Diskussion um Juncker-Idee Einstimmigkeitsprinzip auf der Kippe?
Einstimmige Entscheidungen in der Außenpolitik lähmen die EU nach Ansicht von Kommissionspräsident Juncker. Er will hin zu Mehrheitsentscheidungen. Der FDP-Politiker Lambsdorff begrüßte die Idee in den tagesthemen.
Soll in der EU-Außenpolitik das Prinzip der Einstimmigkeit gekippt werden? EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat sich auf der Münchner Sicherheitskonferenz dafür ausgesprochen. "Immer wieder stellen wir fest, dass die EU keine einheitliche Position findet", sagte er. Die Einstimmigkeit könne nicht so bleiben, denn die EU müsse "weltpolitik-fähig" werden. Die Kommission werde in Kürze Vorschläge vorlegen, wie man zu qualifizierten Mehrheitsentscheidungen in diesem Bereich übergehen könne.
Der Vorstoß ist umstritten, weil viele Regierungen auf ihre nationale Souveränität pochen. Bei der FDP stößt er allerdings auf Zuspruch. Der Vize-Chef der FDP-Bundestagsfraktion, Alexander Graf Lambsdorff, begrüßte Junckers Idee: "Die Einstimmigkeit ist in Europa immer ein Rezept für Lähmung, weil wenn auch das letzte kleine Land noch ein Veto hat und alles aufhalten kann, wird es wahnsinnig schwierig, Handlungsfähigkeit zu demonstrieren. Insofern ist das ein Vorschlag, der in die richtige Richtung geht", sagte er in den tagesthemen.
"Verantwortungsvoll mit Mehrheitssystem umgehen"
Lambsdorff sprach sich für eine Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips aus und ergänzte: "Aber man muss dann sehr verantwortungsvoll mit diesem Mehrheitssystem umgehen." Zudem forderte der FDP-Politiker die EU zu einer aktiveren Rolle in der Sicherheitspolitik auf.
Am beeindruckendsten habe er bei der Sicherheitskonferenz den Auftritt des französischen Premierministers Edouard Philippe gefunden, "der hier sehr klar gesagt hat, dass Frankreich und Europa insgesamt mehr Verantwortung übernehmen müssen, um gerade den Ausfall der USA in den Vereinten Nationen beispielsweise zu kompensieren".
Asselborn: Vorschlag unrealistisch
Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn hingegen bezeichnete die Forderung nach Mehrheitsentscheidungen in der EU-Außenpolitik als unrealistisch. "Ich bezweifele sehr, dass die Abkehr von der bisher nötigen Einstimmigkeit wirklich mehr Einheit erzwingen kann", sagte er in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. "Man kann von den EU-Staaten keine Solidarität für außenpolitische Positionen der EU einfordern", so Asselborn weiter.
Hintergrund für Junckers Vorstoß ist die Blockade gemeinsamer Positionen gerade durch kleinere ost- und südosteuropäische EU-Staaten wie Griechenland, Zypern oder Ungarn bei Positionen etwa gegenüber China oder Israel. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte immer wieder kritisiert, dass die EU in der Welt nicht mit einer Stimme auftrete.