"Charlie Hebdo" auf Deutsch

Charlie Hebdo am Kiosk "Humor gibt es sogar in Deutschland"

Stand: 01.12.2016 10:57 Uhr

Die Satirezeitung Charlie Hebdo ist in Frankreich eine Institution - und wurde durch den islamistischen Anschlag auf ihre Redaktion zu einem Symbol der Meinungsfreiheit. Nun liegt die erste deutsche Ausgabe an den Kiosken.

Angela Merkel, breitbeinig auf einer Kloschüssel hockend, als Toilettenlektüre ein Charlie-Hebdo-Heft in der Hand. Dazu der Spruch: "Charlie Hebdo. Wirkt befreiend. Jetzt auch in Deutsch." Mit diesem Plakat wirbt das französische Kult-Satireblatt ab sofort auch um deutsche Leser. Und Charlie-Chefzeichner Riss ist sich sicher: "Es gibt doch überall Humor. Sogar in Deutschland."

Es ist das allererste Mal in der langen Geschichte von Charlie Hebdo, dass die Zeitung den Sprung in ein anderes Land inklusive anderer Sprache wagt. Dass dieses Experiment, wie die Macher es nennen, ausgerechnet bei den Nachbarn auf der anderen Rheinseite startet, habe auch etwas mit den Erfahrungen zu tun, die die Redaktion nach dem verheerenden Anschlag vom Januar 2015 gemacht habe, sagt Riss.

Deutsches Interesse

"Wir haben einfach festgestellt, dass es in Deutschland großes Interesse für Charlie Hebdo gibt. Viele haben uns dort immer wieder mit dem Wunsch nach Charlie konfrontiert. Für uns ist das eine tolle Gelegenheit, besser zu vermitteln, was Charlie Hebdo eigentlich ist. Denn eine Folge des schrecklichen Anschlags sei auch gewesen, dass alle Welt Charlie Hebdo nur noch auf Mohammed-Karikaturen und beißende Kritik am Islam reduziert habe. "Tatsächlich ist unser Magazin aber viel reicher an Themen. Und das wollen wir gerne vermitteln", sagt Riss.

Der Sprung nach Deutschland ist auch deshalb gewagt, weil die Macher keine ganz eigene deutsche Ausgabe planen. Große Teile des deutschen Magazins werden Übersetzungen der französischen Ausgabe sein. Kein Problem, glaubt Minka Schneider, die die Redaktion des deutschen Charlie übernommen hat: "Gerade in der heutigen Zeit, wo es mit Europa so den Bach heruntergeht und wir immer einen Blick auf die Nachbarn werfen müssen, denke ich, dass die Leute durchaus einen Nutzen davon haben; wenn sie sich damit beschäftigen, wie es mit dem Front National in Frankreich aussieht, was dort die Ökothemen sind, wo die Franzosen bei der Atomkraft stehen."

Allerdings brauchen sogar Franzosen gehöriges Detailwissen über französische Politik, um viele Charlie-Karikaturen überhaupt zu verstehen. Ob sie sie dann auch noch lustig finden, ist noch eine andere Frage. Eine Satire über italienische Erdbebenopfer, deren Blut neulich als Spaghettisauce dargestellt wurde, fand kaum jemand wirklich amüsant. Aber das ist auch gar nicht das Ziel, kontert die deutsche Redakteurin: "Das war nie eine Zeitung, die dazu gedacht war, sie aufzuschlagen und sich auf die Schenkel zu klopfen. Nein, den Humor würde ich eher als schwarzen Humor bezeichnen. Nämlich so, dass einem das Lachen mitunter im Halse stecken bleibt."

Merkel geht immer

In der deutschen Erstausgabe gibt es aber weniger düstere Beiträge. Chefzeichner Riss etwa hat eine spannende, zeichnerische Deutschlandreise unternommen. Und natürlich wird es künftig auch um deutsche Politik gehen, verspricht Schneider. "Merkel ist ja eine Figur, die auch hier in Frankreich sehr unterschiedlich wahrgenommen wird. Also zum einen mit viel Respekt betrachtet und mit einer gewissen Ehrfurch, aber auch sehr kritisch gesehen wird - vor allen Dingen ihre Rolle in Europa."

Jetzt, wo ihre erneute Kandidatur angekündigt wurde, würde man auf jeden Fall sehr viel dazu machen. "Und vielleicht der Frau Merkel ein paar Ratschläge geben, wie sie denn ihren nächsten Wahlkampf gewinnen kann."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 01. Dezember 2016 um 11:00 Uhr.