Nach Ende der Ampelkoalition Großer Wurf im Kampf gegen Geldwäsche bleibt aus
Die Ampelkoalition wollte den Kampf gegen Geldwäsche und Finanzkriminalität in Deutschland forcieren. Dafür sollte auch ein neues Bundesamt geschaffen werden. Daraus wird wohl nichts mehr.
Das von der Ampelkoalition geplante und groß angekündigte Bundesamt zur Bekämpfung von Finanzkriminalität (BBF) steht vor dem Aus. Die nötige gesetzliche Grundlage zum Aufbau der Behörde fehlt weiterhin und es spricht viel dafür, dass das Vorhaben nicht mehr umgesetzt wird.
Deutschlands Ruf dürfte das international schaden und der bereits im Sommer 2022 vom damaligen Finanzminister Christian Lindner angekündigte "große Wurf" im Kampf gegen Geldwäsche und Finanzkriminalität bleibt aus. Dabei sind die Planungen weit fortgeschritten. SPD, Grüne und FDP waren sich lange weitgehend einig.
Deutschland als Paradies für Geldwäscher
Bereits im Oktober 2023 brachte das Bundeskabinett das Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz auf den Weg. Im Dezember beriet dann erstmals der Bundestag über den Gesetzentwurf, der unter anderem den Aufbau der Behörde regelt. Lindner hatte zu dem Zeitpunkt offenbar keine Zweifel, dass das Vorhaben auch umgesetzt wird. Im Januar reiste er nach Brüssel zu einer Anhörung des EU-Parlaments und der Kommission.
Es war die heiße Phase im Wettkampf um den Sitz für die neue Europäische Anti-Geldwäschebehörde AMLA. Mehrere EU-Staaten, darunter Deutschland, hatten sich darum beworben. Dabei hat Deutschland bei dem Thema einen schlechten Ruf. Laut Schätzungen werden hierzulande jährlich 100 Milliarden Euro aus kriminellen Geschäften, zum Beispiel dem Drogenhandel, in den legalen Wirtschaftskreislauf eingeschleust.
Deutschland wird immer wieder als Paradies für Geldwäscher bezeichnet. Die Financial Action Task Force (FATF), ein internationales Kontrollgremium, bescheinigt Deutschland regelmäßig Defizite.
EU-Behörde zieht nach Frankfurt
Lindner sagte dazu bei der Anhörung im Januar: "Das sind Schwächen der Vergangenheit." Selbstbewusst kündigte er an, Deutschland habe den "Ehrgeiz, im Bereich von Finanzkriminalität und Geldwäsche mit an der Spitze zu stehen" und er verwies auf "die neue Behörde", das BBF, "von der wir glauben, dass sie im EU Kontext Goldstandard werden wird".
Die Bewerbung Deutschlands war erfolgreich. Die neue EU-Antigeldwäschebehörde AMLA wird ihren Sitz in Frankfurt am Main haben. Der Aufbau läuft - und geht schneller voran als der Aufbau des neuen Bundesamts, wie das Bundesfinanzministerium im vergangenen Monat auf Anfrage des ARD-Hauptstadtstudios einräumte. Dabei sei das "Reformvorhaben um die Errichtung des BBF entscheidend dafür, dass Deutschland trotz der bekannten Defizite bei der Geldwäschebekämpfung den Zuschlag für den Standort Frankfurt erhalten hat". Das Finanzministerium stellte im Oktober zudem klar, bei weiteren Verzögerungen drohe "international ein Reputationsverlust".
Nach dem Bruch der Ampelkoalition Anfang November ist es jetzt aber äußerst unwahrscheinlich, dass das BBF überhaupt noch an den Start geht. Während das Finanzministerium auf Anfrage noch im Oktober versicherte, der Zeitplan sehe vor, dass "das BBF noch in dieser Legislaturperiode erste operative Einsätze" durchführe, gibt sich das Ministerium nach dem Ampel-Aus deutlich zugeknöpfter.
