Proteste gegen geplante Räumung Aktivisten errichten Barrikaden in Lützerath
Polizei und Aktivisten bereiten sich in Nordrhein-Westfalen auf die Räumung Lützeraths vor. Das Dorf soll dem Kohletagebau weichen. Auf den Straßen wurden Barrikaden errichtet.
Im wegen des Braunkohletagebaus räumungsbedrohten Ort Lützerath in Nordrhein-Westfalen sammeln sich weitere Aktivisten. Zahlreiche Menschen reisten am Samstag an und wurden mit Shuttlebussen von umliegenden Bahnhöfen in den Ort gebracht, berichteten Reporter. Auf den Straßen von Lützerath errichteten Aktivisten neue Barrikaden, dabei betonierten sie laut der Nachrichtenagentur dpa auch Gasflaschen in die Fahrbahn ein, um eine Räumung zu erschweren.
Neubauer erwartet
Für Sonntag wird die Klimaaktivistin Luisa Neubauer erwartet. Sie rief Unterstützer des Protests auf, ebenfalls nach Lützerath zu kommen: "Die Gesellschaft ist bereit, für eine sichere und nachhaltige Welt einzustehen, das werden wir in Lützerath zeigen. Beim Dorfspaziergang am Sonntag und in den nächsten Wochen."
Auch ein öffentliches "Aktionstraining" für zivilen Ungehorsam hat das Bündnis "Lützerath unräumbar" angekündigt, in dem sich unter anderem Gruppen wie Fridays for Future, Ende Gelände oder Letzte Generation zusammengeschlossen haben. Lützerath sei für die Klimabewegung der neue Hotspot, sagte Christoph Bautz von der Organisation Campact. "Wer diese Kohle abbaggert und verstromt, reißt die 1,5-Grad-Grenze und bricht das Pariser Klimaabkommen."
Am kommendem Samstag soll zudem eine Großdemonstration stattfinden - auch dann, wenn die Polizei den Ort bis dahin bereits geräumt haben sollte.
Klage gegen Aufenthaltsverbot
Der Verfassungsschutz hatte die Protestbewegung zuletzt als heterogen bezeichnet, Gewaltbereite seien aber in der Minderheit. Zivildemokratische Akteure stellten die überwiegende Mehrheit, so das Innenministerium.
Aktivisten hatten zudem gegen ein vom Landkreis Heinsberg verhängtes Aufenthaltsverbot für Lützerath geklagt. In der ersten Instanz wies das Verwaltungsgericht Aachen die Klage in einem Eilverfahren ab, woraufhin die Aktivisten Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster einlegten. Dieses werde aber nicht vor kommendem Montag darüber entscheiden, sagte eine Gerichtssprecherin.
Wissenschaftler bezweifeln Bedarf an der Kohle
Lützerath, das von seinen ursprünglichen Bewohnern bereits verlassen wurde, soll dem benachbarten RWE-Braunkohletagebau Garzweiler weichen. Die schwarz-grüne Landesregierung will das Dorf von den Aktivisten räumen lassen - damit könnte die Polizei gemäß der Räumungsverfügung des Landkreises ab kommendem Montag beginnen. Ein Gutachten von Wissenschaftlern hatte im vergangenen Jahr Zweifel daran geweckt, dass die Kohle unter Lützerath überhaupt benötigt wird - auch bei höherem Kohleverbrauch. Die Landesregierung verweist darauf, dass im Gegenzug für die Abbaggerung Lützeraths der Kohleausstieg in NRW auf 2030 vorgezogen wurde.
Proteste um den Hambacher Forst
Vor etwa viereinhalb Jahren war es bei den Auseinandersetzungen um den Hambacher Forst - einem Wäldchen, das einem anderen Tagebau weichen sollte und rund von 20 Kilometer von Lützerath entfernt liegt - zu gewalttätigen Protesten gekommen. Das Verwaltungsgericht Köln hat die Räumung durch die Polizei nachträglich für rechtswidrig erklärt.