Anhörung vor Oberstem US-Gericht Wie geht es weiter mit den Dreamern?
Das Dreamer-Programm, das Kinder illegaler Einwanderer vor Abschiebung schützt, ist in den USA heftig umstritten. Präsident Trump will es abschaffen. Nun berät der Oberste Gerichtshof. Die Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Thema.
Was ist DACA?
DACA (Deferred Action for Childhood Arrivals) ist ein Programm, das illegal eingewanderten Kindern und Jugendlichen Schutz vor einer Abschiebung aus den USA bietet.
Präsident Barack Obama hat das Programm 2012 ins Leben gerufen, nachdem sich der US-Kongress jahrelang nicht auf ein entsprechendes Gesetz einigen konnte. Das Programm ermöglicht den Teilnehmern, zumindest temporär ein legaler Teil der US-Bevölkerung zu werden. Die DACA-Teilnehmer müssen ihren Antrag alle zwei Jahre erneuern.
Mit der Aufnahme ins Programm erhalten sie eine US-Sozialversicherungsnummer und eine Arbeitserlaubnis. Die Sozialversicherungsnummer ist notwendig, um einen Führerschein zu erhalten, sich für eine Arbeit oder für ein College-Stipendium bewerben zu können.
Die Teilnahme an dem Programm stellt jedoch nicht die US-Staatsbürgerschaft in Aussicht.
Wer sind die Dreamer?
Die jungen Menschen aus Einwandererfamilien, die unter dem Schutz des DACA-Programms stehen, werden Dreamer, zu deutsch Träumer, genannt. Diese Bezeichnung ist die Abkürzung von "Development, Relief and Education for Alien Minors (Dream) Act". Aktuell nehmen etwa 669.000 Personen an dem Programm teil.
Der Gesetzentwurf wurde bereits 2001 von zwei Senatoren vorgeschlagen. Er hätte den Kindern, die als illegale Einwanderer in die Vereinigte Staaten von Amerika eingereist sind, ein permanentes Bleiberecht garantiert. Der US-Kongress konnte sich jedoch nicht einigen, der Dream Act wurde nicht gebilligt.
Um sich für das DACA-Programm bewerben zu können, müssen unter anderem folgende Kriterien erfüllt werden: Die Bewerber müssen vor 2007 in die USA eingereist, zum Zeitpunkt der illegalen Einreise jünger als 16 Jahre und bei der Bewerbung nicht älter als 31 Jahre alt sein. Ferner dürfen sie keine Straftaten begangen haben, an einer Bildungsinstitution eingeschrieben oder im US-Militär sein.
Wie war ihre Situation vor DACA?
Vor der offiziellen Einführung des DACA-Programms lebten die Jugendlichen ohne offizielle Dokumente und ohne eine Sozialversicherung in den USA. Sie konnten zwar die Grundschule oder die High School besuchen, aber nicht legal arbeiten, die Fahrprüfung absolvieren oder sich für ein Stipendium an einem College bewerben.
Anfang der 2000er-Jahre organisierten sich die Jugendlichen aus Einwanderfamilien und machten die Öffentlichkeit auf ihr Schattendasein aufmerksam. Die Regierung unter Präsident Obama gewährte den Kindern und jungen Erwachsenen schließlich 2012 mit dem DACA-Programm temporären Schutz und ermöglichte ihnen gesellschaftliche Teilhabe.
Eine Demonstration für die Dreamer im September 2017 in New York.
Warum geht Präsident Trump gegen die Dreamer vor?
Schon als republikanischer Präsidentschaftskandidat 2016 kündigte Donald Trump an, gegen die illegalen Immigranten im Land vorgehen zu wollen, sollte er ins Weiße Haus gewählt werden. Die Einlösung dieses Versprechens hat er seit seiner Amtseinführung im Januar 2017 konsequent verfolgt. Bereits im September 2017 verkündete er, dass er das DACA-Programm beenden werde.
Die Regierung Trump sieht das DACA-Programm als rechtswidrig an und beschuldigt Präsident Obama seine konstitutionelle Macht mit der Verabschiedung des DACA-Dekrets überschritten zu haben. Die Begründung: Obama habe mit dem Dekret den Kongress umgangen, die Abgeordneten hätten nicht über das Gesetz abstimmen können.
Ein weiterer Kritikpunkt ist wirtschaftlicher Natur: Die Regierung befürchtet, dass die illegalen Einwanderer US-Bürgern die Jobs wegnehmen könnten.
Wie ist die Stimmung in der US-Gesellschaft?
Eine breite Mehrheit der US-Amerikaner ist dafür, den Dreamer-Status zu legalisieren - zumindest war dies im Jahr 2018 so, als besonders viele Menschen versuchten, über die Grenze zu Mexiko in die USA zu gelangen.
Einer der prominentesten Fürsprecher des DACA-Programms ist Apple-Chef Tim Cook. In einem Schreiben an das Oberste Gericht erklärte Cook im Oktober 2019, die als Kinder illegal in die USA gebrachten Menschen gehörten zu seinen "am motiviertesten und selbstlosesten Kollegen", die Kreativität förderten und Innovationen vorantrieben. Insgesamt profitierten bei Apple 443 Mitarbeiter vom DACA-Programm.
Apple-Chef Tim Cook setzt sich für "Dreamer" ein.
Mehr als 100 weitere US-Konzerne, darunter Google, IBM und Microsoft sowie die US-Handelskammer stellen sich gegen den Versuch von Präsident Trump, DACA zu beenden. Und einige US-Bundesstaaten wie Kalifornien, Washington und New York verklagten die Regierung von Präsident Trump. Sie sehen in seinem Vorgehen das DACA-Programm beenden zu wollen, eine Verletzung des Verwaltungsverfahrensgesetzes.
Die DACA-Gegner dagegen kritisieren, dass das Programm Menschen belohne, die das Gesetz brachen. Zudem fördere es die illegale Einwanderung und könnte US-Arbeiternehmern Schaden zufügen.
Wie geht es weiter?
Nun befasst sich das Oberste Gericht in Washington mit dem Thema. Die neun Richter und Richterinnen hören die Beschwerden der Trump Administration über diese Gerichtsentscheidungen in Kalifornien, New York und dem District of Columbia an.
Die Richter werden allerdings nicht beurteilen, ob das DACA-Programm legal oder rechtswidrig ist, sondern vielmehr, ob die Trump-Regierung die Vorgaben des Verwaltungsverfahrensgesetzes eingehalten hat. Ihr Urteil soll bis Juni 2020 vorliegen, wenige Monate vor der US-Präsidentenwahl im November 2020.
Was passiert bis zur Entscheidung des Gerichts mit den Dreamern?
Das DACA-Programm bleibt vorerst in Kraft - zumindest bis zum Urteil des Obersten Gerichts. Die Dreamer können ihren Status um weitere zwei Jahre verlängern und wären damit voraussichtlich bis 2022 vor einer Abschiebung aus den USA geschützt. Anträge von neuen Bewerbern werden allerdings nicht mehr angenommen.
Die Dreamer mussten im Laufe ihrer Bewerbung für DACA dem US-Innenministerium ihre persönlichen Daten und Wohnadressen bekannt geben. Viele fürchten daher, schneller abgeschoben zu werden, wenn das Programm ausläuft.