Neue Regierung in Brandenburg SPD und BSW einigen sich auf Koalitionsvertrag
Nach knapp einem Monat Verhandlungen haben sich SPD und BSW in Brandenburg auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Nach RBB-Informationen gehen drei Ressorts an das BSW.
- Koalitionsvertrag von SPD und BSW soll am Mittwochnachmittag präsentiert werden
- Ressortverteilung: Finanzen, Soziales und Gesundheit sowie Infrastruktur gehen an das BSW
- Bröckelnde Woidke-Mehrheit ist laut BSW-Landeschef Crumbach passé
- Wagenknecht: "BSW hat Wichtiges erreicht"
SPD und BSW haben sich in Brandenburg auf einen gemeinsamen Koalitionsvertrag geeinigt. Für 14 Uhr am Mittwoch haben die Spitzen von SPD und BSW eine Pressekonferenz in Potsdam angekündigt, auf der die Einzelheiten der erzielten Einigungen bekanntgegeben werden sollen.
Die SPD von Regierungschef Dietmar Woidke und das BSW des Landesvorsitzenden Robert Crumbach räumten zuvor die letzten Streitpunkte aus. In der ersten Dezember-Woche sollen Parteitage von SPD und BSW endgültig über den Vertrag entscheiden. Damit könnte Woidke am 11. Dezember im Landtag erneut als Ministerpräsident gewählt und vereidigt werden.
Inzwischen deutet sich auch Klarheit bei der Verteilung der Ministerien an. Nach rbb-Informationen gehen drei Ressorts (Finanzen, Soziales und Gesundheit sowie Infrastruktur) an das BSW.
Crumbach: Mehrheit für Woidke steht
Der BSW-Abgeordnete Sven Hornauf hatte zuvor die Gespräche gefährdet. Er drohte, wegen Kritik an einer Stationierung des Raketenabwehrsystems Arrow 3 im Fliegerhorst Holzdorf durch den Bund nicht für Woidke im Landtag zu stimmen.
Crumbach sicherte dem Koalitionspartner nun das Signal zu, dass die Mehrheit steht - auch wenn unklar sein sollte, wie Hornauf abstimmt. Das Bündnis hätte im Landtag eine Mehrheit von zwei Stimmen, ohne Hornauf also nur von einer Stimme.
Weniger Bürokratie und mehr Digitalisierung
SPD und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) haben bereits angekündigt, dass Bürokratieabbau und Digitalisierung Schwerpunkte einer gemeinsamen Koalition sein sollen. Fest steht auch, dass sie die Entlastung von Eltern mit geringeren Einkommen von den Kita-Beiträgen fortführen wollen.
In den Grundschulen sollen Lesen, Schreiben und Rechnen ein Schwerpunkt sein, die analoge Vermittlung soll Vorrang haben. Beide Parteien wenden sich gegen einen Anstieg des Rundfunkbeitrags.
Im Sondierungspapier verständigten sich beide Seiten bereits darauf, dass sie sich in Bund und EU für eine diplomatische Lösung des Ukraine-Kriegs einsetzen wollen. Auf die Folgen von Sanktionen wird verwiesen.
SPD und BSW wollen Klinik-Standorte erhalten
Einig sind sich die Parteien auch darin, die Krankenhausstandorte in Brandenburg zu erhalten. Ein Streit über die Krankenhausreform hatte am vergangenen Freitag im Bundesrat zur Entlassung der bisherigen Grünen-Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher durch Woidke geführt. Die rot-schwarz-grüne Koalition zerbrach kurz vor ihrem Ende.
Die Zahl der Polizeistellen soll auf 9.000 als Zielgröße steigen. Beide Parteien einigten sich zuvor schon darauf, dass Brandenburg alle Maßnahmen zur Eindämmung, Verhinderung und Zurückweisung irregulärer Migration unterstützt.
Nur eine Koalition aus SPD und BSW hat im Landtag eine realistische Mehrheit, weil keine Partei mit der AfD koalieren will. In Thüringen präsentierten CDU, BSW und SPD am Freitag einen Koalitionsvertrag.
Wagenknecht lobt Einigung in Brandenburg
Unterdessen hat sich BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht mit dem Koalitionsvertrag mit der SPD in Brandenburg und den dort vereinbarten außenpolitischen Zielen zufrieden gezeigt. Das BSW habe Wichtiges erreicht, erklärte die Vorsitzende des Bündnisses Sahra Wagenknecht. Dies gelte für Forderung nach "mehr Diplomatie, gegen endlose Waffenlieferungen und die Aufstellung der US-Mittelstreckenraketen".
Hinzu komme die Feststellung, "dass diplomatische Friedensbemühungen auch eine Normalisierung der wirtschaftlichen Beziehungen mit Russland zum Ziel haben müssen", fügte sie hinzu. Das Ziel, die Russland-Sanktionen zu überwinden, sei wichtig.
"Wir konnten in Potsdam erfolgreich verhandeln, weil die SPD bereit war, die Ergebnisse der Landtagswahl ernst zu nehmen und sich auf einen gemeinsamen Neubeginn einzulassen", meinte Wagenknecht. Das unterscheide Brandenburg von Sachsen, wo SPD und Teile der CDU eine Zusammenarbeit mit dem BSW "eigentlich gar nicht gewünscht" hätten.
Sendung: rbb24 Inforadio, 27.11.2024, 12 Uhr