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ARD-Vorwahlumfrage Schwarz-rote Koalition erhält den meisten Zuspruch
Zehn Tage vor der Wahl erreicht eine Koalition aus Union und SPD laut ARD-Vorwahlumfrage die größten Zustimmungswerte. Ob es dazu kommt, liegt auch an den Kleinparteien. Die Bewertung der Kandidaten bleibt historisch schlecht.
Die Bundestagswahl 2025 hat zwar schon begonnen - unter anderem die Briefwahl macht es möglich - doch die meisten Wähler und Wählerinnen werden erst in zehn Tagen ihre Stimme abgeben und damit die Zusammensetzung des 21. Deutschen Bundestages bestimmen.
Würde schon an diesem Sonntag gewählt, dann könnte die Union damit rechnen, mit 32 Prozent stärkste Kraft zu werden, die AfD könnte mit 21 Prozent die zweitmeisten Stimmen auf sich vereinen, während SPD und Grüne gleichauf mit je 14 Prozent in den Bundestag einziehen würden. Die FDP würde mit 4 Prozent an der Mandatsschwelle scheitern. Die Linke würde mit 6 Prozent einziehen, und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) würde mit 4,5 Prozent knapp den Einzug in den Bundestag verpassen.
Warum diese Zahlen nicht die Wahl vorhersagen
Kurz vor der Bundestagswahl ist es umso wichtiger darauf hinzuweisen, dass diese Zahlen die aktuelle politische Stimmung abbilden und keine Vorhersage des Wahlergebnisses sein können oder als solche zu verstehen sind. Auch die ARD-Vorwahlumfrage vor der Bundestagswahl kann immer nur eine Wahlabsicht messen. Die meisten Befragten stehen jedoch noch vor der Stimmabgabe, und bis es so weit ist, können sich Umstände oder Wahlabsichten noch ändern.
Aktuell sind 13 Prozent der Wählerinnen und Wähler noch unsicher, wen sie wählen - und weitere 18 Prozent wollen entweder derzeit nicht zur Wahl gehen oder sind noch unentschlossen, ob sie wählen gehen. Aber: 69 Prozent sind sich schon sicher, welcher Partei sie ihre Stimme geben wollen - das sind 4 Punkte mehr als zum selben Zeitpunkt vor der vergangenen Bundestagswahl.
Die aktuelle Sonntagsfrage im Rahmen des ARD-Vorwahlumfrage ist also keine Prognose, sondern das Abbild der politischen Stimmung, die wir von Montag bis Mittwoch in dieser Woche gemessen haben, und die sich bis zum Wahltag ändern kann.
Welche Koalitionen möglich wären
Mit den aktuell erhobenen Zahlen wären rechnerisch eine Koalition zwischen Union und AfD möglich; die zwar von der AfD gewollt, aber vom Kanzlerkandidaten der Union, Friedrich Merz, mehrmals und deutlich ausgeschlossen wurde.
Politisch wahrscheinlicher - und mit den aktuellen Zahlen möglich - sind Koalitionen zwischen Union und SPD oder Union und Grünen, wobei die letztgenannte auf deutlich größeren Widerspruch in der Union, vor allem der CSU, stößt und wohl weiterhin stoßen wird.
Schwarz-rot wird am häufigsten genannt
Die politisch am wahrscheinlichsten und damit machbare Koalition scheint auch die Koalition zu sein, die die Deutschen am ehesten im Blick haben: 35 Prozent wünschen sich am ehesten eine unionsgeführte Bundesregierung, deutlich weniger wollen, dass SPD (17 Prozent), AfD (11 Prozent) oder Grüne (9 Prozent) die Regierung anführen; jeder Fünfte macht dazu gar keine Angabe.
Als Wunsch-Koalitionspartner für die Union wiederum wird am häufigsten die SPD (32 Prozent) genannt, gefolgt von AfD (17 Prozent), Grünen (16 Prozent) und FDP (11 Prozent). Dabei ist auffällig, dass die Präferenz für die Sozialdemokraten auch unter Anhängern von CDU/CSU in den vergangenen Wochen zugenommen hat. Vier von zehn Unions-Anhängern sprechen sich aktuell für Schwarz-Rot aus und damit mehr als in den vergangenen Wochen.
Gleichzeitig haben die Befürworter einer schwarz-gelben Koalition unter Unions-Anhängern abgenommen - was auch ein Ausdruck von Realismus sein kann: Die FDP muss aktuell darum bangen, überhaupt in den Bundestag einzuziehen. Von einer gemeinsamen Mehrheit wäre Schwarz-Gelb gerade weit entfernt. Und vor einer Woche warb der CDU/CSU-Kandidat Friedrich Merz gar offensiv um die Stimmen der FDP-Anhänger.
