WMO-Bericht zum Weltklima Schmelzende Gletscher, steigende Meeresspiegel
Die Weltorganisation für Meteorologie listet in ihrem Klimabericht alarmierende Entwicklungen auf: Zuletzt gab es Höchstwerte bei der Erwärmung der Ozeane, beim Abschmelzen der Alpengletscher und beim Anstieg des Meeresspiegels.
Die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) hat in ihrem vorläufigen Jahresbericht zum Zustand des Weltklimas die folgenschweren Effekte der fortschreitenden Erderwärmung in neuen Zahlen zusammengefasst. Den derzeitigen Daten zufolge sei jedes der acht vergangenen Jahre heißer gewesen als alle vorangegangenen seit Beginn der Aufzeichnungen, heißt es in dem WMO-Bericht.
Die globale Durchschnittstemperatur liegt nach aktuellen Schätzungen der Wissenschaftler 1,15 Grad über dem Durchschnitt der Jahre 1850 bis 1900. "Während die COP27 startet, sendet unser Planet ein Notsignal", erklärte UN-Generalsekretär António Guterres mit Blick auf den Auftakt der Weltklimakonferenz COP27. Der WMO-Bericht sei die "Chronik eines Klima-Chaos".
Das Wetterphänomen La Niña hat laut WMO zwar die Temperaturen in diesem Jahr etwas gemindert, sodass 2022 nur als fünft- oder sechstwärmstes Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen in die Statistik eingehen werde, heißt es in dem Bericht. Es sei aber nur eine Frage der Zeit, bis ein neues Wärme-Rekordjahr gemessen werde. Das alle paar Jahre auftretende Wetterphänomen La Niña drückt die globale Durchschnittstemperatur, weil sich dabei die oberen Wasserschichten des tropischen Ostpazifiks ungewöhnlich stark abkühlen.
Wärmere Ozeane, schmelzendes Eis
Die Forscher listeten in ihrem Bericht eine Reihe besorgniserregender Entwicklungen auf. Die Erwärmung der Ozeane erreichte laut dem Bericht 2021 einen neuen Rekordwert. Die Meeres-Eisfläche in der Antarktis hatte im Februar des laufenden Jahres die geringste je gemessene Ausdehnung, etwa zwei Drittel des langjährigen Durchschnitts. Das Tempo des Meeresspiegel-Anstiegs hat sich seit 1993 verdoppelt. Allein seit Januar 2020 stieg der Meeresspiegel um fast zehn Millimeter. Der Anstieg in den vergangenen zweieinhalb Jahren macht zehn Prozent des Gesamtanstiegs der vergangenen knapp 30 Jahre aus, in denen dieser mithilfe von Satellitenmessungen beobachtet wurde. Diese Beschleunigung liegt vor allem am schmelzenden Eis. Für Küstenregionen und tiefliegende Staaten ist das eine enorme Bedrohung.
Das Schmelzen der Gletscher beschleunigte sich 2022 enorm. In den Alpen reduzierte sich laut WMO die Eisdicke der Gletscher um durchschnittlich drei bis vier Meter, deutlich mehr als im bisherigen Rekordjahr 2003. Der Grönländische Eisschild schmolz das 26. Jahr in Folge, außerdem fiel am höchsten Punkt des Eisschilds im August 2021 erstmals Regen statt Schnee. In der Schweiz nahm das Volumen der Gletscher in den vergangenen 20 Jahren um mehr als ein Drittel ab. Erstmals in der Geschichte blieb selbst an den höchsten Messstationen der Schweizer Alpen kein Schnee über den Sommer liegen. "Für viele Gletscher ist es bereits zu spät und das Schmelzen wird für Hunderte, wenn nicht Tausende Jahre weitergehen mit enormen Auswirkungen für die Wasserversorgung", sagte WMO-Generalsekretär Petteri Taalas.
Höchststand bei Konzentration von Treibhausgasen
Die Konzentration der wichtigsten Treibhausgase - Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Lachgas (N2O) - erreichte 2021 einen neuen Höchststand. Bei Methan war die Zunahme sogar so groß wie nie. Auch 2022 stieg die Konzentration aller drei Gase in der Atmosphäre weiter an. "Wir haben so hohe Werte an Kohlendioxid in der Atmosphäre, dass das 1,5-Grad-Ziel kaum noch in Reichweite ist", erklärte Taalas. Klimaforschern zufolge müsste die Erderwärmung bei 1,5 Grad gestoppt werden, um die Überschreitung gefährlicher Kipppunkte zu vermeiden und die katastrophalsten Folgen des Klimawandels abzuwenden. Die internationale Gemeinschaft hat sich zwar auf dieses Ziel verständigt. Die bisher eingeleiteten Maßnahmen reichen aber nach derzeitigen Erkenntnissen bei Weitem noch nicht, um dieses Ziel tatsächlich zu erreichen.
Allzu oft litten diejenigen am meisten, die am wenigsten zum Klimawandel beitrügen, sagte der WMO-Generalsekretär mit Blick auf die Überschwemmungen in Pakistan und die Dürre am Horn von Afrika. "Je stärker die Erwärmung, desto stärker die Auswirkungen", fasste Taalas zusammen. Auch gut gerüstete Gesellschaften erlebten Zerstörungen, etwa die anhaltenden Hitzewellen in Europa und im Süden Chinas. Zunehmendes Extremwetter machten Frühwarnsysteme umso wichtiger, sagte Taalas. Derzeit fehlten diese in der Hälfte aller Länder. UN-Generalsekretär Antonio Guterres werde einen entsprechenden Aktionsplan auf der Weltklimakonferenz vorstellen.
Die WMO veröffentlichte ihren vorläufigen "State of the Global Climate Report 2022" anlässlich der Klimakonferenz COP27, die seit heute und noch bis zum 18. November im ägyptischen Sharm El-Sheikh tagt. Der endgültige Bericht soll im April 2023 erscheinen.