![ÖVP-Obmann Christian Stocker im Parlament in Wien. | dpa ÖVP-Obmann Christian Stocker im Parlament in Wien.](https://images.tagesschau.de/image/0ddf3634-a761-42dd-9d07-aaf319211009/AAABlPFrniE/AAABkZLrr6A/original/stocker-oesterreich-100.jpg)
Österreich Koalitionsgespräche von FPÖ und ÖVP auf der Kippe
Es hakt beim Versuch der Regierungsbildung in Österreich. Zwischen der in Teilen rechtsextremen FPÖ und der konservativen ÖVP gibt es zahlreiche Streitpunkte. Ob es zum Durchbruch oder Abbruch kommt, könnte sich heute entscheiden.
In Österreich stehen die Koalitionsgespräche zwischen der in Teilen rechtsextremen FPÖ und der konservativen ÖVP auf der Kippe. ÖVP-Chef Christian Stocker und der FPÖ-Vorsitzende Herbert Kickl versuchten bei einem Spitzengespräch noch einmal, wohl entscheidende Weichen zu stellen.
"Es geht neben der Ressortverteilung auch um sehr grundsätzliche Inhalte", hatte Stocker vor dem Treffen gesagt. Nach dem rund 90-minütigen Austausch hätten beide Seiten eine Fortsetzung der Gespräche auf Spitzenebene für heute verabredet, hieß es laut der Nachrichtenagentur dpa danach aus Parteikreisen.
Zahlreiche Konfliktpunkte
Informationen zum Verlauf des Treffens gab es danach nicht, die Verhandlungen werden jedoch von zahlreichen Konfliktpunkten überschattet. Dazu zählt etwa das von der FPÖ geforderte Aussetzen des Asylrechts. Es solle durch ein Notgesetz außer Kraft gesetzt werden, wie aus einem jüngst publik gewordenen Protokoll aus den Verhandlungen hervorgeht. Auch die Weitergabe des Papiers gilt laut ORF als Indiz dafür, dass die Vertrauensbasis zwischen den beiden Parteien zerrüttet ist.
Schwerwiegende Differenzen gibt es zudem in der EU- und der Außenpolitik. Die extrem kritische Haltung Kickls gegenüber der Europäischen Union ist der ÖVP ein Dorn im Auge. Denn er könnte als Kanzler zusammen mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban versuchen, wichtige EU-Entscheidungen zu blockieren - zum Beispiel zur Unterstützung der Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland.
Ungelöst scheint auch die Frage, wie bestimmte wichtige Ressorts verteilt werden. Kickl reklamiert neben der Zuständigkeit für die Europapolitik auch das Finanzministerium und das Innenministerium für seine FPÖ. Während die beiden Parteien laut ORF bei anderen Ressorts Entgegenkommen signalisierten, will beim Innenministerium bisher keine Seite nachgeben.
SPÖ und NEOs zu neuen Gesprächen bereit
Unterdessen betonen die sozialdemokratische SPÖ und die liberalen NEOs ihre Bereitschaft, erneut für Koalitionsgespräche mit der ÖVP zur Verfügung zu stehen. Der Versuch einer solchen Dreier-Koalition der Mitte war Anfang Januar überraschend gescheitert.
SPÖ-Chef Andreas Babler erklärte im ORF, dass es angesichts der möglichen FPÖ-ÖVP-Koalition für die SPÖ künftig keine roten Linien in neuen Gesprächen mehr geben würde. Auch Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler warnte erneut: "Wenn die ÖVP die in Teilen rechtsradikale FPÖ und den Herbert Kickl ins Kanzleramt hievt, dann lädt sie historische Schuld auf sich", sagte er.
Die FPÖ war bei der Parlamentswahl im September mit 28,85 Prozent der Stimmen erstmals stärkste Kraft geworden. Keine der anderen größeren Parteien war allerdings zunächst zu einer Koalition mit ihr bereit. Nachdem die Koalitionsgespräche zwischen ÖVP, SPÖ und NEOs dann abgebrochen wurden, hatte Bundespräsident Alexander van der Bellen mit Kickl erstmals einen Rechtsradikalen mit der Regierungsbildung beauftragt.