DeutschlandTrend

ARD-DeutschlandTrend Spannung auf den letzten Metern

Stand: 12.09.2013 22:26 Uhr

Von wegen langweilig: Auf der Zielgeraden wird die Bundestagswahl doch noch spannend. Im letzten ARD-DeutschlandTrend vor der Wahl macht die SPD Boden gut, die rechnerische Mehrheit von Schwarz-Gelb ist dahin. Auch in Hessen steht ein Kopf-an-Kopf-Rennen bevor.

Auch wenn sich auf Bundesebene der Trend zugunsten der SPD und ihres Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück fortsetzt: Die Mehrheitsverhältnisse bleiben knapp - so knapp, dass die Entscheidung mit Sicherheit erst am Wahlsonntag fällt. Auch bei der Landtagswahl in Hessen gibt es ein Kopf-an-Kopf-Rennen, bei dem zehn Tage vor der Wahl Schwarz-Gelb und Rot-Grün fast gleichauf liegen. Dort würde die Linkspartei nach heutigem Stand nicht wieder in den Landtag einziehen.

Den letzten Deutschlandtrend, den die ARD vor der Bundestagswahl veröffentlicht, hat Infratest dimap unter 2012 Wahlberechtigten am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag dieser Woche erhoben. Danach muss die Union gegenüber der Vorwoche einen Punkt abgeben und steht nun bei 40 Prozent. Koalitionspartner FDP hält seine fünf Prozent und hat damit den Einzug in den Bundestag noch nicht abschließend gesichert.

Im Oppositionslager gewinnt die SPD erneut einen Punkt hinzu und steigt auf 28 Prozent. Die Grünen fangen sich nach den Rückschlägen der vergangenen Wochen und bleiben konstant bei zehn Prozent. Auch die Linkspartei erreicht unverändert acht Prozent. Damit wären die Regierungsparteien mit zusammen 45 Prozent in dieser Woche etwas schwächer als die Oppositionsparteien mit zusammen 46 Prozent. Die rechnerische schwarz-gelbe Mehrheit der vergangenen Wochen besteht also nicht mehr. Der Abstand zwischen Regierung und Opposition liegt allerdings innerhalb der Fehlertoleranz.

Ganz wichtig: Diese Umfrage ist keine Vorhersage für den Wahlausgang, also keine Prognose. Infratest dimap hat im Auftrag der ARD die politische Stimmung der laufenden Woche erhoben, die sich naturgemäß bis zum Wahltag noch verändern wird. Bei der vergangenen Wahl hatte ein Drittel der tatsächlichen Wählerinnen und Wähler die Entscheidung erst in der Schlussphase des Wahlkampfs getroffen. In dieser Entscheidungsphase kann es in der kommenden Woche zu täglichen Stimmungsschwankungen und kurzzeitigen Trends kommen, die nicht unbedingt auf das Wahlergebnis hindeuten müssen. Deshalb hält die ARD an ihrer langjährigen Praxis fest, in dieser Phase keine weitere Sonntagsfrage erstellen zu lassen und zu veröffentlichen.

Steinbrück verringert Abstand zu Merkel

Der leichte Trend zu Lasten der Regierungsparteien spiegelt sich nicht nur in der Sonntagsfrage wieder. Nach historischen Höchstwerten in der Bewertung der Arbeit der Bundesregierung Anfang August hat sich der Anteil derer, die mit der Regierungsarbeit zufrieden sind, um fünf auf 47 Prozent verringert. Jetzt ist mit 53 Prozent (+6) eine Mehrheit eher unzufrieden.

Auch in der Direktwahlfrage hat sich die weit geöffnete Schere zwischen Kanzlerin und Herausforderer in den vergangenen drei Wochen Stück um Stück geschlossen. Wenn man Kanzlerin oder Kanzler direkt wählen könnte, entschieden sich nun 49 Prozent für Angela Merkel (-5 gegenüber der Vorwoche) und 32 Prozent für Peer Steinbrück (-2). Der Abstand zwischen beiden beträgt nun 17 Punkte, Mitte August waren es noch 33 Punkte.

Grüner Absturz

Auffälligste Entwicklung dieses Sommers waren die kontinuierlichen Verluste der Grünen. Von Mitte Juni bis Anfang September gaben sie in der Sonntagsfrage von 15 auf zehn Prozent nach. Die Gründe liegen ganz offensichtlich in den Wahlkampfschwerpunkten. 62 Prozent der Befragten glauben, die Grünen hätten "die Wähler mit ihren Steuerplänen verschreckt". Selbst 33 Prozent der verbliebenen Grünen-Anhänger sehen das so. 51 Prozent der Befragten glauben, dass die Grünen sich "im Wahlkampf von den Interessen ihrer eigenen Wähler entfernt" haben. Auch hier stimmen immerhin 34 Prozent der Grünen-Anhänger zu.

Offenbar passen aus Sicht vieler Wählerinnen und Wähler die sehr ausgefeilten Steuerkonzepte der Grünen nicht zum Image der Partei. Sie steht vielmehr für solche Themen, um die sich andere Parteien weniger kümmern, wie etwa gesellschaftspolitische Reformen. Vermutlich sind es weniger die vorgesehenen Steuererhöhungen selbst, die die Grünen-Anhänger irritieren. Vielmehr ist es die Tatsache, dass dieses Thema beim Wahlkampf der Grünen so im Mittelpunkt zu stehen scheint.

