Macrons Pressekonferenz Weiter wie immer
Macrons Popularität ist durch umstrittene Reformen deutlich gesunken. Nun hat Frankreichs Präsident sich mit einer opulenten Pressekonferenz an das Volk gewendet - und versucht, bei den Franzosen wieder zu punkten.
Resignation? Pessimismus? Furcht? Nichts für Präsident Emmanuel Macron. Angriff ist die beste Verteidigung, auch für seine umstrittene Kabinettsumbildung. "Warum diese Regierung die straffste und jüngste in der Geschichte der Fünften Republik ist?", fragt Macron. Und erklärt: "Weil diese Krisenepoche vor allem Kühnheit, Aktion und Effizienz braucht. Damit Frankreich Frankreich bleibt - eine Nation des gesunden Menschenverstands, des Widerstands und des Lichts."
Das heißt konkret: Die Marseillaise auf dem Stundenplan der Grundschüler, doppelt so viel Sozialkunde, wahrscheinlich Schuluniformen für alle und auf jeden Fall einen mehrwöchigen Dienst an der Nation für Jugendliche. Damit die nicht wie letzten Sommer randalieren, soll vor allem Alleinerziehenden geholfen werden.
Bei so einem Rendezvous mit der Nation macht es sich auch gut, zwei Milliarden Euro weniger Steuern für die Mittelschicht ab 2025 anzukündigen. Oder sechs Monate Elternzeit für Mutter und Vater. Ein kleiner Wermutstropfen: Die Zuzahlung für Medikamente soll sich auf einen Euro verdoppeln.
Die Themen der extremen Rechten
Doch "damit Frankreich Frankreich bleibt" ist ein Wahlkampfslogan der konservativen Republikaner, den auch die extreme Rechte schon genutzt hat. Ob er nicht gescheitert sei, fragt ihn ein Journalist. Macron sei doch angetreten, Extreme zu verhindern, und nun lägen sie für die Europawahlen in Umfragen weit vorn?
Macron wird emotional: "In allen europäischen Demokratien, auch bei unseren deutschen Nachbarn, hat man die Rückkehr der Rechtsextremen für unmöglich gehalten, aber sie ist da. Um sie zu verhindern, muss man das angehen, weshalb sie gewählt werden."
Soll heißen: Kampf gegen Arbeitslosigkeit, Deindustrialisierung, illegale Einwanderung. Macron warnt aber vor der Logik: "Dem Land geht es schlecht. Die haben wir noch nicht probiert. Die sind gegen die Regierung - also sympathisch!"
"Die Partei der Lüge"
Die rechtsextreme Partei Rassemblement National (RN) sei nach wie vor die Partei der Lüge, so Macron. Sie verspreche die Rente mit 60, ohne zu erklären, wie das funktionieren solle, wettert Macron. Mit der RN käme zudem der versteckte Frexit, und der würde Frankreich schwächen. Ohne Europa aber hätte es keinen Impfstoff gegen Covid und keinen Konjunkturplan nach der Pandemie gegeben.
"Im Grunde ist der RN die Partei der einfachen Wut geworden, gewöhnen wir uns nicht daran. Handeln wir, tun wir was!", fordert der Präsident. Überzeugen durch reale Resultate, das sei die beste Antwort gegen rechts, und dafür werde er bis zur letzten Viertelstunde kämpfen.
Engagement für Ukraine und Nahost
Außenpolitisch sieht Macron im Krieg Russlands gegen die Ukraine die größte Bedrohung für Europa. Er kündigte neue Waffenlieferungen für Kiew und eine Reise dorthin im Februar an.
Außerdem engagiere er sich weiter für einen Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas und kündigte eine nationale Gedenkfeier für die im Konflikt getöteten mehr als 40 französischen Opfer an.
Keine Zugeständnisse, keine Antworten
Die ersten Reaktionen auf Macrons Rendezvous kamen schnell: Die Linke kritisierte, er habe mitten in der Kältewelle keinen Notplan für Obdachlose angekündigt. Marine Le Pen von der RN tut die Pressekonferenz als "Plapperei ohne Vision" ab.
Macron selbst blickte durchaus voraus: auf die nächsten Wahlen, bei denen er nicht mehr antreten kann. "Ich habe verstanden, dass viele Leute wegen 2027 nervös sind. Aber ich habe auch verstanden, dass mir noch dreieinhalb Jahre als Präsident bleiben. In der Zeit passiert noch viel."
Macron lässt unbeantwortet, wie die gespaltene Nation politische Kompromisse finden kann, er geht nicht konkret auf die Anderen zu, gesteht keine Fehler ein, hakt ab und macht weiter wie immer.
Er lässt seine Regierung artig vor seiner Bühne sitzen und lädt sich zur besten Sendezeit zweieinhalb Stunden auf mehrere TV-Kanäle und damit in die Wohnstuben ein. Ein Rendezvous ist eine Verabredung. Nur war Macron eher ein ungebetener Gast.