ARD-DeutschlandTrend August 2007 Die kleinen Leute bleiben auf der Strecke
Zur Halbzeitpause stellen die Bundesbürger der Großen Koalition im ARD-DeutschlandTrend ein schlechtes Zeugnis aus. Nicht einmal 20 Prozent der Befragten meinen, dass es ihnen durch die Politik der Koalition persönlich besser geht. Der Beliebtheit von Kanzlerin Merkel tut das jedoch keinen Abbruch.
Am Anfang haben viele gezweifelt, ob es überhaupt soweit kommt: Die Große Koalition hat die Halbzeitpause erreicht. Der ARD-DeutschlandTrend stellt deshalb der Bundesregierung in diesem Monat ein Zwischenzeugnis aus. Und die Gesamtnote lautet 3- (genauer: 3,4). Das jedenfalls ist das Urteil von 1000 Bundesbürgern, die Infratest dimap im Auftrag der Tagesthemen diese Woche befragt hat.
Zwölf Politikfelder hatten wir ausgesucht und die Befragten außerdem um eine persönliche Bilanz gebeten. Und die Urteile reichen von lautem Beifall bis zu völliger Enttäuschung. Ganz oben in der Beurteilung stehen Außen-, Wirtschafts- und Umweltpolitik. Jeweils mindestens zwei Drittel der Befragten loben, dass die Bundesregierung Deutschland angemessen in der Welt vertreten habe (84 Prozent), dass sie bessere Bedingungen für Unternehmen und Wirtschaft geschaffen habe (70 Prozent) und sich erfolgreich für den Klimaschutz eingesetzt habe (66 Prozent). Das sind richtig gute Werte.
Alles andere als sozial
Richtig schlecht, geradezu versetzungsgefährdend, sind die Noten auf allen Feldern der Sozialpolitik. Nur 19 Prozent beurteilen die Rentenpolitik der Bundesregierung positiv, 20 Prozent die Gesundheitspolitik, und magere 28 Prozent hatten den Eindruck, die Koalition habe sich für die Interessen der Arbeitnehmer eingesetzt. An dieser Stelle wird besonders deutlich, welches Bild sich festgesetzt hat in den Köpfen der Wählerinnen und Wähler: Für Unternehmen und Wirtschaft wird was getan, für die kleinen Leute nicht.
So erklärt sich dann auch die persönliche Bilanz, um die wir die Befragten gebeten hatten. Unsere Frage: Hat die Politik der Großen Koalition dafür gesorgt, dass es Ihnen persönlich besser geht? Nur 19 Prozent sagen ja, 78 Prozent hingegen nein. Nun haben wir es ja mit einer Regierung zu tun, von der selbst Beteiligte sagen, dass sie eher eine Not- als eine Wunschlösung ist. Wen wundert es also, dass nur gut ein Drittel der Deutschen (35 Prozent) sich eine Fortsetzung der großen Koalition auch nach 2009 wünscht.
Unzufriedenheit, wenn's ums Geld geht
Was auffällt: Lob bekommt die Regierung vor allem auf Feldern, von denen die Bürger unmittelbar wenig spüren: Außenpolitik, Klimaschutz, Wirtschaftsförderung. Da, wo es ums eigene Geld geht wie bei der Rente oder der Krankenversicherung, da herrscht Unzufriedenheit. Und nach aller Erfahrung werden gerade diese Themen umso wichtiger, je näher Wahlen rücken.
Streicheleinheiten für die Union
Deshalb ist die Sonntagsfrage nicht mehr als eine Momentaufnahme, eine Art Schnappschuss, der zeigt, wer gerade gut im Trend liegt. Innerhalb der Regierung bekommt die Union im Moment die Streicheleinheiten der Wähler ab. Sie steht unverändert bei 38 Prozent, die SPD bei 28 Prozent. Erfolgreichste Oppositionsparteien sind Grüne und Linkspartei mit jeweils 11 Prozent. Beide stehen deutlich besser da als bei der Wahl vor zwei Jahren, während die FDP mit neun Prozent leicht unter ihrem Wahlergebnis liegt. Für die Sonntagsfrage wurden von Montag bis Mittwoch 1500 Wahlberechtigte befragt. Die statistische Abweichung kann bei den großen Parteien bis zu 2,5 und bei den kleinen bis zu 1,5 Punkte ausmachen. Wichtiger für die Beurteilung der Sonntagsfrage ist aber, dass sich ein Drittel der Befragten gegenwärtig für keine Partei entscheiden will.
Merkel ist der unangefochtene Star
Um die Halbzeitbilanz komplett zu machen, haben wir auch die Kanzlerin und alle 14 Fachminister zur Benotung durch die Bürger freigegeben. Vier von ihnen erreichen Zustimmungswerte von über 50 Prozent: ganz vorn Kanzlerin Angela Merkel (75 Prozent), dann Außenminister Frank-Walter Steinmeier (70 Prozent), Familienministerin Ursula von der Leyen (61 Prozent) und Umweltminister Sigmar Gabriel (53 Prozent). Zwei Frauen aus der CDU und zwei Männer aus der SPD sind gegenwärtig die Sympathieträger dieser Regierung.
Die Kritik, an der es ja (siehe oben) nicht fehlt, kriegen andere ab. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) ist unangefochten Schlusslicht: 19 Prozent nur schätzen ihre Arbeit. Vor ihr liegen Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) mit 36 Prozent und Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) mit 37 Prozent.
Schröder wird nicht vermisst
Merkel ist unangefochten der Star dieser Regierung; ein halbes Jahr umjubelter internationaler Auftritte hat diese Position gefestigt. Ihren Vorgänger Gerhard Schröder wünscht sich kaum noch einer zurück. Bei der Frage, wer alles in allem die bessere Arbeit gemacht hat, liegt Merkel gegenüber Schröder mit 58 Prozent zu 25 Prozent vorn. Selbst die SPD-Anhänger loben in großer Zahl die Kanzlerin. Bei ihnen liegt Schröder zwar vorn, aber hauchdünn mit 44 Prozent zu 40 Prozent. Damit kann sich die SPD bei der Suche einer Antwort auf die K-Frage wenigstens eine Überlegung sparen: ein reaktivierter Ex-Kanzler wäre für Angela Merkel keine echte Konkurrenz.
Stichprobe: Repräsentative Zufallsauswahl / Randomstichprobe
Erhebungsverfahren: Computergestützte Telefoninterviews
Fallzahl: 1000 Befragte
Sonntagsfrage: 1500 Befragte
Erhebungszeitraum: 30. bis 31. Juli 2007
Sonntagsfrage: 30. Juli bis 1. August 2007
Fehlertoleranz: 1,4 bis 3,1 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 50%