Henning Rabe ist neuer Burgschreiber auf der Burg Beeskow

Brandenburg Beeskow (Oder-Spree): Neuer Burgschreiber will Roman über fiktive Naturkatastrophe an der Ostsee verfassen

Stand: 17.01.2025 12:47 Uhr

DDR-Fernsehmacher, Weltenbummler und Literat: Henning Rabe hat das Amt des Beeskower Burgschreibers angetreten. Er will die Ruhe nutzen, um über das Leben in einem Fischerdorf nach einem Sturm zu schreiben. Besskow profitiert unter anderem von Lesungen.

Die Burg Beeskow im Kreis Oder-Spree hat seit Anfang Januar einen neuen Burgschreiber. Diesmal konnte Henning Rabe die Auswahljury für das Literaturstipendium von sich überzeugen. Der 54-jährige Berliner wird in den kommenden fünf Monaten auf der Mittelalterlichen Streleburg in Beeskow wohnen und arbeiten.

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Schon nach wenigen Tagen heimisch auf der Burg

Bereits kurz nach seiner Ankunft in dieser Woche hat sich Rabe in der kleinen Burgschreiberwohnung, mit Blick auf die Beeskower Marienkirche und einen Nebenarm der Spree, gut eingelebt. "Ich war gleich am ersten Tag mit der Wohnung sehr glücklich", sagt er. "Es gibt hier ein schönes Bücherregal, der Schreibtisch ist groß genug, der Drucker funktioniert. Es ist alles vorhanden, was ich brauche."
 
Auch eine erste Begegnung mit den Beeskowern sei sehr erfreulich gewesen. "Gleich am ersten Abend hat mich auch jemand angesprochen, der auch den Sonnenuntergang fotografieren wollte, und begrüßte mich mit 'Moin'. Das fand ich wunderbar. Die Leute sind sehr offen", sagt Rabe.

Anpassungsschwierigkeiten erwartet er nicht, so der 54-Jährige. Dabei helfe voraussichtlich auch sein Berliner Dialekt. Er fühle sich wohl, weil die Menschen in der Kleinstadt ähnlich sprächen wie er. "Manchmal, wenn man beispielsweise für eine Lesung ein bisschen weiter wegfährt, dann muss man aufpassen, nicht zu sehr zu berlinern. Hier kann ich eben reden, wie ich rede, und das ist sehr schön."

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Zeit und Ruhe für Roman

Doch Henning Rabe ist nicht nur zum Reden nach Beeskow gekommen, wie ein Blick auf seinen Schreibtisch zeigt: Darauf liegen Bücher, ein Stapel Papier und sein geöffnetes Laptop. Denn er wolle die Zeit und vor allem die Stille auf der Burg nutzen, um seinen aktuellen Roman zu beenden: "Ich schreibe über ein Fischerdorf, welches fast an der Ostsee liegt. Dort hat es einen Sturm gegeben, der drei Jahre gewütet hat. Danach müssen die Bewohner ihr Leben nun wieder neu aufbauen." Rabe beschreibt das Leben nach und während der Naturkatastrophe. Auch einen Toten soll es geben. Doch ein Krimi wird es nicht, betont er. Eher eine Sozialstudie, ein Blick auf das menschliche Verhalten, der manchmal verschmitzt und manchmal auch schaurig ist.

Genau diese Form des Schreibens hatte die Jury überzeugt, Rabe für das Stipendium auszuwählen, so Kulturamtsleiter Arnold Bischinger. "Wie er aktuelle Themen aufgreift, indem er sie einfach sehr gradlinig anspricht, ohne das kompliziert zu machen, ohne zu verschnörkeln, ohne es in den Witz abrutschen zu lassen. Er bleibt da einfach sehr menschlich und geradeaus."

5 Monate, 5.000 Euro und kultureller Austausch

Das Stipendium selbst wird bereits seit 1993 vom Landkreis und der Stadt für fünf Monate vergeben. Neben dem Wohn- und Arbeitsraum auf der Burg beinhaltet dieses auch 5.000 Euro, um eben literarische Projekte umzusetzen. Im Gegenzug bereichern die Stipendiaten die Kulturlandschaft in der Region mit Lesungen, Impulsen oder der Zusammenarbeit mit Schulen. Für die Bewerbung müssen die interessierten Autorinnen und Autoren Texte oder Leseproben einreichen.

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Vom Fernsehen, über Musik zur Literatur

Henning Rabe konnte sich so jedenfalls gegen insgesamt 48 Mitbewerber aus Deutschland, Österreich und der Schweiz durchsetzen. Als 32. Amtsinhaber folgt er jetzt auf Henryk Gericke. Dabei geholfen hat sicherlich auch die ungewöhnliche Biografie des Berliners. So machte er Ende der 80er-Jahre erste Schritte als Darsteller, Sprecher und Moderator im DDR-Fernsehen. Nach der deutsch-deutschen Einheit habe er dann unter anderem als freischaffender Musiker seinen Unterhalt bestritten und erste Kurzgeschichten geschrieben, berichtet er. Seit 2006 veröffentlicht Rabe Beiträge in Literaturzeitschriften und Bücher.

Inspiriert vom Teletext und Weltreisen

Mit dem Schreiben habe er aber schon als Zwölfjähriger angefangen. Den Beginn machte eine Seeräubergeschichte, die bei seinen Mitschülern großen Anklang fand, erinnert Rabe sich. Inzwischen überzeugt er seine Leser mit selbst Erlebtem und einem Gespür für gute Geschichten. Die findet er zum Beispiel - wie für sein Buch "Einsatz in Damaskus" von 2022 - oft im Videotext. "Der ist kurz und kompakt. Da gibt es so viele Geschichten. Diese Agentengeschichte mit Damaskus, die basiert auf einer einzigen Teletext-Meldung." So geht es in dem Thriller um den belarussischen Machthaber Lukaschenko, der Geflüchtete aus Krisengebieten an die Grenzen der EU bringt.

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Doch auch eigene Erfahrungen lässt Rabe in seine Arbeit einfließen. So ist er auch als Weltenbummler unterwegs. Viele seiner Bücher sind Reiseberichte, etwa über das Baltikum, Kasachstan, Armenien, Georgien, Nepal. "Zum Beispiel bin ich in Kirgisien eine Woche unterwegs gewesen und da mit einem Führer und einem Packpferd durch diese Einöde. Ich dachte, das muss erzählt werden."
 
Nun hat ihn seine Reiselust auf die Burg Beeskow geführt, und vielleicht gibt es am Ende der fünfmonatigen Amtszeit auch eine kleine Geschichte über die Kleinstadt. Inspiration böten Burg, Stadt und die Natur entlang der Spree allemal, so Rabe.

Sendung: Antenne Brandenburg, 17.01.2025, 14:40 Uhr
 
Mit Material von Eva Kirchner-Rätsch und Tony Schönberg