Interview

ARD-Meteorologe Köckritz im Interview "Ein Winter, der seinem Namen Ehre macht!"

Stand: 03.02.2010 14:26 Uhr

Seit sechs Wochen herrschen in Deutschland Schnee und eisige Temperaturen. Mal steigen die Werte leicht über Null, dann sinken sie wieder unter den Gefrierpunkt. "Das wird auch noch eine Weile so hin und her gehen", sagt ARD-Wetterexperte Köckritz im Interview mit tagesschau.de.

tagesschau.de: Seit sechs Wochen hat der Winter Deutschland fest im Griff. Wie lange wird das Winterwetter noch anhalten?

Michael Köckritz: Derzeit haben wir ja bereits eine leichte Milderung, und in den westlichen und südlichen Landesteilen kann die sich auch halten. Dort rechnen wir morgen mit sieben Grad. Richtung Nordosten und Osten werden wir dagegen in den nächsten Tagen in Bodennähe eine Ostströmung bekommen. Deshalb kommen die Temperaturen dort nicht so richtig hoch. Dort wird sich der Dauerfrost voraussichtlich halten.

Zur Person
Michael Köckritz ist Diplom-Meteorologe. Er studierte an der Universität Hannover und arbeitet als ARD-Wetterexperte für den Hessischen Rundfunk.

tagesschau.de: Der Januar war ja etwa drei Grad zu kalt. Wie kommt das?

Köckritz: Das hat mit einer Wetterkonstellation zu tun, die im Grunde seit Ende Dezember besteht: Seitdem liegen über Nord- und Osteuropa immer wieder blockierende Hochdruckgebiete. Die halten erstens die Tiefdruckgebiete ab, zweitens bringen sie mit nördlichen oder östlichen Winden kalte Luftmassen zu uns. Das hat begonnen mit der Luftmassengrenze, die wir um Silvester hatten: Da hat es im Süden geregnet, nach Norden gab's den Übergang zu Eisregen und im Norden zu Schnee. Seitdem liegt mehr oder minder deutschlandweit Schnee.

tagesschau.de: Deshalb liegt also in Mecklenburg-Vorpommern mehr Schnee als in Bayern.

Köckritz: Genau. Diese Luftmassengrenze hat sich gehalten bis heute. Dadurch konnten im Süden und Südwesten auch mal mildere Luftmassen vorankommen. So lagen heute morgen zum Beispiel auf dem Feldberg im Schwarzwald nur 52 Zentimeter Schnee. Im Norden und Osten erwarten wir, dass die Winde in Bodennähe wieder auf Osten drehen. Und wenn dort keine wärmeren Luftmassen dazukommen, ist klar, dass der Schnee liegen bleibt.

"Die geschlossene Schneedecke ist ungewöhnlich"

tagesschau.de: Wie bewerten Sie denn diesen Winter, ist der endlich mal normal, und sind wir nur nichts mehr gewohnt, oder ist er schon ungewöhnlich  hart?

Köckritz: Was die Schneedecke betrifft, ist er schon ungewöhnlich. Ich glaube wir hatten zuletzt in den Achtzigern eine geschlossene Schneedecke in Deutschland. Aber davon abgesehen ist das mal ein Winter, der seinem Namen alle Ehre macht.

tagesschau.de: Bedeutet das auch, dass der Klimawandel nicht so schnell fortschreitet wie befürchtet?

Köckritz: Man sollte von einem strengen Winter nicht darauf schließen, dass der Klimawandel aussetzt. Klima läuft einfach über mehrere Jahrzehnte und Jahrhunderte. Wir beobachten das Wetter vergleichsweise kurzfristig. Man muss abwarten, was die folgenden Winter bringen.

Das Interview führte Julia Rauner für tagesschau.de