Kritik an Bundesregierung Rechnungshof sieht Stromversorgung gefährdet
Der Bundesrechnungshof hat der Regierung ein schlechtes Zeugnis für die Energiewende ausgestellt. Der Ausbau Erneuerbarer Energien gehe zu langsam voran.
Die Regierung ist aus Sicht des Bundesrechnungshofs bei der Energiewende nicht auf Kurs. "Die bisherigen Maßnahmen zur Umsetzung der Energiewende sind ungenügend und bergen deshalb gravierende Risiken für die energiepolitischen Ziele", sagte Rechnungshofpräsident Kay Scheller.
Grundlage für die Kritik ist ein neuer Sonderbericht seines Hauses zur Umsetzung der Energiewende bei der Stromversorgung. "Die Bundesregierung muss umgehend reagieren, andernfalls droht die Energiewende zu scheitern", heißt es darin.
Ausbau Erneuerbarer Energien hängt hinterher
Konkrete Mängel sieht der Rechnungshof beim Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Stromnetze, der dem Bericht zufolge nur sehr schleppend vorangeht. Zudem gebe es nicht genügend zusätzliche Erzeugungskapazitäten für den Bedarfsfall.
Rechnungshofpräsident Scheller argumentiert, der Ausbau etwa von Windenergie an Land hinke aber weit hinterher. 2023 seien beispielsweise nur die Hälfte der eigentlich nötigen Projekte vergeben worden. Es sei deshalb nicht realistisch, dass man den Rückstand in diesem Jahr aufholen werde. Es fehle zudem eine Überwachung, die Folgen der Energiewende für Flächen, Artenvielfalt und andere Umweltschäden im Blick behalte.
Stromkosten steigen weiter
Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, dass bis 2030 rund 80 Prozent des Stromverbrauchs mit Wind-, Wasser- oder Sonnenenergie gedeckt werden sollen. Um die schwankende Produktion der Erneuerbaren auszugleichen, sollen Gaskraftwerke gebaut und subventioniert werden, die über die Jahre mit klimafreundlichem Wasserstoff betrieben werden sollen.
"Hohe Strompreise sind ein erhebliches Risiko für den Wirtschaftsstandort Deutschland und die Akzeptanz der Energiewende", heißt es in dem Bericht. Die Preise für Strom seien in Deutschland in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Sie gehörten zu den höchsten in der EU - und weitere Preissteigerungen seien absehbar.
Zudem werde der Ausbau der Netze immer teurer, was die Regierung nicht transparent mache: Bis zum Jahr 2045 fielen allein für den Ausbau der Stromnetze Investitionskosten von mehr als 460 Milliarden Euro an. Dies werde wiederum die Energie weiter verteuern, so Scheller.
Um den sehr hohen Strompreisen entgegenzuwirken, hat die Bundesregierung diese wiederholt mit staatlichen Mitteln punktuell bezuschusst. Dadurch entstehe zusätzlich ein falsches Bild der tatsächlichen Kosten der Transformation, heißt es in dem Bericht.
Sicher, bezahlbar und umweltverträglich?
Die Ziele der Energiewende sind für die Bundesregierung im Energiewirtschaftsgesetz klar definiert. Darin heißt es, die Energieversorgung solle sicher, bezahlbar und umweltverträglich sein.
Nach Ansicht des Rechnungshofes verfehlt die Regierung ihre Ziele aktuell aber in allen Belangen: "Die sichere Versorgung ist gefährdet, der Strom teuer, während die Bundesregierung die Auswirkungen der Energiewende auf Landschaft, Natur und Umwelt nicht umfassend bewerten kann", so Scheller.
Das Bundeswirtschaftsministerium wehrte sich in einer Stellungnahme gegen den Bericht. Man habe etwa die Stromsteuer gesenkt und die Kosten für die Förderung der Erneuerbaren Energien stamme jetzt aus dem Bundeshaushalt und werden nicht auf Stromkunden abgewälzt.
In einer früheren Version des Textes hieß es, der stockende Ausbau der Erneuerbaren Energien treibe den Strompreis in die Höhe. Der Bericht des Rechnungshofes stellt diesen Bezug allerdings nicht her. Die Stelle wurde geändert.
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