Nach Angriff auf Hilfsorganisation Bidens deutliche Warnung an Netanyahu
Die USA haben das Vorgehen Israels im Gazastreifen hart kritisiert. US-Präsident Biden forderte Israels Premier Netanyahu zu Maßnahmen zum Schutz von Zivilisten und Helfern auf - und machte davon die künftige Unterstützung abhängig.
US-Präsident Joe Biden hat vom israelischen Premierminister Benjamin Netanyahu "unverzügliche" Maßnahmen zum Schutz von Zivilisten und humanitären Helfern im Gazastreifen gefordert. Die weitere US-Politik in dem Konflikt hänge von "unserer Prüfung der israelischen Umsetzung dieser Schritte" ab, sagte Biden nach Angaben des Weißen Hauses bei einem Telefonat mit Netanyahu.
Biden bekräftigte den Angaben zufolge auch seine Forderung nach einer sofortigen Feuerpause, die für eine Verbesserung der humanitären Lage unerlässlich sei. Israel müsse "ohne Verzögerung" ein Abkommen erreichen, um die Rückführung der von der militanten Palästinenserorganisation Hamas verschleppten Geiseln sicherzustellen.
Empörung nach Angriff auf Hilfsorganisation
Aus US-Kreisen hieß es, das Telefonat habe weniger als 30 Minuten gedauert. Es war das erste Gespräch zwischen beiden Politikern seit dem Tod von sieben Mitarbeitern der Hilfsorganisation World Central Kitchen (WCK) bei einem israelischen Luftangriff, über den sich der US-Präsident "empört" gezeigt hatte. Im Gespräch mit dem israelischen Regierungschef nannte Biden die Angriffe auf humanitäre Helfer und die allgemeine humanitäre Lage in dem Palästinensergebiet "inakzeptabel", wie das Weiße Haus mitteilte.
Biden hat Israel im Krieg gegen die radikalislamische Hamas bislang durchgehend unterstützt, unter anderem mit Rüstungslieferungen. Allerdings übte der US-Präsident zuletzt angesichts der humanitären Not im Gazastreifen immer deutlichere Kritik an der israelischen Kriegsführung. Laut der US-Regierungszentrale sprachen Biden und Netanyahu auch über die Bedrohung Israels durch den Iran.
Auch Blinken kritisiert unzureichende Maßnahmen
US-Außenminister Antony Blinken betonte am Rande des Treffens mit seinen NATO-Kollegen in Brüssel ebenfalls, Israels Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung im Gazastreifen seien nicht ausreichend. "Trotz wichtiger Schritte, die Israel unternommen hat, um Hilfe im Gazastreifen zu ermöglichen, sind die Ergebnisse vor Ort völlig unzureichend und inakzeptabel."
Derzeit gebe es keine höhere Priorität als den Schutz der Zivilbevölkerung und die Ausweitung humanitärer Hilfe, betonte Blinken. "Wenn wir die Änderungen nicht sehen, die wir sehen müssen, wird es Änderungen in unserer politischen Position geben."
"Der schreckliche Angriff auf World Central Kitchen in dieser Woche war nicht der erste derartige Vorfall", sagte Blinken. "Es muss der letzte sein." Ansonsten würden die USA ihre Unterstützung einschränken. Nach Angaben des US-Außenministeriums wurden seit Kriegsbeginn im Oktober 2023 bereits 208 humanitäre Helfer im Gazastreifen getötet.
Wie eine mögliche Kursänderung der US-Regierung aussehen könnte, blieb jedoch offen. "Ich werde keine Vorschau auf Entscheidungen geben, die noch nicht getroffen wurden, aber es gibt Dinge, die getan werden müssen", sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby. "Lassen Sie uns abwarten, was die israelische Seite tut, sagt, was sie umsetzt und wohin sie geht, bevor wir über tatsächliche politische Entscheidungen sprechen." Mit Blick auf mögliche Schritte, die die Israelis nun einleiten könnten, sagte Kirby, man hoffe auf Maßnahmen "in den kommenden Stunden und Tagen".
Trump: "Israel verliert PR-Krieg"
Bidens Vorgänger Donald Trump forderte Israel auf, die Kampfhandlungen im Gazastreifen möglichst rasch abzuschließen. "Bringt es hinter euch und lasst uns zum Frieden zurückkehren und aufhören, Leute zu töten", sagte Trump dem Radiomoderator Hugh Hewitt.
Aus seiner Sicht richte sich die öffentliche Meinung zunehmend gegen Israel, auch weil das israelische Militär Videos von Luftangriffen veröffentliche. "Sie sollten solche Aufnahmen nicht öffentlich machen. Deshalb verlieren sie den PR-Krieg". Die Leute würden diese Bilder von einstürzenden Häusern sehen und sich die Menschen darin vorstellen. "Und sie finden das nicht gut", sagte Trump.
Der voraussichtliche republikanische Präsidentschaftskandidat hatte Amtsinhaber Biden in der Vergangenheit vorgeworfen, Israel nicht ausreichend zu unterstützen. "Sie müssen abschließen, was sie begonnen haben, und sie müssen es schnell abschließen", sagte Trump.