Auf die kleinen Parteien wird es ankommen
Entscheidend für die Koalitionsbildung nach der Wahl wird auch die Stärke der kleineren Parteien sein. Mit den aktuell in der ARD-Vorwahlumfrage gemessenen Zahlen schafft die Linkspartei den Einzug in den Bundestag. Sie hat sich in den vergangenen Wochen von 3 auf aktuell 6 Prozent verbessert. So einen hohen Wert erreichte sie zuletzt kurz vor der vergangenen Bundestagswahl 2021.
Würde zusätzlich die BSW und FDP mit 5 Prozent in den Bundestag einziehen, wäre rechnerisch möglicherweise nur noch ein Zweierbündnis aus Union und AfD möglich; für eine Koalition aus Union und SPD bzw. Union und Grünen könnte es dann eng werden.
Ältere bevorzugen klassische Volksparteien, Jüngere haben breiteres Spektrum
In den Altersgruppen gehen die Meinungen auseinander, wer die politische Zukunft des Landes gestalten sollte. Während sich bei den über 65-Jährigen in Summe zwei Drittel entweder die Union (43 Prozent) oder die SPD (24 Prozent) an der Spitze der künftigen Regierung wünschen, neigen die 18- bis 34-Jährigen weniger diesen Parteien zu und haben insgesamt auch weniger feste Partei-Loyalitäten. Auch in dieser Altersgruppe ist eine Unions-geführte zukünftige Bundesregierung am populärsten, aber auf deutlich niedrigerem Niveau (21 Prozent) und mit weniger Abstand zu anderen Parteien.
Die SPD findet bei den Jungen bei der Regierungsführung weniger Zustimmung (10 Prozent), häufiger genannt werden hingegen AfD (14 Prozent) und Grüne (12 Prozent), und auch die Linke (9 Prozent) wird bei den Jüngeren auffällig häufig als Favorit genannt.
Ein weiterer signifikanter Unterschied: Die Union findet mehr Unterstützung im Westen als im Osten, wenn es um die Führung der nächsten Bundesregierung geht, während die AfD in dieser Frage mehr Zustimmung im Osten als im Westen des Landes bekommt.
Wenig Zutrauen in die Kanzlerkandidaten
Die Einschätzung der Deutschen zu den Kanzlerkandidaten ist in der Tendenz die gleiche wie in den vergangenen Wochen: Es sind historisch schlechte Werte, die die ARD-Vorwahlumfrage misst. Die Mehrheit hält alle vier Abgefragten für keine guten Kanzler-Optionen. Mit Robert Habeck und Olaf Scholz stellen sich zwei Personen zur Wahl, die in einer historisch schlecht bewerteten und vorzeitig zerbrochenen Regierung die führenden Ämter inne hatten. Warum sie in den kommenden vier Jahren einen anderen oder einen besseren Job machen sollten als in den vergangenen Jahren, konnten sie den Bürgerinnen und Bürgern offenbar bisher nicht überzeugend erklären.
Und auch Friedrich Merz konnte als Kanzlerkandidat der Union in der persönlichen Bewertung nicht maßgeblich von der Schwäche der Ampel-Regierung profitieren. Aktuell meinen 34 Prozent (+1 im Vergleich zur Vorwoche), er wäre ein guter Kanzler. Mit dieser Einschätzung setzt er sich im aktuellen Bewerberumfeld etwas ab: über Scholz sagen das 26 Prozent (+1), über Habeck 25 (-1) und über Alice Weidel von der AfD 19 (+1).
Weiterhin gilt aber auch: Jeweils eine Mehrheit der Deutschen traut diesen vier Kandidaten nicht zu, ein guter Bundeskanzler beziehungsweise eine gute Bundeskanzlerin zu sein.
Erhebungsmethode: Zufallsbasierte Online- und Telefon-Befragung (davon 60 Prozent Festnetz, 40 Prozent Mobilfunk)
Erhebungszeitraum: 10. bis 12. Februar 2025
Fallzahl: 1.579 Befragte (932 Telefoninterviews und 647 Online-Interviews)
Gewichtung: nach soziodemographischen Merkmalen und Rückerinnerung Wahlverhalten
Schwankungsbreite: 2 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 10 Prozent, 3 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 50 Prozent
Durchführendes Institut: infratest dimap
Die Ergebnisse sind auf ganze Prozentwerte gerundet, um falsche Erwartungen an die Präzision zu vermeiden. Denn für alle repräsentativen Befragungen müssen Schwankungsbreiten berücksichtigt werden. Diese betragen im Falle einer Erhebung mit 1.000 Befragten bei großen Parteien rund drei Prozentpunkte, bei kleineren Parteien etwa einen Punkt. Hinzu kommt, dass der Rundungsfehler für kleine Parteien erheblich ist. Aus diesen Gründen wird keine Partei unter drei Prozent in der Sonntagsfrage ausgewiesen.