Kerzen und Blumen sind in der Nähe des Paradeplatzes in Mannheim an einem Brunnen platziert
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Fahrer fährt in Menschengruppe Was über die Tat in Mannheim bekannt ist

Stand: 04.03.2025 11:05 Uhr

Mitten in der Mannheimer Innenstadt ist gestern ein Mann mit seinem Kleinwagen in eine Menschenmenge gefahren. Zwei Menschen starben, elf wurden verletzt. Was bislang bekannt ist.

Was ist passiert?

Um kurz nach 12 Uhr fuhr der Mann mit seinem Ford Fiesta in eine Fußgängerzone in der Innenstadt von Mannheim. Menschen besuchten dort am Rosenmontag den Fastnachtsmarkt, der auf den Planken und rund um den Wasserturm mit Dutzenden Imbissbuden und Fahrgeschäften stattfand.

Viele Menschen bummelten durch die Haupteinkaufsstraße, als der Fahrer Augenzeugen zufolge mit hohem Tempo vom Friedrichsring kommend in die mehrere Hundert Meter lange Straße raste und mehrere Fußgänger umfuhr. Danach floh der Mann.

Ein Taxifahrer soll übereinstimmenden Medienberichten zufolge dem Ford hinterhergefahren sein - bis zum Ende der Straße in eine Sackgasse. Nach einem missglückten Wendemanöver vor einer Auffahrt über eine Brücke, die über den Rhein nach Ludwigshafen führt, stellte sich der Taxifahrer dem Fahrer mit seinem Fahrzeug in den Weg, wie Jürgen Schwarz, Geschäftsführender Vorstand der Taxizentrale Mannheim, bestätigte. Der Mann floh daraufhin zur Fuß in Richtung Hafen, wo er von der Polizei festgenommen wurde.

Bei seiner Festnahme soll sich der Mann mit einer Schreckschusspistole in den Mund geschossen haben. Er lag im Schockraum und ist inzwischen in Polizeigewahrsam. Der 40-Jährige soll heute vernommen werden.

Karte mit Mannheim und dem Paradeplatz

Warum war die Straße nicht gesichert?

Trotz Fastnachtsmarkt gab es am Zugang der Einkaufsstraße keine Poller oder Absperrungen. Grund dafür ist auch der Straßenbahnverkehr und der Lieferverkehr für die Geschäfte. Die Polizei sah eigenen Angaben zufolge keine Veranlassung für eine Sperrung.

Wer sind die Opfer?

Zwei Menschen starben. Es soll sich nach Behördenangaben um eine 83-jährige Frau und einen 54-jährigen Mann handeln. Elf Menschen wurden verletzt. Nach Angaben des Landesinnenministeriums und der Stadt Mannheim gibt es fünf Schwer- und sechs Leichtverletzte. Es gebe keine Erkenntnisse, dass Kinder betroffen sind, sagte der Präsident des Landeskriminalamtes, Andreas Stenger. Das Universitätsklinikum Mannheim meldete allerdings gestern Nachmittag, dass auch ein Kind unter den Schwerverletzten sei.

Was ist über den Fahrer bekannt?

Bei dem Mann soll es sich um einen Deutschen aus dem benachbarten Ludwigshafen handeln. Die Polizei geht von einem Einzeltäter aus. In der Vergangenheit war er straffällig geworden. Laut Informationen des SWR soll es sich dabei aber um kleinere Delikte handeln.

Es gebe ein paar Vorstrafen, die lange zurücklägen, sagte Staatsanwalt Romeo Schüssler. Dabei gehe es um eine Körperverletzung, für die er vor mehr als zehn Jahren eine kurze Freiheitsstrafe verbüßt habe, außerdem ein Fall von Trunkenheit im Verkehr.

Welche Informationen gibt es zu den Hintergründen?

Das Motiv des Mannes ist unklar. Die Staatsanwaltschaft geht nicht von einem extremistischen Hintergrund aus. Es gebe konkrete Hinweise auf eine psychische Erkrankung, hieß es am Montagabend von der Staatsanwaltschaft. Der 40-Jährige habe Menschen umfahren wollen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann unter anderem zweifachen Mord vor.

Spezialkräfte durchsuchten bis zum späten Abend seine Wohnung in Ludwigshafen, in der er alleine gelebt haben soll. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa wurden einige nicht näher erläuterte Dinge sichergestellt, die noch ausgewertet werden sollen. Auch ein im Auto des Mannes entdeckter Zettel beschäftigt die Ermittler. Auf diesen sind Bleistiftskizzen zu sehen. Notiert sind demnach in etwas krakeliger Schrift Geschwindigkeit und Fahrt. Die Ermittler müssen jetzt prüfen, inwieweit diese Aufzeichnungen relevant sind für die Aufklärung der Tat. 

Die Todesfahrt hatte nach bisherigen Erkenntnissen der Ermittler keinen extremistischen oder religiösen Hintergrund. Die Motivation könne eher in der Person des Täters begründet sein, erklärte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU). Die Staatsanwaltschaft verwies auf Anhaltspunkte für eine psychische Erkrankung des Täters, weshalb sich die Ermittler auf diesen Aspekt konzentrieren.

