Gershkovich in Russland vor Gericht Prozessauftakt hinter verschlossenen Türen
Nach mehr als einem Jahr in Untersuchungshaft hat der Spionageprozess gegen Gershkovich begonnen. Viele halten die Vorwürfe gegen den US-Reporter für konstruiert. Trotzdem muss er mit einer Verurteilung rechnen.
Vor einem Gericht im russischen Jekaterinenburg hat der Prozess gegen den US-Reporter Evan Gershkovich begonnen. Kurz nach Verlesung der Anklage wurde der nächste Verhandlungstag für den 13. August angekündigt. Die russischen Behörden werfen dem Korrespondenten des Wall Street Journals Spionage vor: Er habe im Auftrag des US-Auslandsgeheimdienstes CIA "geheime Informationen" über eine Einrichtung gesammelt, in der Militärausrüstung hergestellt und repariert werde. Gershkovich war bei einer Dienstreise im März 2023 festgenommen worden.
Ihm droht im Falle einer Verurteilung eine Haftstrafe von bis zu 20 Jahren. Dass er schuldig gesprochen wird, gilt als nahezu sicher. Der Prozess selbst findet hinter verschlossenen Türen statt. Kurz vor Beginn wurden Medien für wenige Minuten im Gerichtssaal zugelassen. Der 32-Jährige stand kahlrasiert mit verschränkten Armen und mit einem Hemd bekleidet in einer Glasbox.
Gershkovich als Faustpfand Moskaus?
Gershkovich, sein Arbeitgeber und die US-Regierung haben die Spionagevorwürfe stets zurückgewiesen. Auch heute erklärte die US-Botschaft in Moskau, Russland habe bisher keine Beweise vorgelegt, um die Anschuldigungen zu untermauern. In diesem Fall gehe es nicht um rechtsstaatliche Regeln. Der Kreml benutze Gershkovich wie andere US-Bürger, um politische Ziele durchzusetzen, hieß es in einer kurz nach Prozessbeginn im Online-Dienst "X" veröffentlichten Stellungnahme.
Russlands Präsident Wladimir Putin hatte sich im Februar offen dafür gezeigt, Gershkovich im Rahmen eines Gefangenenaustausches freizulassen. Putin kam in diesem Zusammenhang auch auf den in Deutschland inhaftierten Vadim Krasikov zu sprechen, der als "Tiergartenmörder" verurteilt worden war - ein brisanter Fall, denn nach Überzeugung des Berliner Gerichts hatte Krasikov das Attentat im Auftrag des russischen Staats begangen.
Gershkovich war der erste westliche Journalist seit Ende des Kalten Krieges, der in Russland wegen Spionagevorwürfen inhaftiert wurde. Seine Festsetzung wurde auch als Warnung an ausländische Korrespondenten verstanden, die trotz des Kriegs gegen die Ukraine noch in Russland arbeiten.