Geleakte US-Geheimdokumente Kiew offenbar verärgert, Moskau interessiert
Nach der Veröffentlichung von geheimen US-Dokumenten hat die ukrainische Regierung laut CNN verärgert reagiert. Eine Militäroffensive sei wegen des Datenlecks angepasst worden. Der Kreml zeigte sich interessiert - die Unterlagen würden analysiert.
Erst tauchten sie in Chaträumen von Videospielen auf, dann verbreiteten sie sich über verschiedene soziale Medien: Über Wochen waren eine Reihe von vertraulichen US-Dokumenten zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine im Internet verfügbar.
In den USA berichten Medien seit Tagen über das hochsensible Material zu den beiden Kriegsparteien, ohne die Dokumente zu veröffentlichen. Bei der ukrainischen Führung sorgt das Datenleak für Verärgerung, wie der US-Fernsehsender CNN berichtet.
Militärische Pläne verändert
Das Land habe bereits einige seiner militärischen Pläne für eine Gegenoffensive geändert, berichtete CNN unter Berufung auf das Umfeld des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Einige der offenbar geleakten Dokumente enthielten laut "New York Times" Details zur US-Unterstützung der Ukraine vor der erwarteten Gegenoffensive gegen Russland.
Zudem belegt laut CNN ein weiteres Papier, dass die USA auch Präsident Selenskyj ausspioniert hätten. Die Tatsache an sich sei keine Überraschung, aber ukrainische Beamte seien zutiefst frustriert über das Datenleck, schrieb der Sender unter Berufung auf eine Selenskyj nahe stehende Person.
Nach außen zeigt sich die Ukraine hingegen unbeeindruckt. "Es ist ein gewöhnliches Geheimdienstspiel", sagte der Berater des Präsidentenbüros, Mychajlo Podoljak. Die russischen Geheimdienste hätten die Dokumente selbst erstellt mit dem Ziel, unter den Verbündeten der Ukraine Zweifel und Zwietracht zu säen und von den nächsten Etappen im Krieg abzulenken.
Kreml: "Leaks sind interessant"
Die Dokumente könnten sich laut US-Medien als wertvoll für Moskau erweisen, da sie zeigten, wie weit US-Geheimdienste bereits in Teile des russischen Militärapparats vorgedrungen seien. Der Kreml selbst teilte mit, in Moskau werde die Veröffentlichung mit Interesse verfolgt. "Die Leaks sind einigermaßen interessant, alle studieren, analysieren und erörtern sie breit", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.
Wer hinter der Veröffentlichung steckt, ist noch unklar. Auf die Frage zu einer möglichen Beteiligung russischer Stellen sagte der Kremlsprecher, dass er das nicht kommentieren könne. "Wir alle wissen doch, dass es hier wieder um diese Tendenz geht, Russland für alles, immer und überall zu beschuldigen und alles Russland anzuhängen", sagte Peskow. Diese Schuldzuweisung sei eine "verbreitete Krankheit", weshalb es da nichts zu kommentieren gebe.
Die Dokumente hätten keinen Einfluss auf die Kriegsführung, hieß es aus Moskau. Russland rechne weiterhin mit einem Sieg. Dagegen stellte das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) Angst und Nervosität unter russischen Kriegsbloggern nach Veröffentlichung der Dokumente fest.
USA prüfen Folgen für nationale Sicherheit
Unklar ist weiterhin, ob alle der Unterlagen echt sind. Analysten hatten teils Manipulationen an den abfotografierten Dokumenten nachgewiesen. Der US-Sender CNN berichtete, Regierungsmitarbeiter hätten die Echtheit der Unterlagen bestätigt.
Die US-Behörden scheinen die Sache sehr ernst zu nehmen. Sowohl das Pentagon als auch das Justizministerium untersuchten die Vorfälle, berichteten Medien übereinstimmend. Dabei würden auch mögliche Folgen für die nationale Sicherheit sowie für US-Verbündete und Partner in den Blick genommen.
Bei der Untersuchung gehe es auch darum, die Quelle zu finden. "Der Fokus liegt jetzt darauf, dass es sich um ein US-Leck handelt, da viele der Dokumente nur in US-Händen waren", sagte Michael Mulroy, ein ehemals hoher Beamter im Verteidigungsministerium.