Dublin-Verfahren Deutschland scheitert oft an Rückführungen
In der EU soll das Dublin-Verfahren die Verteilung der Aufnahme von Asylbewerbern regeln. Neue Zahlen zeigen, dass es für Deutschland zuletzt kaum funktioniert hat - zum Teil selbst verschuldet.
Den deutschen Ausländerbehörden ist es in den Jahren 2023 und 2024 in Zehntausenden Fällen nicht gelungen, Asylbewerber nach dem sogenannten Dublin-Verfahren in das jeweils zuständige EU-Partnerland zu überstellen - obwohl in all diesen Fällen die förmliche Zustimmung des jeweiligen Landes vorlag. Das geht aus Statistiken des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge hervor, die der Nachrichtenagentur dpa vorliegen.
Einer dieser Fälle war der mutmaßliche Angreifer von Aschaffenburg. Der offenbar psychisch erkrankte Mann hätte nach Bulgarien überstellt werden sollen. Allerdings dauerte die Übermittlung von Bescheiden auf dem Behördenweg so lange, dass die für Dublin-Überstellungen geltende Frist von sechs Monaten nicht mehr eingehalten werden konnte. Die Frist beginnt mit dem Tag der Zusage des aufnehmenden Landes.
Nur ein Bruchteil wurde zurückgeschickt
Das Dublin-Verfahren ist ein Bestandteil des gemeinsamen europäischen Asylsystems. Eine der Regelungen besagt, dass in vielen Fällen derjenige Staat für die Abwicklung des Asylverfahrens zuständig ist, in dem der Geflüchtete zuerst EU-Boden betreten hat. Reisen die Flüchtlinge weiter in andere EU-Staaten und stellen dort erst den Asylantrag - was in Deutschland bei einem Großteil der Asylsuchenden der Fall ist - muss das Ersteinreiseland die Menschen unter bestimmten Bedingungen zurücknehmen.
Im Jahr 2023 hatte Deutschland insgesamt in 74.622 Fällen um Überstellung in ein EU-Land gebeten, in 55.728 Fällen stimmten die Partnerländer zu. Tatsächlich überstellt wurde jedoch mit nur 5.053 Menschen nicht einmal jeder Zehnte.
Im Jahr 2024 sah die Bilanz nur geringfügig besser aus: In 74.583 Fällen wurde die Überstellung von Deutschland beantragt, in 44.431 Fällen wurde von den europäischen Partnern zugestimmt. Aber nur in 5.827 Fällen fand die Überstellung tatsächlich statt.
In bestimmten Fällen können andere Länder aber die Durchführung der Asylverfahren übernehmen - etwa aus humanitären Gründen. Das Dublin-Abkommen gilt seit dem 1. September 1997.
Italien macht Überstellungen fast unmöglich
Die Gründe für die schwachen Erfolgsquoten liegen im In- und Ausland. Bekannt ist, dass einige Länder - darunter vor allem Italien - der Rücknahme zwar zustimmen, in der Praxis aber unerfüllbare Bedingungen für die Rücknahme von Dublin-Flüchtlingen stellen und damit die Überstellungen fast unmöglich machen. Italien nahm aus Deutschland im Jahr 2024 nur drei Dublin-Fälle zurück, hatte aber für mehr als 10.000 Personen Rücknahmezustimmungen erteilt.
Deutsche Behörden arbeiten langsam
Andere Gründe liegen im Inland - etwa wenn die deutschen Behörden die Fälle nicht rechtzeitig bearbeiten. Im Aschaffenburger Fall waren 4,5 Monate der sechsmonatigen Frist verstrichen, ehe das Bundesamt für Migration der örtlichen Ausländerbehörde in Aschaffenburg die Dublin-Rückführung mitteilte - der rechtskräftige Bescheid kam sogar erst wenige Tage vor Fristablauf in Aschaffenburg an.
In anderen Fällen verhindern deutsche Gerichte die Überstellungen. Das gilt unter anderem für Rückführungen in Länder wie Kroatien. Die Richter sehen die Gefahr, dass die Asylbewerber dort kein rechtsstaatliches Verfahren erhalten oder die Unterbringungsbedingungen nicht den Mindestanforderungen entsprechen.