Macrons Wahlprogramm Rente mit 65 und mehr "Made in France"
Rentenreform, eine größere Unabhängigkeit Frankreichs und Schuldenabbau: Dreieinhalb Wochen vor der Präsidentschaftswahl hat Amtsinhaber Macron sein Wahlprogramm vorgestellt. Von den Gegenkandidaten heißt es, er entziehe sich der Debatte.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat eigentlich keine Zeit für Wahlkampf. Wegen des Kriegs in der Ukraine hat er seine öffentlichen Auftritte als Präsidentschaftskandidat auf ein Minimum beschränkt. Am Abend hat Macron vor Journalisten vier Stunden lang sein Wahlprogramm vorgestellt - in einer Halle in den ehemaligen Docks von Paris, schon im angrenzenden Problem-Departement Seine-Saint Denis gelegen.
"Emmanuel Macron avec vous" steht auf himmelblauem Hintergrund. Er selbst agiert gut gelaunt hinter dem weißen Rednerpult.
Avec vous - mit Euch - das ist nicht nur ein Slogan, das ist für mich auch eine neue demokratische Methode auf Dauer.
Retour zur Souveränität des Volkes, dazu Fortschrittsglauben und Humanismus - auf diesen drei Überzeugungen basiere sein Programm. Es sei aus den jüngsten Krisen geboren - aus sozialen Bewegungen, Pandemie und Krieg. Trotzdem seien Arbeitslosigkeit und Steuern gesunken, trotzdem habe er nahezu alle Versprechen gehalten, so Macron. Sein Projekt enthält unzählige neue, mit einem Ziel: "Zu versuchen, aus unserer Nation ein unabhängigeres Land in einem stärkeren Europa zu machen."
Mehr "Made in France"
Er will eine komplette Armee, 200 neue Gendarmerie-Brigaden, mehr Grenzschutz, strengere Regeln für Asylbewerber auf der einen Seite. Auf der anderen 25 Milliarden Euro für die Forschung, Investitionen in Hochtechnologie. Macron stellt sich Frankreich als vielleicht erstes von fossilen Brennstoffen unabhängiges Land vor. Und er will mehr 100 Prozent "Made in France". Für mehr Unabhängigkeit "müsse man aber auch mehr arbeiten".
Er wolle in fünf Jahren Vollbeschäftigung und den Renteneinstieg erst ab 65. Das war lange ein zu heißes Eisen. Jetzt wird die Reform schmackhaft gemacht mit einer auf 1100 Euro aufgestockten Mindestrente. Dazu soll es eine straffere Arbeitslosenversicherung und bis zu 20 Stunden Fitmachen für den Arbeitsmarkt für Sozialhilfe-Empfänger pro Woche geben. Diese Reformen bringen Wachstum und 15 Milliarden Euro pro Jahr, sagt Macron. Sein Programm koste aber 50 Milliarden. Wo das Geld herkommt?
Weitere 15 Milliarden durch vereinfachte Sozialausgaben und Kampf gegen Missbrauch und 20 sparen wir durch eine modernere öffentliche Verwaltung ein.
Quellen für Ungleichheit: Schule und Gesundheit
Macron definiert auch zwei große Baustellen - Quellen für Ungleichheit: "Das sind Schule und Gesundheit." Zehn Prozent der Bevölkerung haben keinen behandelnden Arzt mehr. Macron spricht von medizinischen Wüsten in Frankreich, stellt Milliarden für modernere Krankenhäuser in Aussicht. Medizinstudenten sollen aufs Land, 50.000 neue Pflegekräfte kommen und Apotheken Folgerezepte ausstellen dürfen. Die Schule soll mehr Freiheiten erhalten, mehr Mittel.
Schuldenabbau ab 2026
In den Territorien soll mehr ausprobiert werden. Er will das ganze Land mobilisieren und für Frauen mehr Gleichheit, für Alleinerziehende ein Recht auf Kinderbetreuung.
Und die Corona-Schulden? "Ja, wir haben hohe Schulden, aber das geht anderen in dieser Krise, zum Beispiel Deutschland, genauso." Macron kündigt ab 2026 keinen Gewaltmarsch, sondern einen auf 50 Jahre gestreckten Schuldenabbau an. Die Drei-Prozent-Schulden-Regel will er schon in fünf Jahren einhalten.
Kritik: Macron entziehe sich Debatte
Emmanuel Macron spricht oft im Futur, nicht im Konjunktiv, als wäre die Wahl schon gewonnen. Er könne sich vorstellen, den einen oder die andere seiner Gegenkandidaten von links und rechts in die Regierung zu holen. An Valerie Pécresse aus dem konservativen Lager prallt die Charmeoffensive ab. Sie wirft Macron vor, er habe aus ihrem Programm abgeschrieben. Und:
Er bricht nicht mit dem magischen Geldausschütten, ich sehe kein starkes Kaufkraft-Programm. Ich bleibe dabei: Die wahre Kandidatin mit Mut zum Handeln bin ich. Ich werde Frankreich reformieren und dauerhaften Wohlstand bringen.
Seine Gegner werfen ihm vor, er drücke sich um wahre Debatten mit ihnen. Macron kontert, das hätten Präsidenten von De Gaulle bis Mitterand auch nicht gemacht. Er sei dazu erst vor der Stichwahl bereit. Im Übrigen habe er sich verändert.
Mein Temperament hat mich manchmal zu weit getragen. Da habe ich gelernt.
In Umfragen liegt er als gefragter Krisenmanager auf der Weltbühne weit vorn. Was er eigentlich mache, wenn er verliere? "Das ist jetzt keine Koketterie, wenn ich Ihnen sage, die Frage hab ich mir noch nicht wirklich gestellt."