Weg zur Klimaneutralität Wie ernst nimmt die CDU den Klimaschutz?
Für CDU-Kanzlerkandidat Merz ist Windkraft eine Übergangstechnologie. Gleichzeitig erklärt seine Partei, Deutschland bis 2045 klimaneutral machen zu wollen. Wie ernst ist der CDU der Klimaschutz?
Man könne Windräder eines Tages wieder abbauen, weil sie hässlich seien, glaubt CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz. Das hat er in einer ZDF-Talkshow gesagt und bezeichnete Windkraft als Übergangstechnologie. Fast zeitgleich bekennt sich seine Partei zu dem Ziel, Deutschland bis 2045 klimaneutral machen zu wollen. Wie passt das zusammen? Welche Pläne verfolgt die CDU in der Klima- und Energiepolitik?
Das wollte Merz kürzlich auf der CDU-Veranstaltung "Energiepolitik für ein klimaneutrales Industrieland" in Berlin erklären. In seiner Rede ging es allerdings vor allem um Zukunftsvisionen. Man solle sich nicht anmaßen, heute zu wissen, welche Technologien morgen und übermorgen die richtigen seien, rief er seiner Partei zu.
Klimaforscher: Erneuerbaren spielen überragende Rolle
Auf eine Zukunftstechnologie scheint der CDU-Kanzlerkandidat besonders zu setzen. "Perspektivisch sollten wir in Deutschland die Kernfusion in den Blick nehmen", forderte Merz auf der Bühne der Parteiveranstaltung. Bislang wird diese Technologie zur Energieerzeugung allerdings noch erforscht.
Für den Direktor und Chefökonomen des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung, Ottmar Edenhofer, ist klar, dass die Kernfusion nicht schnell genug kommt, um mit ihr bis Mitte des Jahrhunderts klimaneutral zu werden.
Die erneuerbaren Energien spielten dagegen eine überragende Rolle, sagte der Klimaforscher dem ARD-Magazin Panorama, auch die Windkraft werde länger eine Rolle spielen, das sei gar keine Frage. Man werde den Anteil der Erneuerbaren am Strommix weiter dramatisch erhöhen müssen, so Edenhofer.
"Nicht Verbot, sondern Innovation"
Wie also möchte die CDU nun dafür sorgen, dass die Menge der klimaschädlichen Emissionen schnell genug sinkt? Die wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU, Julia Klöckner, antwortete Panorama auf diese Frage: "Das Kernangebot der Union ist schlichtweg Technologie, und das heißt nicht Verbot, sondern Innovation."
Friedrich Merz lehnte ein Interview mit Panorama zur Klima- und Energiepolitik aus Termingründen ab. Stattdessen betonte der klimapolitische Sprecher und CDU-Vize, Andreas Jung, gegenüber dem ARD-Magazin, dass seine Partei den Klimaschutz ernst nehme und ein ehrgeiziges Programm entwickelt habe, um Deutschland bis 2045 klimaneutral zu machen.
CO2-Preis als Anreiz zur Verhaltensänderung
Dafür möchte die CDU im Kern weiter auf die längst beschlossene CO2-Bepreisung setzen. Das Prinzip ist einfach: Wer die Atmosphäre mit dem klimaschädlichen Gas CO2 verschmutzt, muss dafür zahlen. Damit Deutschland bis 2045 auch tatsächlich klimaneutral wird, darf immer weniger CO2 ausgestoßen werden. Der Preis dafür wird deshalb in den kommenden Jahren steigen.
Der CO2-Preis setze einen Anreiz zur Verhaltensänderung, erklärt Ökonom Edenhofer. Denn die Haushalte sollten nicht mehr heizen oder Auto fahren, indem Kohle, Öl und Gas verbrannt wird. "So einfach ist es."
Das klingt alles nicht neu und bedeutet, dass die Menschen in Deutschland auch unter einer CDU-geführten Regierung bei neuen Investitionen nach und nach auf klimafreundliches Heizen oder Fahren umsteigen müssten, da etwa das Betreiben von Gasheizungen oder Benzin teurer werden.
Widerspruch im Programm?
Klimapolitiker Andreas Jung bestätigte, dass auch die Botschaft der CDU sei, man müsse Dinge verändern. Um zum Beispiel klimafreundlich heizen zu können, kommt aus seiner Sicht eine Wärmepumpe oder ein Anschluss ans Wärmenetz in Frage, aber zum Beispiel auch Holzpellets. Genau das sieht allerdings auch schon das aktuelle Gebäudeenergiegesetz der Ampelkoalition vor, wie das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz auf Nachfrage schreibt.
Mit den Einnahmen aus der CO2-Bepreisung möchte die CDU die Stromsteuer senken und die Netzentgelte halbieren, heißt es im neuen Programm. Die darüberhinausgehenden Einnahmen will sie für weitere Entlastungen und Förderprogramme einsetzen.
Warum spricht CDU-Kanzlerkandidat Merz dann vor allem von Innovation und Forschung, statt das Parteiprogramm und die geplanten Veränderungen zu erklären? Will Merz den Klimaschutz nur verstecken oder fremdelt er mit dem Programm seiner Partei?
Das Gegenteil sei der Fall, betonte Klimapolitiker Jung. Merz beschreibe schließlich immer wieder, dass der Klimawandel konkrete Auswirkungen bei ihm zu Hause auf die Wälder im Sauerland habe. Man habe das Programm für Klimaneutralität gemeinsam formuliert.
Klimaforscher fordert mehr Erklärung der Programme
Auf die Frage, ob der Fachpolitiker manchmal an den populistischen Tönen der CDU verzweifle, antwortete Jung: "Da gibt es keine populistischen Töne." Es gebe wie in jeder Volkspartei manchmal ein Ringen, aber dieses Ringen habe zu einem sehr differenzierten Programm geführt.
Klimaforscher Edenhofer wünscht sich von Parteien im Wahlkampf, dass sie ihre Klimaschutz-Programme besser erklärten. Man müsse über die Kosten aufklären, man müsse über Kompensationen sprechen, so Edenhofer. Dass Politiker das nicht immer gern machten, sei verständlich, aber bei solchen Änderungsprozessen unvermeidlich.
Am wichtigsten sei aber, dass es bei der Klimapolitik nicht mehr um das Ob, sondern nur noch um das Wie gehe, so der Ökonom und Klimawissenschaftler. Man müsse voranschreiten. Extremwettereignisse nähmen zu, die Klimakrise gefährde unseren künftigen Wohlstand, sagte Edenhofer, es komme zu gewaltigen Schäden und Produktivitätseinbrüchen.
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