Nach "Tiergartenmord"-Urteil Russische Diplomaten zu "unerwünschten Personen" erklärt
Als Konsequenz aus dem Berliner Mordurteil gegen einen Russen erklärt die Bundesregierung zwei Mitarbeiter der russischen Botschaft in Deutschland zu "unerwünschten Personen". Das teilte Außenministerin Baerbock mit.
Nach dem Urteil im "Tiergartenmord"-Prozess hat die Bundesregierung zwei Mitarbeiter der russischen Botschaft in Deutschland zu "unerwünschten Personen" erklärt. Das sei dem russischen Botschafter Sergej Netschajew bei einem Gespräch im Auswärtigen Amt erklärt worden, sagte Außenministerin Annalena Baerbock in Berlin. Ein solcher Schritt kommt einer Ausweisung der Diplomaten gleich.
Zuvor hatte das Berliner Kammergericht einen 56-jährigen Russen zu lebenslanger Haft wegen Mordes an einem Georgier tschetschenischer Abstammung verurteilt. Die Staatsschutzkammer sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte im August 2019 im Auftrag staatlicher russischer Stellen handelte, als er sein Opfer mitten in einer Berliner Parkanlage erschoss. Das Gericht folgte damit der Argumentation der Bundesanwaltschaft.
Der Getötete lebte seit Ende 2016 als Asylbewerber in Deutschland. Er war von russischen Behörden als Terrorist eingestuft worden. Die Bundesanwaltschaft sieht darin das Motiv für die Tötung. Der Mann sei insbesondere deshalb als Staatsfeind betrachtet worden, weil er im Tschetschenien-Krieg gegen Russland gekämpft habe. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte den Mann einen "Banditen" und "Mörder" genannt.
Der Heimatstaat ist völkerrechtlich verpflichtet, die "persona non grata" abzuberufen; der fragliche Diplomat muss das Gastland innerhalb einer bestimmten Frist verlassen. Üblich sind 48 Stunden oder mehr. Die Erklärung zur "persona non grata" kann auch erfolgen, bevor jemand überhaupt im Gastland eintrifft.
Geregelt werden Rechte und Pflichten von Diplomaten durch das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen (WÜD). Wichtigstes Vorrecht ist danach die Immunität eines Diplomaten. Wird er zur "persona non grata" erklärt, kann das Gastland die Immunität mit Ablauf der Ausreisefrist aberkennen.
Nach Angaben des Auswärtigen Amtes ist ein konkretes Fehlverhalten des diplomatischen Personals keine Voraussetzung für die Erklärung zur "persona non grata". Vielmehr liegt dieser Schritt voll im Ermessen des Gastlandes und muss nicht begründet werden.
"Schwerwiegende Verletzung deutschen Rechts"
Das Gericht habe festgestellt, dass der Mord "im Auftrag von staatlichen Stellen der Russischen Föderation verübt wurde", sagte Baerbock. Dies sei "eine schwerwiegende Verletzung deutschen Rechts und der Souveränität der Bundesrepublik Deutschland".
Sie habe bereits gestern mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow telefoniert und bekräftigt, dass sie einen offenen und ehrlichen Austausch mit Russland wolle. "Dieser muss auf dem Boden des Völkerrechts und des gegenseitigen Respekts stattfinden", betonte die Grünen-Politikerin.
Es sei klar, dass Handlungen wie der Mord im Tiergarten diesen Austausch schwer belasteten. "Die Bundesregierung wird alles tun, was nötig ist, um die Sicherheit in unserem Land und den Respekt vor unserer Rechtsordnung zu gewährleisten."
Auch Russland kündigt Reaktion auf Urteil an
Zuvor hatte auch der russische Botschafter Netschajew eine Reaktion auf das Mordurteil angekündigt. Einzelheiten nannte er zunächst aber nicht. "Es handelt sich dabei um einen offensichtlich unfreundlichen Akt, der nicht unerwidert bleibt", erklärte er. "Auch der Zeitpunkt der Urteilsverkündung wird nicht von ungefähr ausgesucht sein. Offenbar hat jemand ein Interesse daran, dass der Dialog zwischen Russland und der neuen Bundesregierung von Beginn an dadurch überschattet wird."
Das Urteil sei "nicht objektiv, politisch motiviert und für das ohnedies schwierige deutsch-russische Verhältnis gravierend belastend", kritisierte der Botschafter. Den Vorwurf, dass die Russische Föderation an der Tat beteiligt gewesen sein soll, bezeichnete er als "absurd".
Deutschland hatte bereits nach den ersten Ermittlungsergebnissen des Generalbundesanwalts zu dem Fall zwei russische Botschaftsmitarbeiter ausgewiesen. Damals hatte Russland mit der Ausweisung zweier deutscher Diplomaten reagiert.