FDP hofft auf den Niedersachsen-Effekt

Wahlentscheidend dürfte am Ende das Abschneiden der FDP sein. Im DeutschlandTrend schwankt sie seit mehr als einem Jahr zwischen vier und fünf Prozent, hat es aber nie darüber hinausgeschafft. In der Partei hofft man ganz offensichtlich auf einen Niedersachsen-Effekt - also darauf, dass unionsnahe Wähler ihre Zweitstimme am Ende doch der FDP geben, um ihren Einzug in den Bundestag und damit eine schwarz-gelbe Koalition wahrscheinlicher zu machen.

Im Unterschied zu Niedersachsen sehen viele CDU/CSU-Wähler die schwarz-gelbe Koalition allerdings sehr viel skeptischer. Gefragt, was ihnen nach der Wahl wichtiger sei, nannten 53 Prozent der Unions-Anhänger "dass Merkel Kanzlerin bleibt". Nur sieben Prozent nannten die Fortsetzung der schwarz-gelben Koalition als Priorität. Die übrigen 40 Prozent bewerten beide Ziele gleich wichtig. Der Anteil der Unions-Wähler, der ernsthaft über eine Leihstimme für die FDP nachdenkt, dürfte also überschaubar sein.

Auch in der Gesamtwählerschaft ist der Wunsch einer FDP-Regierungsbeteiligung deutlich schwächer ausgeprägt als 2009. Sprachen sich damals 51 Prozent aller Befragten dafür aus, sind es heute noch 36 Prozent. Das populärste Bündnis nach der Wahl wäre eine große Koalition. 47 Prozent der Befragten glauben, dass eine solche Regierung "gut für Deutschland" wäre. Dahinter folgt Rot-Grün mit 41 Prozent Zustimmung, Schwarz-Gelb kommt nur auf eine Zustimmung von 38 Prozent. Das sind zehn Punkte weniger als vor der Bundestagswahl 2009.

Kopf-an-Kopf-Rennen in Hessen

Am 22. September können die Hessen gleich zwei Wahlzettel ausfüllen. Parallel zur Bundestagswahl wird auch ein neuer Landtag gewählt. Lange schien die Ablösung der schwarz-gelben Koalition eine sichere Sache zu sein. Jetzt aber stehen sich zwei etwa gleichstarke Lager gegenüber. In der ARD-Vorwahlumfrage kommt die CDU auf 40 Prozent, die FDP auf sechs Prozent. Die beiden Parteien haben damit einen leichten rechnerischen Vorsprung gegenüber der SPD mit 32 Prozent und den Grünen mit 12,5 Prozent. Dieser Abstand liegt aber im Rahmen der statistischen Schwankungsbreite. Die Linkspartei käme bei der politischen Stimmung dieser Woche mit 3,5 Prozent nicht in den Landtag.

Offenbar fällt es vielen Hessinnen und Hessen schwer, sich zu entscheiden. 43 Prozent bevorzugen eine CDU-geführte Regierung, 39 Prozent eine SPD-geführte Regierung. Immerhin 18 Prozent lassen diese Frage offen. Beinahe ein Patt gibt es auch zwischen dem amtierenden CDU-Ministerpräsidenten Volker Bouffier und SPD-Herausforderer Thorsten Schäfer-Gümbel. Bei einer theoretischen Direktwahl des Ministerpräsidenten würden sich 38 Prozent für Bouffier und 36 Prozent für Schäfer-Gümbel entscheiden - auch das kein nennenswerter Abstand.

Wer immer von einem langweiligen Wahlkampf gesprochen hat, ein spannender Wahlabend am übernächsten Sonntag ist garantiert.

Untersuchungsanlage DeutschlandTrend
Grundgesamtheit: Wahlberechtigte Bevölkerung ab 18 Jahren
Stichprobe: Repräsentative Zufallsauswahl/ Dual Frame
(Relation Festnetz-/Mobilfunknummern 70:30)
Erhebungsverfahren: Computergestützte Telefoninterviews (CATI)***
Fallzahl: 1012 Befragte
Fragen zu "Wechselstimmung", "gegenwärtiger wirtschaftlicher Lage", "persönlicher wirtschaftlicher Lage": 500 Befragte
Sonntagsfrage: 2012 Befragte
Erhebungszeitraum: 10. bis 12. September 2013
Fehlertoleranz: 1,4* bis 3,1** Prozentpunkte
*bei einem Anteilswert von 5 Prozent **bei einem Anteilswert von 50 Prozent
*** Aus statistischen und methodischen Gründen lassen sich bei der Telefonumfrage sehr kleine Parteien nicht sinnvoll ausweisen. Infratest dimap verfolgt deshalb die Praxis, Parteien, deren Anteil lediglich bei zwei Prozent oder darunter vermutet wird, nicht aufzuführen.
Untersuchungsanlage HessenTrend
Grundgesamtheit: Wahlberechtigte Bevölkerung in Hessen ab 18 Jahren
Stichprobe: Repräsentative Zufallsauswahl/ Dual Frame
Erhebungsverfahren: Computergestützte Telefoninterviews (CATI)***
Fallzahl: 1002 Befragte
Erhebungszeitraum: 10. bis 12. September 2013

Fehlertoleranz: 1,4* bis 3,1** Prozentpunkte
*bei einem Anteilswert von 5 Prozent **bei einem Anteilswert von 50 Prozent

***Aus statistischen und methodischen Gründen lassen sich bei der Telefonumfrage sehr kleine Parteien nicht sinnvoll ausweisen. Infratest dimap verfolgt deshalb die Praxis, Parteien, deren Anteil lediglich bei zwei Prozent oder darunter vermutet wird, nicht aufzuführen.