Manuel Heinemann, Lehrbeauftragter für Kriminalpsychologie, zur tödlichen Fahrt in Mannheim

tagesschau24, 04.03.2025 10:00 Uhr

Wie reagiert die Politik?

Noch in der Nacht stellten Menschen Kerzen an den Tatort oder legten Blumen nieder. Und auch aus der Politik kommen Äußerungen der Anteilnahme. Spitzenpolitiker aus Bund und Land besuchten die Mannheimer Innenstadt. So auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). "Das ist nun wirklich schwer zu ertragen und auszuhalten", sagte er vor Ort. Er versicherte den Bürgerinnen und Bürgern, dass der Staat alles tue, was er tun könne, um sie zu schützen. Aber hundertprozentigen Schutz könne es nicht geben. "Manchmal ist es einfach nur tragisch und schlimm."

Absolute Sicherheit werde es niemals geben können, sagte auch Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU). "Wir können auch nicht unsere Innenstädte zu umzäunten Festungen machen." Die Tat reihe sich ein in mehrere Straftaten der jüngeren Vergangenheit, in der ein Auto als Waffe missbraucht worden sei. 

Bundesinnenministerin Nancy Faeser dankte der Polizei und den Rettungskräften. "Die Polizei hat einen herausragenden Job geleistet", sagte die SPD-Politikerin. Etwa 30 Polizeikräfte seien in zehn Minuten vor Ort gewesen, sagte Faeser.  Nun gelte es, die Ermittlungsbehörden ihre Arbeit machen zu lassen. Es sei eine furchtbare Tat, "ein Horror am helllichten Tag, bei schönstem Wetter, in der Mittagspause, wo viele Menschen draußen sind". 

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach den Angehörigen der Opfer von Mannheim sein tiefes Mitgefühl aus. "Es ist furchtbar, was sie durchmachen müssen", erklärte Steinmeier über seine Sprecherin auf der Plattform X. "Den Verletzten wünsche ich rasche Genesung." Der Bundespräsident dankte Polizei und Rettungsdiensten.

Ähnlich äußerte sich Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz. "Meine Gedanken sind bei den Opfern und ihren Angehörigen", erklärte der CDU-Chef auf X. "Der Vorfall - wie auch die schrecklichen Taten der vergangenen Monate - mahnt uns eindringlich: Wir müssen alles tun, um solche Taten zu verhindern." Deutschland müsse wieder ein sicheres Land werden.

Was bedeutet der Vorfall für die Fastnachtsumzüge?

Nach der Todesfahrt wurden mehrere für heute geplante Fasnachtsumzüge in Baden-Württemberg abgesagt. In Mannheim wurden nach Angaben der Stadt die geplanten Fasnachtsumzüge in den Vororten Feudenheim, Neckarau und Sandhofen abgesagt. Der sogenannte Fasnachtsmarkt am Wasserturm sei geschlossen, die Straßenfasnacht in der Innenstadt finde nicht statt, berichtete die Stadt.

Betroffen sind auch die Städte Heidelberg und Schwetzingen im Rhein-Neckar-Kreis. In Weinheim an der Bergstraße (ebenfalls Rhein-Neckar-Kreis) fällt der sogenannte Marktplatzfasching aus, wie die Kommune bestätigte.

In Heidelberg verständigten sich die im Heidelberger Karneval Komitee zusammengeschlossenen Vereine und die Stadt in einer Krisensitzung auf den Schritt. Schwetzingen liegt westlich von Heidelberg.

Hilfe bei seelischen Problemen oder psychischen Erkrankungen
Sollten Sie selbst, Angehörige oder Personen in Ihrem Umfeld von psychischen Problemen oder Erkrankungen betroffen sein, können Sie bei folgenden Anlaufstellen Hilfe und Beratung finden:

Telefonseelsorge: Anonyme Beratung per Telefon, Chat oder E-Mail - 24 Stunden am Tag

Tel.: 0800 - 111 0 111 oder 0800 - 111 0 222

Nummer gegen Kummer: Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche

Tel.: 0800 / 11 10 333

Info-Telefon der Deutschen Depressionshilfe: Vermittelt Kontakt zu Experten und Anlaufstellen
( Mo, Di, Do: 13 - 17 Uhr und Mi, Fr: 08.30 - 12.30 Uhr)

Tel.: 0800 / 33 44 533

Ärztlicher Bereitschaftsdienst: In akuten gesundheitsgefährdenden Notfällen werden Sie hier zu dem nächsten Bereitschaftsdienst in Ihrer Region weitergeleitet.

Tel.: 116 117

Sämtliche telefonischen Angebote stehen Betroffenen kostenfrei zur Verfügung.
Wolfgang Kessel, SWR, tagesschau, 04.03.2025 06:33 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 04. März 2025 um 06:30 Uhr.