Streit über Migrationspolitik Frankreich verschärft Grenzkontrollen
Der Streit zwischen Paris und Rom über die italienische Migrationspolitik führt zu Staus in Südfrankreich. Denn die französische Regierung verschärft als Reaktion ihre Grenzkontrollen. Auch ein Abkommen zur Aufnahme Geflüchteter setzt Frankreich aus.
Nach dem diplomatischen Streit mit Italien über die Aufnahme von Migranten hat Frankreich die Kontrollen an seiner südlichen Grenze verschärft. Am Wochenende bildeten sich lange Schlangen an den Übergängen in Richtung Frankreich. Die Polizei patrouillierte in Zügen und an Straßen und hinderte Migranten an der Einreise. Von französischer Seite floss der Verkehr dagegen störungsfrei in Richtung Italien.
Frankreich hatte 500 zusätzliche Kräfte zur Verstärkung der Grenzen geschickt. Die zusätzlichen Kontrollen sind eine Reaktion auf die verzögerte Hilfe für Seenotrettungsschiffe in Italien. Am Übergang von Ventimiglia nach Menton stoppten Polizisten nahezu jedes Auto. Die Fahrer mussten ihre Kofferräume öffnen, große Fahrzeuge wie Wohnmobile wurden inspiziert.
Paris setzt Solidaritätsabkommen mit Italien aus
Wochenlang hatte sich Italien geweigert, vier zivilen Rettungsschiffen einen Hafen zuzuweisen und die aus dem Mittelmeer geretteten Menschen an Land zu lassen. Erst nachdem Ärzte die Notlage der Migranten feststellten, durften drei der vier Schiffe die Geflüchteten von Bord lassen. Das vierte Schiff, die norwegische "Ocean Viking", musste sich hingegen nach tagelangem Warten auf den Weg nach Frankreich machen. Die Organisation SOS Méditerranée sprach von einem "kritischen und dramatischen Versagen aller europäischen Staaten".
Im französischen Toulon konnten die 234 Menschen schließlich an Land gehen. Der Großteil der Migranten wurde in einem Feriendorf untergebracht, das die Behörden zu einem speziellen "internationalen Wartebereich" erklärt hatten. Damit liegt der Bereich außerhalb des französischen Hoheitsgebiets, und seine Bewohner dürfen ihn vor der Bearbeitung ihrer Asylanträge nicht verlassen. Frankreich und Deutschland wollen nun je ein Drittel der Migranten aufnehmen, die anderen Menschen sollen auf zehn weitere EU-Länder aufgeteilt werden.
"Italien respektiert weder das internationale Recht noch das Schifffahrtsrecht", sagte Frankreichs Außenministerin Catherine Colonna der Zeitung "Le Parisien". Die "Ocean Viking" sei nur ausnahmsweise aufgenommen worden. "Es wird Konsequenzen haben, wenn Italien an dieser Auffassung festhält." Paris setzte ein Solidaritätsabkommen, wonach 3500 aus dem Mittelmeer gerettete Migranten von Italien übernommen werden sollten, vorerst aus.
Kritik an ziviler Seenotrettung
Seit Jahren sind zivile Organisationen - auch aus Deutschland - im zentralen Mittelmeer im Einsatz. Immer wieder gibt es Konflikte beim Zuweisen von Häfen und der Aufnahme der geretteten Migranten. In einer gemeinsamen Erklärung kritisierten Italien, Griechenland, Zypern und Malta die Arbeit der zivilen Seenotretter. Die Schiffe der Hilfsorganisationen handelten "völlig unabhängig von den zuständigen staatlichen Behörden". "Wir bekräftigen unseren Standpunkt, dass der Modus Operandi dieser privaten Schiffe nicht dem Geist des internationalen Rechtsrahmens für Such- und Rettungsaktionen entspricht, der respektiert werden sollte." Jeder Staat müsse seine Gerichtsbarkeit und Kontrolle über die unter seiner Flagge fahrenden Schiffe tatsächlich ausüben, forderten die vier Länder.
Italiens ultrarechte Ministerpräsidentin Giorgia Meloni kündigte jüngst neue Maßnahmen gegen die Schiffe der NGOs an. Brüssel solle "notwendige Schritte" unternehmen, damit eine Diskussion über die Zukunft solcher Einsätze geführt wird, hieß es.