
Abschied von Maradona "Er ist mehr als Fußball, er ist das Volk"
Argentinien verliert eine Ikone - und die Menschen kommen in ihrer Trauer um Fußball-Legende Maradona auf den Straßen zusammen. Doch für sie ist nicht nur ein Sport-Genie gegangen, sondern einer aus ihrer Mitte.
Sie nehmen Abschied, so wie es Diego Maradona gefallen hätte: mit Fangesängen, Trikot, Trommeln, mit viel Emotion und Tränen in den Augen. Am Obelisken, dem Wahrzeichen von Buenos Aires, haben sich Hunderte Menschen versammelt, um "D10S" zu ehren, wie sie ihn hier nennen - Fußballgott Maradona, der ihnen die größten Glücksmomente geschenkt hat.
"Ein Teil von mir ist mit ihm gestorben. Er ist einfach Gott. Oder nicht? Das ist doch nicht so schwer zu verstehen", sagt Fabian Sosa. Auch Daniela Biasi nimmt mit der Menge Abschied:
Es hat mich überrascht, denn er war ja noch jung, auch wenn es ihm schlecht ging. Das geht uns allen hier sehr nah. Er hat uns so viel Freude geschenkt - einem Volk, das sonst nicht so viel zu lachen hat. Das bedeutet Maradona für uns.
Trauer um "einen von ihnen"
"Gracias Diego", "Danke Diego", steht auf den elektronischen Verkehrsanzeigen der Stadt. Drei Tage Staatstrauer wurden angeordnet. Im Arbeiterviertel Paternal, vor dem Stadion von Argentinos Juniors - dem Klub, in dem Maradona 1976 debütierte, die meisten Tore seiner Karriere schoss, alle verzauberte - trauern die Menschen nicht nur um das wahrscheinlich größte Fußballgenie aller Zeiten. Sie weinen um einen von ihnen, so wie auch Diego:
Dieses Viertel trägt Trauer. Wir haben ihn hier aufwachsen sehen. Maradona ist mehr als Fußball. Er ist das Volk. Er war die Stimme der unteren Schichten. Er hätte sich mit seinem Geld zurückziehen können - aber nein, er hat nicht vergessen, woher er kommt. Deswegen lieben wir ihn.
"Ich bin fertig, total fertig", beschreibt Alicia ihre Gefühle: "Wir wussten, dass das irgendwann passieren muss. Aber er ist dem Tod so oft davongedribbelt, dass wir dachten, er trickst ihn auch diesmal wieder aus. Nicht, dass er wirklich geht, nicht jetzt."
"Einer, der gegen den Strom schwimmt"
Der "Pibe de Oro", der "Goldjunge", dribbelte immer an der Grenze zwischen Genie und Wahnsinn: Die "Hand Gottes" und das Jahrhunderttor gegen die Engländer in der Weltmeisterschaft 1986. Später Dopingvergehen und Alkoholexzesse, Mafiakontakte und Schüsse auf Journalisten. Maradona zwischen Himmel und Hölle. Das machte ihn schon zu Lebzeiten zur Legende, meint Sportjournalist Germán Bellizi: "Mit Diego verbinde ich meine Kindheit und Jugend, diese naive, unschuldige Liebe zum Fußball und die Rebellion. Dieses Gefühl verkörperte er sein Leben lang: Er war einer, der gegen den Strom schwimmt, der es allen gezeigt hat, immer an der Grenze. Ein Gott, der Mensch geblieben ist, mit all seinen Fehlern. Und jetzt hat sein Herz gesagt, basta, es reicht."
Leichnam wird im Regierungspalast aufgebahrt
"Er geht, aber verlässt uns nicht ganz, denn Diego ist unsterblich", schrieb Lionel Messi auf Twitter. Brasiliens Fußball-Ikone Pelé erklärte, er verliere einen Freund, die Welt eine Legende: "Eines Tages können wir hoffentlich zusammen im Himmel spielen."
Maradonas Leichnam wird nun, in Einvernehmen mit der Familie, bis Samstag in der Casa Rosada aufgebahrt, also dem argentinischen Regierungspalast. Vom dortigen Balkon habe er 1986 den WM-Pokal präsentiert, erklärte Präsident Alberto Fernández die besondere Ehre. Es werden Zehntausende Menschen erwartet.