Nach Anschlag Hunderte gedenken der Opfer in Magdeburg
Kurz nach 19 Uhr, genau 24 Stunden nach dem Anschlag, läuteten in Magdeburg alle Kirchenglocken. Im und vor dem Dom waren Hunderte Menschen zum Gedenken zusammengekommen. Bei Demonstrationen in der Stadt waren auch rechte Parolen zu hören.
Einen Tag nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg haben mehrere hundert Menschen der Opfer gedacht. Im Madgeburger Dom nahmen neben verletzten Opfern, Angehörigen und Rettungskräften auch Politiker teil - darunter Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzler Olaf Scholz und Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff.
Um 19:04 Uhr, exakt 24 Stunden nach der Tat, läuteten alle Kirchenglocken der Stadt. "Traurig und wütend, ratlos und ängstlich, unsicher und verzweifelt, sprach- und fassungslos und tief betroffen lässt uns der brutale Anschlag vom gestrigen Abend zurück. Mit Gefühlen, die sich nicht greifen lassen, sind wir heute Abend hier im Dom", sagte der katholische Bischof Gerhard Feige.
Tausend Menschen vor dem Dom
Auch vor dem Dom versammelten sich nach ersten Schätzungen der Polizei mehr als 1.000 Menschen. Der Gottesdienst wurde über eine große Leinwand übertragen. Vielerorts legten Menschen Blumen ab und zündeten Kerzen für die Opfer an. Das Netzwerk für Demokratie und Weltoffenheit in Sachsen-Anhalt sowie Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbände und weitere Organisationen hatten für den Abend zu einer Mahnwache vor dem Dom aufgerufen.
In das Gedenken in der Magdeburger Innenstadt mischten sich am Abend aber auch rechte Parolen. Zu sehen waren dort unter anderem ein Transparent mit dem Wort "Remigration" sowie sogenannte Heimat-Fahnen. Rufe wie "Wir sind das Volk" waren zu hören. Teilnehmende der Veranstaltung hatten diese dem MDR zufolge unter Protest verlassen und kritisierten, dass der Anlass für rechtsextreme Zwecke missbraucht würden.^
"Remigration" steht auf einem Banner bei einer Demonstration rechter Gruppierungen.
Unzufriedenheit als mögliches Motiv
Am Freitagabend war ein Mann mit einem Auto in eine Menschenmenge auf einem Magdeburger Weihnachtsmarkt gerast. Dabei starben vier Erwachsene und ein neunjähriges Kind. 200 Menschen wurden verletzt, darunter etwa 40 Schwer- teils Schwerstverletzte. Der Fahrer wurde direkt festgenommen.
Bei dem Verdächtigen handelt es sich um einen als Islam-Kritiker bekannten Arzt aus Bernburg, der aus Saudi-Arabien stammt. Die Ermittlungen zum Motiv dauern weiter an. Ein möglicher Auslöser der Tat könnte "Unzufriedenheit mit dem Umgang mit saudi-arabischen Flüchtlingen" gewesen sein, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Horst Walter Nopens am Nachmittag auf einer Pressekonferenz. Die Vernehmung des Beschuldigten laufe noch.
Wie der Direktor der Polizeiinspektion Magdeburg, Oliver Langhans, mitteilte, gelangte der Fahrer über den Flucht- und Rettungsweg auf den zentralen Platz, wo der Weihnachtsmarkt stattfand. Nach Angaben von Ordnungsdezernent Ronni Krug war der Flucht- und Rettungsweg nicht durch Sperren oder Poller geschützt. Krug verteidigte dennoch das Sicherheitskonzept: Es sei "nach bestem Wissen und Gewissen" erstellt worden.