Flüchtlinge im Libanon Der Traum von Europa
Europa bleibt das Ziel von Syrern, die es in den Libanon geschafft haben. In den Flüchtlingslagern dort ist die Lage prekär - die hohe Inflation verstärkt die Armut, und die Regierung hat mit Abschiebungen begonnen.
Kinder toben über einen kleinen staubigen Platz zwischen Hütten, spielen Fußball. Es ist selten genug, dass sie spielen können, hier, in einem der illegalen syrischen Flüchtlingslager in Libanons Bekaa-Ebene. Bis zur syrischen Grenze sind es nur wenige Kilometer.
Müll stapelt sich neben den ärmlichen Hütten aus Planen, Wellblech und Pappe. Irgendwie haben die Menschen versucht, sich mit nichts ein Zuhause einzurichten. Seit Jahren sind sie hier, geflohen vor dem syrischen Bürgerkrieg, gestrandet im Libanon. Eigentlich würden sie gerne nach Hause.
Aber dort seine "keine Häuser und keine Bewohner mehr", sagt eine Mutter namens Sarah der Nachrichtenagentur Reuters und berichtet von Nachbarn, die geflohen seien, gestorben oder in den Krieg gezogen. Zurück könne ihre Familie nicht und bleibe deshalb im Libanon - einen anderen Plan für die Zukunft habe sie nicht.
Geflohen und weiter in Not
Rund 14 Millionen Menschen sind durch den syrischen Bürgerkrieg zu Vertriebenen geworden. Mehr als die Hälfte der syrischen Bevölkerung befindet sich innerhalb oder außerhalb des Landes auf der Flucht, viele davon im Nachbarland Libanon.
Sarah schält Kartoffeln. Mit Hilfe eines kleinen Gaskochers am Rande der Hütte versucht die Mutter von sechs Kindern, alle satt zu bekommen. Und das wird immer schwerer: Im Libanon herrscht eine schwere Wirtschaftskrise, die Preise für Lebensmittel sind teilweise um 600 Prozent gestiegen.
Etwas anderes als Getreide und Gemüse könne sich die Familie nicht mehr leisten, erzählt Sarahs Mann Youssef, zu sehr seien die Preise vor allem für Fleisch, Fisch und Eier gestiegen. Aber: Immerhin bekämen sie im Libanon noch etwas zu essen. In Syrien gebe es dagegen kaum noch etwas zu kaufen. 90 Prozent der Syrer leben in ihrer Heimat unter der Armutsgrenze.
Auch sein Nachbar Saleh stellt fest, dass er nicht nach Syrien zurück könne. Dort gebe es einfach keine Sicherheit - "wie sollen die Kinder da aufwachsen?". Sein Haus sei zerstört, in der Heimatregion gebe es keine Bäckereien mehr und damit kein Brot. "Wie soll ich leben?", fragt er, "soll ich Erde essen?".
Angst vor Assad
Außerdem haben die Rückkehrer Angst vor dem syrischen Diktator Baschir al-Assad. Als Flüchtlinge werden sie in Syrien oft als Verräter betrachtet. Menschenrechtsorganisationen berichten immer wieder von Rückkehrern, die inhaftiert wurden.
Nichtsdestotrotz schiebt der Libanon gerade tausende Syrer über die Grenze ab. Das kleine Land am Mittelmeer hat rund 1,5 Millionen syrische Flüchtlinge aufgenommen - mehr als Deutschland.
Ein Familienvater, der aus Angst vor Repressionen seinen Namen nicht nennen will, sagt, den Syrern gehe es nun sehr schlecht, sie würden in den Lagern verfolgt und gezwungen, nach Syrien zurückzugehen.
Überleben durch Müllsammeln
Er und seine Kinder leben vom Müllsortieren in Libanon. Selbst die Kleinsten wühlen schon mit in den alten Plastiktüten, um dafür ein paar Cent zu bekommen.
Wie viele Syrer im Libanon träumt er sehnsüchtig von einem Leben in Europa, in Deutschland. Da solle es schön sein, sagt auch seine kleine Tochter traurig lächelnd - in Deutschland gebe es keine Wellblechhütten.