Neue Regierung in Bulgarien Quereinsteiger will Korruption bekämpfen
In Bulgarien leitet mit Kiril Petkow ein Ministerpräsident die Regierung, der erst seit wenigen Monaten Politiker ist. Kernziel seiner vielschichtigen Koalition ist der Kampf gegen Korruption. Von Clemens Verenkotte.
In Bulgarien leitet mit Kiril Petkow ein Ministerpräsident die Regierung, der erst seit wenigen Monaten Politiker ist. Kernziel seiner vielschichtigen Koalition ist der Kampf gegen Korruption.
Bulgariens Parlament hat Kiril Petkow zum neuen Ministerpräsidenten gewählt. Der 41-jährige Chef der Reformpartei "Wir setzen den Wandel fort" - im bulgarischen abgekürzt PP - erhielt alle 134 Stimmen der Koalitionsfraktionen in der 240 Sitze umfassenden Kammer. Petkow und das neue Kabinett legten vor dem Parlament den Amtseid ab.
Die Koalition besteht aus vier Parteien, die unterschiedlich ausgerichtet sind: Neben der neu gegründeten Reformpartei Petkows gehören die Sozialistische Partei, die populistische Partei von TV-Moderator Slawi Trivonow "Es gibt ein solches Volk“ sowie die bürgerliche Partei "Demokratisches Bulgarien" der Regierung an.
Ein gemeinsames Ziel
Sie alle verbindet die feste Absicht, die ehemalige Regierungspartei GERB des nationalkonservativen Ex-Ministerpräsidenten Borissow nicht wieder an die Macht zu lassen. So bekräftigte Petkow, der erst seit wenigen Monaten in der Politik ist, vor den Abgeordneten seine Maxime: Er werde als Regierungschef darauf bestehen, dass "Korruption von der untersten bis zur obersten Stufe" aufgedeckt werde. Er rief das Parlament dazu auf, entschlossen an eine Justizreform zu gehen.
Auch kündigte Petkow an, ein anderes Amtsverständnis als sein Vorgänger Borissow zu haben: "Sie werden mich oft auf den Bürgersteigen von Sofia sehen", kündigte er in seiner Rede an.
Ich beabsichtige, die Verhaltenskultur des Premierministers zu ändern. Ich möchte mich den Menschen nahe fühlen, sie sehen, mit ihnen sprechen, um die wirklichen Probleme spüren zu können. Ich möchte nicht auf den Gipfel hochsteigen, wo es keinen Sauerstoff gibt - nämlich auf den Gipfel der Macht.
Dort sei es nämlich nicht schön, so Petkow. Er werde auf dem Boden bleiben und mit den Menschen reden.
Über Harvard an die Spitze Bulgariens
Der an der US-Elitehochschule Harvard ausgebildete Petkow hatte erst im September zusammen mit seinem Vertrauten, Assen Wassilew, die neue Reformpartei "Wir setzen den Wandel fort" gegründet. Sowohl Petkow, als auch Wassilew waren seit Frühsommer dieses Jahres Wirtschafts- bzw. Finanzminister in einer Interimsregierung.
Sie wurden durch die Aufdeckung massiver Korruptionsfälle der Vorgängerregierung unter Ex-Ministerpräsident Borissow landesweit bekannt. Ihre Partei erhielt bei den Wahlen im November - den dritten in diesem Jahr - aus dem Stand die meisten Stimmen.
Ein westlich orientiertes Bulgarien?
Wassilew, der neue Finanzminister und Vize-Premierminister, sagte vor den Abgeordneten, das Herz dieser Koalition sei ein tiefgreifendes Antikorruptionsprogramm. Dieses sei für die bulgarische Gesellschaft so notwendig, dass Parteien, die seit Jahrzehnten weit auseinander im politischen Spektrum sitzen - von links bis rechts - bereit seien, ihre eigenen Interessen aufzugeben, um dieses Antikorruptionsprogramm durchzusetzen.
Regierungschef Petkow gilt als pragmatisch und ergebnisorientiert. Er kündigte bereits an, Bulgariens Integration in EU und NATO zu vertiefen und auch die Gespräche zur Lösung des Konflikts mit dem benachbarten Nordmazedonien zu intensivieren.