Berlin Herthas Präsidentschaftskandidat Olaf Brandt: "Wir brauchen Leute, die nicht mehr dilettantisch und amateurhaft arbeiten"
Olaf Brandt ist der wohl umstrittenste Kandidat, der sich auf das Amt des Präsidenten bei Hertha BSC bewirbt. Der Gastronom setzt als Außenseiter auf "Nahbarkeit" - und will den Verein schon 2030 zum Deutschen Meister machen. Von Anton Fahl
"Junge, das sind Statements", rappten Bushido und Shindy im Herbst 2016. Olaf Brandt braucht dafür im Herbst 2024 nur ein T-Shirt. Am Dienstag präsentierte er seine eigene Version des "Berliner Wegs", die einer ambitionierten Vision gleichkommt: "mit der Schale durchs Brandenburger Tor" steht auf einem Kleidungsstück geschrieben, das er in die Kamera hält. Dazu die Zielvorgabe: "Deutscher Meister 2030", mit historischem Verweis auf die einzigen beiden Meistertitel der "Alten Dame" 1930 und 1931, die sich bald zum hundertsten Mal jähren werden.
Auf der bevorstehenden Mitgliederversammlung des Fußball-Zweitligisten Hertha BSC will Brandt am 17. November als neuer Präsident gewählt werden, um die Nachfolge Kay Bernsteins anzutreten. Der 55-Jährige ist selbstständiger Gastronom und einer von fünf Kandidaten, die auf dem Wahlzettel stehen werden. Unter ihnen ist Brandt mutmaßlich der größte Außenseiter. Und der wohl umstrittenste Kandidat.
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Verortet in der Reichsbürger-Szene
Letzteres liegt vor allem daran, dass er in der Vergangenheit – auch über die Grenzen der Hertha-Community hinaus – nicht nur als Kritiker der Corona-Maßnahmen auffiel. Brandt trat ebenfalls als Redner auf Demonstrationen als rechtsextrem geltender Veranstalter auf. Im Internet finden sich Fotos von entsprechenden Treffen, bei denen Brandt mit einem Schal in den Hertha-Vereinsfarben zu sehen ist.
Brandt organisierte auch selbst Kundgebungen, bei denen gesellschaftliche Vorstellungen propagiert wurden, die der Reichsbürger-Szene zugeordnet werden. Dass auch Brandt selbst immer wieder in diese Szene verortet wird, liegt auch an verschiedenen Videos von ihm, die im Internet kursieren: In diesen diskutiert er beispielsweise die Wiedereinführung der Landesgrenzen zur Zeit des Deutschen Reichs mit Hilfe von militärischen Mitteln.
"Da gibt es Leute, die dich in eine Ecke stellen: rechts, Reichsbürger, Nazi, Rassist", sagt Brandt in einer Sonderfolge des rbb-Podcasts "Hauptstadtderby". Er selbst sieht darin eine Diskreditierung seiner Person. Er sei lediglich "während Corona auf Demonstrationen gewesen", sagt er. Die Gründe für seine "natürlich sehr schlechten" Umfragewerte im Vorfeld der Präsidentschaftswahl sieht er allerdings an anderen Stellen. "Die erste Umfrage wurde gemacht, da hatte ich noch überhaupt kein Interview gegeben", sagt Brandt.
Ein Hauch von Windhorst, Klinsmann und "Big City Club"
Im Gespräch mit dem rbb teilt Brandt nun geradezu gegen die aktuelle Vereinsführung von Hertha BSC - unter der Ägide des kommissarischen Präsidenten Fabian Drescher - aus. "Wir brauchen Leute, die nicht mehr dilettantisch und amateurhaft arbeiten", sagt Brandt, "sondern die dieses zelebrieren: Wir sind Hauptstadt."
Dabei erinnern die von ihm formulierten Maßgaben an Zeiten, in denen Hertha vor allem durch großspurige Kampagnen und Kampfansagen an die Konkurrenz auffiel, während Bodenständigkeit und Realitätssinn in Westend vermisst gemeldet wurden.
