
Von der Leyen in Neu-Delhi EU wirbt um Indien als neuen Handelspartner
Angesichts des Handelskonflikts mit den USA sucht die EU neue Partner - und setzt dabei auf Indien. Das lange verzögerte Freihandelsabkommen soll noch in diesem Jahr kommen. Streitpunkte gibt es trotzdem.
Als EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen in Neu-Delhi landet, empfängt sie der rhythmische Klang des Dandiya - einem traditionellen Tanz aus dem Bundesstaat Gujarat. Die lebendige, kulturelle Begrüßung für die hochrangige europäische Besucherin ist wohl nicht zufällig gewählt, stammt doch Indiens Premierminister Narendra Modi selbst aus der Region.
Für die EU sei es wichtig, stabile und verlässliche Partnerschaften zu haben, sagte von der Leyen dem ARD-Studio Südasien. Seit 30 Jahren bestehe ein Partnerschaftsabkommen. "Aber wir merken, dass wir in vielen Themen, insbesondere in der digitalen Welt oder bei dem Thema Rohstoffe unsere Partnerschaft intensivieren können." Und jetzt sei die Zeit gekommen die Partnerschaft zwischen Europa und Indien auch zu festigen.
Töne der Harmonie
Es ist ein beispielloser Besuch: Bei ihrer dritten Reise nach Indien wird von der Leyen von einem Großteil ihrer Brüsseler Kommissarinnen und Kommissare begleitet - ein deutliches Zeichen für die wachsende strategische Bedeutung der Beziehungen zwischen der EU und Indien.
Auch Indiens Premier Modi lobt die Zusammenarbeit in höchsten Tönen: "Die strategische Partnerschaft zwischen Indien und der EU ist natürlich und organisch. Ihr Kern beruht auf Vertrauen, dem gemeinsamen Glauben an demokratische Werte und dem gegenseitigen Engagement für Wohlstand und Fortschritt."
Aufnahme der Verhandlungen nach längerer Pause
Trotz dieser Harmonie stehen bei den Gesprächen in Neu-Delhi auch schwierige Themen im Mittelpunkt - allen voran das Freihandelsabkommen. Die Verhandlungen wurden nach längerer Pause vor drei Jahren wieder aufgenommen.
Jetzt soll es offenbar schneller gehen. Von der Leyen kündigte an, dass sie und der indische Premier vereinbart hätten, noch in diesem Jahr einen Abschluss zu erreichen: "Ich merke auf der indischen Seite auch die Bereitschaft mit uns mehr zusammenzuarbeiten." In einer Welt die unsicherer und fragmentierter geworden sei, suche auch Indien nach verlässlichen Partnern - und die finde man in Europa.
Einige Hürden
Ein solches Abkommen zwischen der EU und Indien wäre das größte dieser Art in der Welt, so die Kommissionspräsidentin. Doch noch müssen einige Hürden überwunden werden: Die EU fordert, dass Indien die Zölle auf Autos, Wein und Spirituosen senkt. Während Indien im Gegenzug einen besseren Zugang für seine preiswerteren Medikamente und Chemikalien auf dem EU-Markt anstrebt.
Auch in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung wollen beide Seiten enger zusammenarbeiten. "Unsere wachsende Zusammenarbeit in Verteidigungs- und Sicherheitsfragen ist ein Symbol für unser gegenseitiges Vertrauen. Wir werden unsere Zusammenarbeit in den Bereichen Cybersicherheit, maritime Sicherheit und Terrorismusbekämpfung vorantreiben", erklärte Modi.
Suche nach neuen Handelspartnern
Eins wird bei diesem außergewöhnlichen Besuch deutlich: Die EU sucht gezielt neue Handelspartner. Ein Ziel, das auch durch den Handelskonflikt mit den USA befeuert wurde.
Es ist eine diplomatische Charme-Offensive in Neu-Delhi, bei der auch von der Leyen nicht mit Komplimenten spart. Zum Abschluss ihrer Rede, in Anlehnung an die derzeit besondere Planetenkonstellation am Himmel, sagte sie: Die Planeten stehen in einer Reihe - und Europa und Indien auch.