Gesetz liegt beim Bundestag
Von einem Zeitplan ist plötzlich keine Rede mehr. Das Verfahren liege "in den Händen des Bundestags", teilt ein Sprecher mit. Sollte das nötige Gesetz verabschiedet werden, dann habe das Finanzministerium "alle erforderlichen Vorbereitungen getroffen, um einen zügigen Aufbau des BBF zu gewährleisten".
FDP-Politiker Florian Toncar war bis zum Ampel-Aus parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium und dort am Aufbau des geplanten Bundesamts maßgeblich beteiligt. Im Gespräch mit dem ARD-Hauptstadtstudio sagt er, es sei "wirklich sehr bedauerlich und ärgerlich", dass das BBF jetzt wohl nicht mehr komme. Es sei ein Problem, dass Deutschland damit "leider noch immer nicht so gut gegen Geldwäsche aufgestellt ist, wie es sein müsste".
Im BBF sollten unter anderem spezialisierte Ermittlerinnen und Ermittler Geldwäsche-Netzwerke aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität aufspüren. Die Behörde sollte zudem die wichtige Geldwäsche-Aufsicht bündeln und besser koordinieren.
Doch warum hat die Ampel das Vorhaben nicht schneller auf den Weg gebracht? Die FDP macht dafür die Grünen verantwortlich. Die hätten eine Verabschiedung des seit Juni fertig beratenen Gesetzes im Bundestag immer wieder verhindert und es mit sachfremden Themen verknüpft. Auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich wollte das Gesetz vor der Sommerpause beschließen.
Keine konkreten Gespräche mehr
Die Grünen weisen die Vorwürfe allerdings entschieden zurück. Sie betonen, die damals FDP-geführten Ministerien Justiz und Finanzen hätten sich nicht auf ein Vermögensverschleierungsbekämpfungsgesetz einigen können. Dabei habe es dazu Absprachen gegeben und das Gesetz sollte das BBF mit weiteren, wichtigen Befugnissen ausstatten. Auf Anfrage teilte das Finanzministerium nach dem Ampel-Aus mit, das Gesetzesvorhaben befinde sich weiterhin in der Ressortabstimmung.
Sabine Grützmacher, Berichterstatterin bei der Grünen-Bundestagsfraktion für das BBF, hat noch etwas Hoffnung, dass wenigstens das Gesetz zum Aufbau der Behörde doch noch verabschiedet wird. Da seien "unglaublich viele gute Dinge drin, die mich hoffen lassen, dass man da noch eine Einigung erzielen kann". Wenn das jetzt nicht komme, "obwohl es durchverhandelt ist, wäre das für Deutschland wirklich schade".
Konkrete Gespräche gibt es dazu aber offenbar keine mehr, obwohl auch die FDP grundsätzlich bereit wäre, dem Gesetz noch zuzustimmen. Sebastian Fiedler, Innenpolitiker der SPD, sagt dem ARD-Hauptstadtstudio zudem, man sollte nicht "viele Tränen vergießen", weil es "keine neue Bundesoberbehörde im Finanzressort gibt".
Kleinere Fortschritte
Fiedler stand auch in seiner Fraktion dem Vorhaben stets kritisch gegenüber. Aktuell deutet nichts darauf hin, dass die Minderheitenregierung von SPD und Grünen in den letzten Monaten ihrer Amtszeit tatsächlich noch versuchen werde, ein neues Bundesamt aufzubauen.
CDU und CSU lehnen das BBF ohnehin ab. CDU-Politiker Matthias Hauer spricht von einem "Behördenmonstrum" und betont, die Union werde "diesem gescheiterten Ampel-Vorhaben nicht mehr zu einer Mehrheit verschaffen". Damit dürfte das größte Projekt der Ampelkoalition in Sachen Geldwäschebekämpfung sehr wahrscheinlich gescheitert sein.
Immerhin ein paar kleinere Fortschritte gab es in den vergangenen Jahren. So haben SPD, Grüne und FDP zum Beispiel festgelegt, dass Immobilien in Deutschland nicht mehr mit Bargeld gekauft werden dürfen. Die To-Do-Liste auch für die Zeit nach der Bundestagswahl im Kampf gegen Finanzkriminalität und Geldwäsche bleibt aber lang. Von einem "Gold-Standard" ist Deutschland noch immer weit entfernt.