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Zur Einordnung: Es ist gerade einmal fünf Jahre her, dass Investor Lars Windhorst und Kurzzeittrainer Jürgen Klinsmann von nationalen Titeln und internationalem Geschäft fabulierten, ehe der Verein hunderte Millionen vernichtete und 2023 in die Zweitklassigkeit abrutschte.
Nach den ersten zwölf Spieltagen der Saison 2024/25 steht Hertha mit 17 Punkten und einem Torverhältnis von 20:20 auf dem 11. Platz der 2. Bundesliga - und hat somit einen Zähler mehr und zwei geschossene Tore weniger auf dem Konto als zum gleichen Zeitpunkt der Vorsaison.
"Hertha BSC ist ein schlafender Riese"
Auf der Rückseite des bereits erwähnten T-Shirts findet sich übrigens Brandts ganz eigener "Fahrplan": Bis spätestens 2026 soll die Rückkehr ins deutsche Fußball-Oberhaus gelingen, als Aufsteiger soll Hertha im ersten Jahr unter den besten zehn Mannschaften landen, ein Jahr später, 2028, in das Pokalfinale im Berliner Olympiastadion einziehen – und anschließend sollen Champions League und Meisterschaft ins Visier genommen werden. "Ich erinnere daran, dass Uli Hoeneß [langjähriger Manager und Präsident des FC Bayern München; Anm.d.Red.] in den 1980er Jahren mal gesagt hat: Hertha BSC ist ein schlafender Riese und der einzige Verein, der uns auf Dauer gefährlich werden könnte."
Durch seine Kampagne, gibt Brandt vor, sei "die Wirtschaft" neugierig geworden. Wobei offen bleibt, wen er mit "Wirtschaft" genau meint. "Die Wirtschaft möchte kein Geld verbrennen – das haben wir leider schon mit Lars Windhorst und den 374 Millionen Euro hinter uns. Das war die große Chance, wirklich mal etwas auf die Beine zu stellen. Aber: Durch dilettantisches Verhalten im Vorstand, vielleicht auch im Präsidium, falsche Manager, falsche Trainer und falsche sportliche Entscheidungen ist dieses Geld verbrannt worden. Wir haben jetzt einen schlechten Ruf in der Wirtschaft."
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"Nahbarkeit" - in unmittelbarer Nähe des Olympiastadions
Aus "taktischen Gründen" wolle er keine Namen nennen. Er betont aber, gute Kontakte in die (Berliner) Welt der Unternehmer zu pflegen. "Man steht ja nicht allein da. Man hat Leute an seiner Seite, die auch mit größeren Zahlen hantieren können. Ich traue mir das absolut zu", sagt Brandt, der am Olympischen Platz, in unmittelbarer Nähe von Herthas Heimspielstätte, einen Imbiss betreibt. Sein Standortvorteil? Jedenfalls sei das wichtigste Kriterium, das ihn für das Amt des Präsidenten qualifiziere, seine "Nahbarkeit. Zu mir kann jeder kommen – sieben Tage die Woche. Ich bin immer am Stadion vor Ort. Mir kann man sein Leid klagen, seine Ideen einbringen. Jeder ist wichtig." Zumal er "nicht immer Imbissfachmann" gewesen sei. "Ich habe einen Werdegang: Ich habe Einzelhandelskaufmann gelernt und war später bei der Postbank und Computerfirmen tätig."
Wenn es nach Olaf Brandt geht, führt ihn dieser Werdegang am Sonntag an die Spitze des eingetragenen Vereins Hertha BSC. Im Sinne der Mitglieder des Hauptstadtklubs will er das Erbe Kay Bernsteins fortführen. "Er hat uns Hoffnung, Mut und Zusammenhalt wiedergegeben. Wir waren in ganz Deutschland positiv in aller Munde. Alle Vereine und Fans haben auf uns, auf Hertha BSC, geschaut. Das muss wieder das Ziel sein - und dann können wir über solche Dinge hier reden", sagt Brandt – mit Verweis auf die blau-weiße Vision auf seinem T-Shirt.
Hinweis: Dieser Beitrag wurde nach der Erstveröffentlichung um weitere Informationen ergänzt. Dabei handelt es sich vor allem um Details zu einer Vernetzung Brandts in rechtsextremen Kreisen.
Sendung: rbb-Podcast "Hauptstadtderby", 12.11.2024