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Europawahl 2024

Alice Weidel und Tino Chrupalla
analyse

EU-Spitzenkandidat der AfD Krahs Karambolage

Stand: 24.05.2024 18:02 Uhr

Maximilian Krah hat dafür gesorgt, dass alle neun AfD-Abgeordnete aus der ID-Fraktion ausgeschlossen wurden. Manche in der Partei finden: Der Bundesvorstand hat eine große Mitverantwortung. Wie groß ist der Schaden für die AfD?

Eine Analyse von Kilian Pfeffer, ARD-Hauptstadtstudio

Eigentlich hätte die AfD in diesen Tagen etwas zu feiern. Vor genau zehn Jahren holte sie 7,1 Prozent bei der Europawahl, das Europaparlament war das erste überregionale Parlament, in das die europaskeptische Partei überhaupt einzog. Nun wurden alle neun AfD-Abgeordneten aus der rechten ID-Fraktion ausgeschlossen.

"Das ist das beschissenste Geburtstagsgeschenk, das man uns hätte machen können", formuliert es drastisch ein Parteimitglied, das seinen Namen in diesem Artikel nicht lesen möchte. Auf Spitzenkandidat Maximilian Krah sind viele in der AfD nicht gut zu sprechen.

Katastrophe mit Ansage

Hört man sich in der Partei zu den jüngsten Ereignissen um, dann fällt ein Satz immer wieder. "Das war eine Katastrophe mit Ansage." Sprich: dem Bundesvorstand sei schon seit langem klar gewesen, was für ein hohes Risiko mit einer Spitzenkandidatur Krahs bei der Europawahl verbunden sein würde.

"Schampus Max," wie manche AfD-Politiker den Kandidaten in Hintergrundgesprächen inzwischen geradezu selbstverständlich nennen, hatte schon vor dem Europawahlparteitag 2023 in Magdeburg nicht den besten Ruf. Trotzdem wurde er damals auf den Listenplatz 1 gewählt. Möglicherweise hätten die damals sehr guten Umfragewerte den Blick der Delegierten getrübt, wird vermutet, damals lag die AfD bei etwa 20 Prozent.

Welche Verantwortung haben Weidel und Chrupalla?

Geht man auf die Suche nach der Ursache, dann hört man aus der Partei Erklärungsversuche, die den Vorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla nicht gefallen dürften. Es ist dann die Rede davon, dass die Partei unprofessionell geführt werde, dass man manchmal eben auch unangenehme, schmerzhafte Entscheidungen treffen müsse, dass die Vorsitzenden sich aber wegduckten.

Gerade Weidel wird vorgeworfen, bei entscheidenden Fragen nicht die Verantwortung übernehmen zu wollen. Die Parteispitze hätte Krah signalisieren müssen, dass man ihn nicht unterstützen werde.

Druck aus unterschiedlichen Richtungen

Doch wie so oft bei der AfD kommt der Druck aus unterschiedlichen Richtungen. Andere finden zum Beispiel, Maximilian Krah werde Unrecht getan.

Götz Kubitschek etwa, der rechtsextreme Vordenker aus Schnellroda, schreibt in einem Rundbrief seines Verlags Antaios am Mittwoch: "Die AfD ist auf dem besten Weg, den notwendigen Gegenangriff zu versäumen oder gar nicht erst anzutreten. Lassen Sie uns Krah den Rücken stärken." Auch hier ein kaum versteckter Angriff auf die Parteivorsitzenden.

Lauwarme Reaktion

Die Reaktion der Parteispitze auf den Ausschluss aus der ID-Fraktion fällt ziemlich lauwarm aus. Man habe die Entscheidung der ID-Fraktion zur Kenntnis genommen, so Weidel und Chrupalla. Und weiter: "Dennoch sehen wir optimistisch auf den Wahlabend und die darauffolgenden Tage."

Dafür besteht nicht unbedingt Anlass. "Man kann schon vermuten, dass die AfD sich bereits im Sinkflug befindet," so formuliert es Klaus Peter Schöppner von dem Meinungsforschungsinstitut Mentefactum im Deutschlandfunk. Bei der jüngsten Umfrage kam die AfD nur noch auf 15 Prozent.

Gefährlicher Spiraleffekt

Für Parteien sei es gefährlich, so Schöppner, wenn ein so genannter Spiraleffekt einsetze, "wenn eine Negativnachricht die nächste wieder übertrumpft," wenn der Wähler eine deutliche Verschlechterung der parteilichen Performance wahrnehme.

Bei der AfD gab es in jüngster Zeit viele dieser Nachrichten: das Geheimtreffen in Potsdam im Januar, die Gerichtsurteile gegen Björn Höcke und das des Oberverwaltungsgerichts Münster gegen die Partei, die Ermittlungen gegen den Europawahlkandidaten Petr Bystron wegen des Anfangsverdachts auf Bestechlichkeit und Geldwäsche, die Aufhebung der Immunität des Bundestagsabgeordneten Hannes Gnauck, der Spionageverdacht gegen Krahs Mitarbeiter im Europaparlament, die Aussagen Krahs zur SS in einer italienischen Zeitung.

Augen zu und durch?

Man müsse jetzt das bestmögliche Ergebnis bei der Europawahl erzielen, das sei die Pflicht von allen, hört man aus der Partei. Das dürfte angesichts der zahlreichen schlechten Nachrichten nicht so leicht zu bewerkstelligen sein. Die Strategie der AfD für die kommenden zwei Wochen bis zur Wahl? "Augen zu und durch."