Hintergrund

Chemiewaffenkontrolle "Bis die Arbeit zu Ende gebracht ist"

Stand: 11.09.2013 00:54 Uhr

Die Vernichtung von Chemiewaffen zu beaufsichtigen, gehört zu den zentralen Aufgaben der Organisation zum Verbot Chemischer Waffen. Sollte Syrien tatsächlich der internationalen Chemiewaffenkonvention zustimmen, könnte sie auch dort aktiv werden.

Von Ludger Kazmierczak, Den Haag

Unauffällig, im Schatten zweier Hoteltürme am Stadtrand von Den Haag, steht die Zentrale der Organisation zum Verbot Chemischer Waffen (OPCW). Der Verkehrslärm auf der viel befahrenen Johan de Witlaan verstummt, sobald der Besucher die Drehtür des halbrunden Gebäudes passiert.

Drinnen ist es still - auffallend still, wenn man bedenkt, dass hier 500 Mitarbeiter tätig sind. "Etwa die Hälfte unserer Mitarbeiter ist damit beschäftigt, die Einhaltung des Chemiewaffenverbots zu überwachen. Das ist die Hauptaufgabe, und das bedingt natürlich Inspektionen vor Ort", sagt Michael Luhan, der Sprecher der Organisation.

Gemäß der vor mehr als 20 Jahren verabschiedeten Konvention wachen die Inspektoren darüber, dass keine neuen Waffen hergestellt und alle noch vorhandenen vernichtet werden. "Sobald ein Land bereit ist, mit der Zerstörung seiner Waffen zu beginnen, beobachten unsere Mitarbeiter dort alle Aktivitäten - 24 Stunden am Tag. Jede Minute sind sie dabei, wenn wieder zehn Kilogramm Nervengas oder unzählige Mengen an Munition vernichtet werden - solange bis die Arbeit zu Ende gebracht ist", erklärt Luhan.

Ludger Kazmierczak, L. Kazmierczak, WDR-Hörfunkstudio Den Haag, 10.09.2013 23:38 Uhr

189 Staaten haben das Abkommen ratifiziert

Dreiviertel aller registrierten Chemiewaffen seien auf diese Weise in den vergangenen 15 Jahren beseitigt worden. Im Foyer des OPCW-Gebäudes stehen dicht gedrängt die Fahnen der 189 Staaten, die das Abkommen ratifiziert haben. Zwischen denen von Georgien und Ghana leuchtet schwarz-rot-gold die deutsche. Die Flagge Syriens sucht man hier vergeblich. Die arabische Republik gehört zu acht Ländern, die den Vertrag nicht anerkennen.

"Obwohl wir in Syrien kein Mandat haben, erhalten wir natürlich trotzdem Informationen über Chemiewaffenprogramme im Land", sagt Luhan. "Es handelt sich dabei offenbar um ein großes Arsenal an Waffen. Es umfasst Vorräte an extrem giftigen VX-Kampfstoffen, Nervengasen und Senfgas, das konventionellste aller chemischen Waffen."

Noch ist Syrien "Forbidden Area"

Das syrische Chemiewaffenprogramm wurde bereits in den 1970er-Jahren mit Hilfe der Sowjetunion entwickelt, um das Nachbarland Israel abzuschrecken - ein Land, das die Konvention ebenfalls nicht ratifiziert hat. Für die Experten in Den Haag war Syrien daher bislang eine "Forbidden Area". Genau das könnte sich nun ändern, wenn sich die Meldungen aus Russland und Syrien bestätigen und die Regierung in Damaskus Kontrollen tatsächlich zustimmt. Dann wird es vermutlich noch ruhiger werden in dem halbrunden Gebäude in der Johan de Witlaan am Stadtrand von Den Haag.