Bundesweite Bauernproteste Die Sorge vor einer Radikalisierung wächst
Die Landwirte sind sauer wegen der Sparpläne der Bundesregierung. In der Politik wächst die Sorge, dass die Proteste von radikalen Gruppen unterwandert werden könnten.
Bundesweit sind Aktionen der Bäuerinnen und Bauern angekündigt - Protestfahrten mit Traktoren, Kundgebungen, große Versammlungen. Auch Autobahnauffahrten sollen blockiert werden.
Die Landwirte sind sauer wegen der Sparpläne der Bundesregierung. Dabei ist die Ampelkoalition bereits zurückgerudert. Sie will bei den Fördergeldern nicht mehr so stark kürzen, wie ursprünglich geplant. Aber das ist den Bauern nicht genug.
Bauernverband nennt Angriffe "No-Go"
Nachdem am Donnerstag in Schleswig-Holstein eine aufgebrachte Menge Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Verlassen eines Fährschiffs gehindert hatte, wächst die Angst davor, dass die Proteste eskalieren könnten.
Der Deutsche Bauernverband, der die Aktionen anführt, ruft explizit zu friedlichen Protesten auf. Präsident Joachim Rukwied betont: "Wir haben uns da eindeutig zu geäußert, uns davon distanziert in aller Schärfe. Persönliche Angriffe, Drohungen, etc. - das ist ein No-Go."
Sorge vor Instrumentalisierung der Proteste
Doch Politiker verschiedener Parteien befürchten, dass die Aktionen der Bauern von extremen Gruppen missbraucht werden könnten. So sagt zum Beispiel Dirk Wiese, Vize-Chef der SPD-Bundestagsfraktion: "Wir sehen schon, dass gerade in rechten Kreisen und gerade auch aus dem AfD-Milieu versucht wird, die Proteste zu instrumentalisieren. Wir sehen das gerade in Thüringen. Wir sehen das in Sachsen. Wir sehen das auch an anderen Stellen."
Wiese geht aber auch davon aus, dass die Mehrheit der Landwirte gewaltfrei demonstrieren wird. "Friedlicher Protest für seine Interessen ist absolut legitim", sagt er.
Lindner: "Sie haben sich verrannt!"
Beim Dreikönigstreffen der Liberalen warnte FDP-Chef Christian Lindner vor einer Radikalisierung und appellierte an die Landwirte, sich nicht unterwandern zu lassen: "Sie haben sich verrannt! Bitte kehren Sie um!"
Nach den Vorfällen an dem Fähranleger an der Nordsee ruft man auch bei der oppositionellen Union zu Mäßigung auf. Dennoch zeigt CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt Verständnis für den Ärger der Bauern: "Ja, wir unterstützen diese Proteste, aber sie müssen auf rechtstaatlichem Boden stattfinden. Und ich hoffe, dass solche Entgleisungen, wie wir sie da gesehen haben, eine absolute Ausnahme bleiben."
Ampel sieht keine weiteren Spielräume
Vertreter der Ampelkoalition machen unterdessen klar: Über die angekündigten Rücknahmen der geplanten Kürzungen hinaus sieht man keine weiteren Spielräume. "Nein, denn es müsste gegenfinanziert werden", sagte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) im ZDF. "Ich meine, jeder Haushalt muss gedeckt werden, und wir haben jetzt Deckungen gemacht. Und ich rate jetzt allen, sich das mal in Ruhe anzuschauen und objektiv zu bewerten und dann wird man merken, dass wir hier sehr fair vorgehen."
Zusätzlich zu den Verkehrsbehinderungen auf den Straßen durch die Landwirte ist in den nächsten Tagen mit Problemen auch beim Schienenverkehr zu rechnen. Die Lokführergewerkschaft GDL ruft ihre Mitglieder zum Streik auf - von der Nacht zu Mittwoch bis zum Freitagabend. Schon ab Dienstagabend soll beim Güterverkehr gestreikt werden.