Prozess in Griechenland Spanische Flüchtlingshelfer vor Gericht
Sie wollten helfen - doch weil sie Flüchtlinge aus dem Meer retteten, stehen drei spanische Feuerwehrleute in Griechenland heute vor Gericht. Ihnen drohen bis zu zehn Jahre Haft.
Flüchtlinge sitzen in überfüllten Schlauchbooten, einige dieser Boote kentern im rauen Mittelmeer - es sind Fernsehbilder wie diese, die Manuel Blanco Ende 2015 erschüttern. "Es war Winter, das Wasser eiskalt, die Flüchtlingsboote nicht geeignet für den Wellengang", sagt er. "Die Motoren gaben auf dem Meer mitten in der Nacht den Geist auf. Und jede Menge Menschen hatten untaugliche Schwimmwesten an: Anstatt die Flüchtlinge über Wasser zu halten, haben die Westen sie nach unten gezogen."
Der Feuerwehrmann aus Sevilla und zwei seiner Kollegen entscheiden spontan, nach Griechenland zu fahren. Sie sind ausgebildete Seenotretter und wollen helfen. Dafür nehmen die drei Urlaub. Nach der Ankunft auf Lesbos hätten sie sich als erstes bei den örtlichen Behörden gemeldet, erzählt Blanco. "Wir sind spanische Feuerwehrmänner, das sind unsere Daten, das ist unsere Adresse, wir haben ein Boot dabei. Wenn ihr uns braucht, wir sind da - wie eine Nichtregierungsorganisation, die qualifiziert helfen kann."
Vorwurf: verbotener Transport von Menschen
Immer wieder fahren Manuel und seine Kollegen raus aufs Meer, zum Teil gemeinsam mit der griechischen Küstenwache. Wie viele Leben die drei retten, können sie nicht mehr sagen. Doch in einer Nacht kommt plötzlich alles anders: Die Küstenwache, mit der sie vorher zusammengearbeitet hatten, nimmt die Spanier fest. Der Vorwurf: verbotener Transport von Menschen ohne Einreiseerlaubnis. Grundlage dafür sei eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2002, mit der illegale Fluchthelfer vor Gericht gebracht werden sollen, erklärt Anwältin Paula Schmid Porras. Sie hat die Feuerwehrleute in den vergangenen Monaten beraten.
"Der Sinn dieser Richtlinie ist eigentlich, alle Schmuggler und Mafias und diese ganzen kriminellen Organisationen, die an dieser Krise sehr viel verdienen, zu bekämpfen", sagt sie. "Das ist auch gut. Das Problem ist: Man kann nicht alle Leute, die mit Migranten zu tun haben, in den gleichen Sack werfen." Genau das tue die griechische Justiz aber mit Billigung der Regierung in Athen.
Justizminister Nikos Paraskevopoulos sagte 2016 nach den Ereignissen rund um die spanischen Feuerwehrleute in einem ARD-Interview: "Unsere Gesetze sehen harte Strafen vor. Besonders, wenn man durch gewerbsmäßigen Menschenschmuggel versucht, wirtschaftliche Vorteile zu gewinnen. Natürlich werden aber auch die Fälle bestraft, in denen der Transport aus anderen Gründen stattfindet."
Bis zu zehn Jahre Gefängnis drohen
Auch einige Hilfsorganisationen sehen freiwillige Flüchtlingshelfer kritisch: Nach ihrer Darstellung werden Schlepperbanden durch sie quasi animiert, Menschen in seeuntüchtige Boote zu setzen - im Wissen, dass sie auf der anderen Seite des Meeres schon gerettet werden.
Feuerwehrmann Manuel und seine Kollegen wollen sich dem Verfahren in Griechenland stellen, sie sind am Wochenende nach Athen geflogen. Den Männern drohen bis zu zehn Jahre Gefängnis. Doch Manuel ist zuversichtlich, dass die Strafe milder ausfällt. "Ich bin Optimist", sagt er. "Wenn ich kein Optimist wäre, könnte ich nicht jeden Morgen aufstehen und mein Leben leben. Feuerwehrleute sind grundsätzlich optimistisch. Uns passieren so viele unschöne Dinge, aber auch so viele schöne - wir retten Leben. Und das ist wie ein starker Motor, der einen antreibt. Ich habe das Ziel, dass es der Welt etwas besser geht."
Eine europäische Bürgerbewegung hat den Fall der drei Spanier zum Anlass genommen, eine Petition bei der Europäischen Kommission einzureichen. Sie will erreichen, dass es keine Straftat mehr ist, Flüchtlinge aus dem Meer zu retten. Fast 170.000 Menschen haben schon unterschrieben.