Außenministerien in Jordanien und dem Libanon veröffentlichten Erklärungen mit ähnlichen Aussagen.
Droht eine weitere Eskalation des Konflikts?
Experten äußerten die Sorge, dass einige im Iran den Angriff als Kriegserklärung werten könnten. "Wenn es ein Nebengebäude der iranischen Botschaft trifft, also eine Rakete direkt auf iranischem Boden einschlägt, dann zwingt Israel den Iran fast zu einer Antwort", glaubt Ramy Abdoulrahman von der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte. "Es könnte sein, dass zum Beispiel die Hisbollah zuschlägt und das als Reaktion auf den Angriff auslegt."
Wie und ob Irans Staatsmacht reagiert, ist jedoch noch offen. Bereits Ende Dezember wurde bei einem mutmaßlich israelischen Luftangriff der iranische General Sejed-Rasi Mussawi, ein ranghohes Mitglied der Revolutionsgarden, in einem Vorort der syrischen Hauptstadt Damaskus getötet. Irans Revolutionswächter reagierten damals Mitte Januar mit massiven Raketenangriffen als Vergeltung auf Ziele in Syrien und im Irak. Die Raketen flogen rund 1.200 Kilometern weit.
In der iranischen Hauptstadt Teheran versammelten sich im Stadtzentrum am späten Montagabend einige Hunderte Regierungsanhänger zu spontanen Protesten, wie Augenzeugen berichteten. Die Menschenmenge forderte Rache für die Tötung der Generäle. Sie riefen unter anderem "Tod für Israel" und "Tod für Amerika".
Mit Informationen von Tilo Spanhel, ARD Kairo