Albin Kurti

Parlamentswahl im Kosovo Kurtis Bewährungsprobe

Stand: 09.02.2025 04:22 Uhr

Bei der heutigen Parlamentswahl im Kosovo geht der linke Ministerpräsident Kurti als Favorit ins Rennen. Doch er bekommt auch Gegenwind, vor allem aus dem Ausland - die US-Regierung hat sich sogar in den Wahlkampf eingemischt.

Knapp zwei Millionen Wahlberechtigte im Kosovo und rund 100.000 registrierte Wähler im Ausland entscheiden über eine der spannendsten politischen Figuren des Kosovo. Ministerpräsident Albin Kurti galt lange Zeit als die Hoffnung gegen das korrupte politische System im Kosovo. Kurti war Organisator von Studentenprotesten und politischer Aktivist der paramilitärischen Organisation UCK. Er war im Zuge des Kosovokriegs gut zweieinhalb Jahre in serbischer Gefangenschaft.

Mit der teils sozialdemokratischen, teils linksnationalistischen Protestbewegung und späteren Partei Vetevendosje ("Selbstbestimmung") schaffte er es 2011 ins Parlament und 2021 auf die Regierungsbank, mit einer absoluten Mehrheit von 50,3 Prozent der Stimmen.

Die Umfragen sehen ihn auch bei dieser Wahl als klaren Sieger, allerdings könnte er einen Koalitionspartner benötigen. Doch die Oppositionsparteien sehen Kurtis Politik kritisch.

Kritik an Kurtis Anti-Korruptionsbemühungen

Im Kampf gegen die Korruption gab es durchaus Erfolge. In Kurtis Amtszeit konnte sich das Kosovo im Anti-Korruptions-Ranking von Transparency International von Platz 104 auf Platz 83 verbessern und damit seine Nachbarn Albanien und Serbien ein Stück weit hinter sich lassen. "Die Korruption konzentrierte sich im Kosovo vor allem an der Führungsspitze", sagt Kurti, "und genau da haben wir sie gestoppt."

Der Ministerpräsident bezeichnet seine Vorgängerregierung, aus PDK und LDK, gern als das "korrupte System", mit dem er aufräumen würde. Der Vorsitzende und Spitzenkandidat der liberalkonservativen LDK ("Demokratische Liga des Kosovo"), Lumir Abdixhiku, weist das als "populistisches Gerede" zurück: "Während der Amtszeit Kurtis gab es natürlich weiter Korruption. Es gab Businessaufträge der Regierung, ohne Ausschreibungen, in Höhe von rund 300 Millionen Euro", sagt Abdixhiku.

Opposition setzt auf Wirtschaftsthemen

Der 41-jährige Wirtschaftswissenschaftler hat die LDK, die eine Partnerpartei von CDU und CSU ist, vor Kurzem übernommen und neu aufgestellt. Die meisten Beobachter gehen davon aus, dass er mit der Mitte-rechts-Partei, PDK (Demokratische Partei des Kosovo) und anderen versuchen könnte, eine Koalition gegen Kurti zu bilden. Die PDK ist die Partei des ehemaligen Regierungschefs und UCK-Kommandeurs Hashim Thaci. Er muss sich gerade wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen im Kosovokrieg vor dem Sondertribunal in Den Haag verantworten.

Laut Umfragen könnten PDK und LDK mit jeweils bis zu 20 Prozent der Stimmen auf Platz zwei und drei landen. Kurtis Partei Vetevendosje sehen die Umfragen bei 45 bis 50 Prozent.

PDK und LDK wollen vor allem auf die Wirtschaft setzen, auf Investitionen und eine Verbesserung der Infrastruktur. Hier verzeichnet die Kurti-Regierung ihre größten Schwächen. Das Kosovo ist nach der Ukraine das zweitärmste Land in Europa, mit einer der jüngsten Bevölkerungen und einer der höchsten Abwanderungsraten.

Internationaler Gegenwind für Kurti

Erschwerend hinzu kommt noch Gegenwind von internationaler Seite. Bis zu 500 Millionen Euro an Hilfsgeldern der EU und der USA wurden eingefroren, wegen Kurtis konfrontativer Politik gegenüber der serbischen Minderheit im Kosovo. Rund 92 Prozent der Bewohner des Kosovo sind ethnische Albaner, rund vier Prozent sind Serben, die überwiegend im Norden des Landes leben.

Kurti weigert sich nach wie vor, eine der wichtigsten Abmachungen des EU-Annäherungsprozesses zu erfüllen: die Schaffung eines serbischen Gemeindeverbands, damit sich die Serben innerhalb des kosovarischen Systems zu einem gewissen Maß selbst verwalten können.

Kurti ist der Ansicht, dass die serbische Regierung in Belgrad den Gemeindeverband kapern würde, um ihre Macht über die Serben im Kosovo zu festigen. Kurti wirft der serbischen Regierung vor, kriminelle Aktivitäten und Gewalttaten im Nordkosovo aus Belgrad zu steuern.

Kritik für Ausdünnung der serbischen Verwaltung

Mitte Januar sorgte Kurti für ein Ende des serbischen Behördensystems im Kosovo. Er ließ die noch übrigen serbischen Bürgerbüros, Postämter und weitere Behörden schließen, so dass es nur noch serbische Schulen und Krankenhäuser gibt.

Miodrag Milićević ist geschäftsführender Direktor der serbischen NGO "Aktiv" in Mitrovica, im Norden des Kosovo. Er wirft der Kurti-Regierung vor, auch damit gegen die Abmachungen des EU-Annäherungsprozesses verstoßen zu haben. Demnach sollte die Abschaffung der serbischen Verwaltung so vonstattengehen, dass die serbische Bevölkerung keinen Nachteil hat.

Doch den habe sie: "Der Schaden ist groß und er trifft vor allem den einfachen Bürger. Jemand, der etwa 65 ist oder älter, der hat hier keinen Zugriff mehr auf seine Rente. Er muss stattdessen zwischen 100 und 350 Kilometer nach Serbien fahren, jeden Monat."

Wird Trump die Serben unterstützen?

In den serbischen Gebieten im Norden des Kosovo sieht man in diesen Tagen Trump-Plakate an den Wänden. Viele Serben hoffen, dass der neue US-amerikanische Präsident einen klar pro-serbischen Kurs einschlagen und Härte gegenüber der neuen Kosovo-Regierung zeigen könnte. Trumps Sondergesandter Richard Grenell klingt zumindest so, als ob er diese Hoffnungen der Serben erfüllen könnte. Er mischt sich auf Elon Musks Plattform X in den Kosovo-Wahlkampf ein: "Die internationale Gemeinschaft ist vereint gegen Kurti", behauptet Grenell.

Grenell schreibt, dass sich Trump auf dem Balkan engagieren werde. Dazu brauche Trump jedoch vertrauenswürdige Partner. Kurti und seine Partei seien das nicht.

Sollte Kurti die Wahl gewinnen und eine neue Regierung zustande bekommen, dann wird es auf internationalem Parkett für ihn wohl nicht leichter werden.

Oliver Soos, ARD Wien, tagesschau, 08.02.2025 11:51 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 09. Februar 2025 um 09:00 Uhr.