In Harasta, einem Vorort von Damaskus, fährt ein Junge an Ruinen entlang.

Syrien-Konferenz Kraftakt Wiederaufbau

Stand: 13.02.2025 06:04 Uhr

Bei einer Konferenz in Paris geht es heute um den politischen Neuanfang in Syrien - auch Finanzhilfen werden ein Thema sein - denn vielerorts ist die gesamte Infrastruktur zerstört. Die Kosten lassen sich noch nicht beziffern.

In Harasta, einer Stadt vor den Toren der syrischen Hauptstadt Damaskus, sind die meisten Häuser zerstört. Kinder klettern aus den Ruinen. Sie leben dort mit ihren Familien. Die von Bomben zerstörten Gebäude sind einsturzgefährdet und fensterlos - ohne Schutz vor Kälte und Dreck.

Trotzdem kehren die Menschen zurück - so auch Mohammed. "Früher war Harasta wie tot. Jetzt hat die Bäckerei wieder geöffnet, genauso wie der Friseur, der Automechaniker. Die Menschen versuchen, im Viertel wieder zu arbeiten. Auch der tägliche Markt im Viertel hat wieder eröffnet und ist besser als früher", sagt er.

Menschen bauen ihre Viertel wieder auf

Die Menschen kommen wieder, um ihr Viertel wiederaufzubauen, meint der Anfang 20-jährige Handwerker. Er arbeitet als Schweißer und hofft auf gute Geschäfte. Denn Türen und Fenster aus Eisen bräuchten schließlich jetzt alle. 

Harasta steht für viele Städte und Dörfer in Syrien. Aufständische kämpften mehr als ein Jahrzehnt gegen die Armee von Langzeitmachthaber Baschar al-Assad - der antwortete mit Luftangriffen. Zigtausende Gebäude, Schulen, Krankenhäuser, große Teile der Infrastruktur sind zerstört.

Aktuelle Zahlen dazu, wie viel der Wiederaufbau kosten würde, gibt es nicht. Frühere Schätzungen der Vereinten Nationen veranschlagen etwa 400 Milliarden US-Dollar. Eine zentrale Person dabei: Syriens Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa.

Vor kurzem noch als Dschihadist geächtet, steht der Anführer der Islamistenmiliz Haiat Tahrir al-Scham (HTS) jetzt vor der schwierigen Aufgabe, Syrien wiederaufzubauen.

Eine Luftaufnahme von Dezember 2024 zeigt die Zerstörungen in Harasta, einem Vorort von Damaskus.

Eine Luftaufnahme von Dezember 2024 zeigt die Zerstörungen in Harasta, einem Vorort von Damaskus.

"Syrien hat Fachkräfte"

In einem Interview mit dem privaten Sender Syria TV hob er das Fachwissen seiner Landsleute hervor. "Sie haben eine starke Arbeitsmoral, Fleiß und Ausdauer. Sie sind harte Arbeiter mit vielen Fähigkeiten. Wenn wir einen bestimmten Sektor wieder aufbauen wollen, könnten wir alle erforderlichen Fachkräfte finden - vom Ingenieur bis zum Bauarbeiter."   

Das Problem: Viele Syrer und Syrerinnen sind im Krieg ums Leben gekommen oder ins Ausland geflohen. Übergangspräsident al-Scharaa setzt auch auf genau diese Syrer: "Es wird ein breites Wirtschaftsteam gebildet, das aus Syrern mit großer Erfahrung im In- und Ausland besteht. Diese Experten analysieren derzeit die Wirtschaftsdaten des Landes."

Auf dieser Grundlage würden sie als strategischen Plan eine Wirtschaftspolitik für die nächsten zehn Jahre entwickeln, so al-Scharaa.

Experte fordert Ende der EU-Sanktionen

Um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen, ist für den britischen Nahostexperten H. A. Hellyer das Ende der Sanktionen das Wichtigste. Die EU hat vor kurzem angekündigt, Sanktionen beispielsweise im Energiebereich vorübergehend auszusetzen.

Aber das reiche nicht aus, meint Hellyer. "Das schafft weder ein Klima der Begeisterung noch der Sicherheit für Investoren, die ins Land kommen möchten. Eine Aussetzung der Sanktionen bedeutet, dass sie im Handumdrehen wieder in Kraft treten können", sagt er. Damit sich die Wirtschaft dauerhaft erholen kann, müssten die Sanktionen endgültig aufgehoben werden.

Großes Interesse, in Syrien zu investieren

Als Bedingung für ein Sanktionsende macht die EU, dass al-Scharaa ein Syrien für alle religiösen und ethnischen Minderheiten aufbaut, in dem Frauen die gleichen Rechten haben.

Das Interesse am neuen Syrien ist groß: Viele ausländische Delegationen besuchten Syrien in den vergangenen zwei Monaten. Al-Scharaa selbst ist in die Türkei und nach Saudi-Arabien gereist, für ihn zwei wichtige Partner beim Wiederaufbau.

Für Mohammed, den Handwerker aus Harasta, steht fest: Für Syrien kann es nur bergauf gehen. "Wenn Gott will, wird Syrien ein Paradies werden. Wir werden es wieder aufbauen und neu errichten."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 13. Februar 2025 um 05:19 Uhr.