Wahl und Referendum in Moldau Richtung Russland oder Richtung Europa?
Moldaus pro-europäische Präsidentin Sandu will sich heute wiederwählen lassen. Außerdem lässt sie darüber abstimmen, ob ein Beitritt Moldaus zur EU Verfassungsziel werden soll. Russland-freundliche Kräfte halten dagegen.
Ein Open-Air-Konzert in Moldaus Hauptstadt Chisinau. Der Song: "Cer Senin" - so etwas wie die EU-Hymne der Jugend von Chisinau. Im Refrain heißt es: "Wenn sie mich fragen, wohin ich will? Zu einem blauen Himmel mit Sternen." Sterne im blauen Himmel, das steht für die EU-Flagge. Und die wollen nicht nur die, die begeistert mitsingen.
Bei dem Stadtfest sind auch traditionelle moldauische Lieder zu hören. Und deren befragte Fans wollen ebenfalls in die EU. Es gehe um eine bessere Zukunft für die junge Generation. "Wir gehen mit festem Schritt dahin, wo auch die anderen Menschen der EU stehen." "Wir müssen dort ankreuzen, wo das Ja zur EU steht." In Chisinau scheinen die Zeichen auf "Ja" zur EU-Mitgliedschaft zu stehen und auch auf "Ja" zu Präsidentin Sándu. Sie hat das Referendum ausgerufen.
Werbung für das Referendum
Im Gewühl des Stadtfestes von Chisinau verteilen Adrian Ursache und ein paar andere Freiwillige Flyer. Sie sprechen sich nicht für oder gegen eine EU-Mitgliedschaft Moldaus aus; sie machen Werbung dafür, dass ihre Landsleute an dem Referendum teilnehmen.
Denn ein Drittel der Wahlberechtigten in Moldau muss abstimmen, damit das Ergebnis gültig ist. Und 51 Prozent Ja-Stimmen reichen, um eine EU-Mitgliedschaft in der Verfassung Moldaus als Staatsziel zu verankern. Adrian Ursache meint, die meisten hätten das verstanden. "Ich habe mit vielen Leuten gesprochen. Überwiegend sind sie positiv eingestellt. Ich würde sagen: 80 Prozent von ihnen wollen an dem Referendum teilnehmen."
Landbevölkerung weniger pro-europäisch
Ortswechsel, in den Süden des Landes, nach Gagausien. Die Region ist autonom; die Einwohner gelten überwiegend als Russland-freundlich. Statt traditioneller moldauischer Musik: russisch-sprachige Folklore - hier im Gagauzialand, einem Vergnügungspark. Der wurde von einem moldauischen Multimillionär finanziert: Ilan Shor. Der Mann, ein verurteilter Betrüger, lebt im russischen Exil. Von Moskau aus betreibt er - mit Hilfe des Kremls - Desinformation, macht Stimmung gegen eine EU-Mitgliedschaft Moldaus und gegen Präsidentin Sandu. Sie wolle LGBTIQ fördern, Krieg gegen Russland führen, werde die Energiepreise in die Höhe treiben.
Parallel zum Amt des Präsidenten wird in einem Referendum über den EU-Kurs des Landes mit rund 2,5 Millionen Einwohnern entschieden. Dabei geht es um die Frage, ob die Verfassung geändert werden soll, um den EU-Beitritt als Ziel aufzunehmen.
Aufgerufen zum Urnengang sind auch Hunderttausende Moldauer, die im Ausland - vorwiegend in der EU - leben und in der abtrünnigen und von Russland kontrollierten Region Transnistrien.
Viele Menschen in Gagausien glauben das - auch Grigori Dimstrevich Stefu. Er wohnt nicht weit vom Gagauzialand, bezieht 100 Euro Rente, züchtet Gemüse, Gänse, Hühner und Schafe; heizt wahlweise mit Holz, Schafsdung - wenn es geht, nicht mit Gas. "Das Gas ist zu teuer; ich weiß nicht, was mit den Gaspreisen passieren wird. Wenn wir den richtigen Präsidenten wählen, wird er das direkt mit Putin besprechen. Wir lieben Russland."
In den ländlichen Gegenden Moldaus ist die Stimmung weitaus weniger pro-europäisch als in der Hauptstadt. Der Ausgang des Referendums ist damit längst nicht sicher - genauso wenig wie die Wiederwahl von Präsidentin Maya Sandu.