Brandenburg Erste Landtagssitzung: Zäher Start des neuen Bündnisses in Brandenburg
Die erste Landtagssitzung hätte ein Schaulaufen des neuen Brandenburger Bündnisses von SPD und BSW werden können. Stattdessen hält sich die Koalition zurück und überlässt anderen das Feld – vor allem der AfD. Was ist da los? Von Hanno Christ
- Anträge überwiegend von der Opposition
- SPD: Sind noch in Haushaltsverhandlungen
- Ministerpräsident noch ohne Regierungserklärung
Wer in den Tagesordnungen für die erste Sitzung des Brandenburger Landtages stöbert, kann noch wenig lesen vom beschworenen Aufbruch, von einem anderen Politikstil oder von der Idee Neues zu schaffen, wie es die Koalition sich Ende November auf ihren Vertrag geschrieben hatte.
Insgesamt 25 Punkte finden sich am Dienstag in den Tagesordnungen der beiden Plenartage (Mittwoch und Donnerstag): Anträge, Gesetzentwürfe – fast allesamt initiiert von den Oppositionsfraktionen AfD und CDU. Mit Ausnahme der Einsetzung der Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der Corona-Pandemie kommt weder von der größten Fraktion, der SPD, noch von der drittgrößten, dem BSW, ein Antrag, der erste parlamentarische Gestaltungsversuche erkennen lässt.
Themensetzung durch Opposition
Die Aktuelle Stunde – üblicherweise erstbeste Gelegenheit, um ein Thema im Landtag zu setzen – wird am Mittwoch von der SPD in Zeiten der Grünen Woche traditionell mit der Debatte über Landwirtschaft bestückt, dicht gefolgt von einem Antrag der AfD, der die Stärkung regionaler Hofschlachtung fordert.
Dahinter reihen sich am Mittwoch etwa Themen wie die Notfallversorgung der Uckermark, die Trennung von Amt und Mandat im Landtag, Handyverbot an Schulen oder ein Gesetz zur Aufhebung des Vergabegesetzes – allesamt Forderungen aus den Federn von CDU oder AfD. Weiter geht es am Donnerstag: Dort verlangt die AfD wiederholt mehr Abschiebungen in einer Aktuellen Stunde, die CDU will die Bundeswehr an Schulen stärken und die AfD unter anderem die Ärzteversorgung auf dem Land fördern. Die Regierung kommt allenfalls Berichtspflichten nach.
Woidke erklärt sich (noch) nicht
Was besonders auffällt: Die Regierung möchte offenbar nicht auffallen. Für die Exekutive und einen Ministerpräsidenten ist es üblich, die erste Sitzung für eine Regierungserklärung zu nutzen, um die Grundlinien seiner künftigen Politik zu skizzieren. So war es noch zu Beginn der Vorgänger-Regierung 2019 und auch in anderen Bundesländern ist es gelebte Praxis. Diesmal sieht Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) bei der ersten Sitzung offenbar davon ab.
Ein Sprecher lässt auf rbb|24-Anfrage mitteilen, dass erstmal der Haushalt beschlossen werden müsse. Erst dann wisse man Bescheid. Erst dann folge auch eine Regierungserklärung. Soll heißen: Offenbar haben BSW und SPD mehrere Monate Beratungen in Sondierungen, Koalitionsverhandlungen und Regierungsbildung nicht gereicht, um formulieren zu können, wohin die Reise gehen soll.
Kritik und Häme von der Opposition
Für den CDU-Fraktionsvorsitzenden Jan Redmann ein "Armutszeugnis" und ein Beleg für die "Ambitionslosigkeit" des Bündnisses von SPD und BSW. Da sei "wenig Zielstellung, wenig Anspruch". Offenbar sei es auch dem Ministerpräsidenten zu wenig gewesen für eine Regierungserklärung, urteilt Redmann. Ein Blick auf die Tagesordnung bestätige diesen Eindruck. Die neue Regierung habe offenbar noch nicht in einen Arbeitsmodus gefunden.
In die gleiche Richtung geht auch der Vorsitzende der AfD-Fraktion, Hans-Christoph Berndt: "Es wird so bleiben, solange der Landtag in dieser Konstellation existiert. Die wurschteln irgendwie weiter". BSW und SPD hätten gar nicht die Geschlossenheit, um große Sprünge machen zu können, sagt Berndt. Für die AfD ein weites Feld, das sie glaubt, bestellen zu können. Die meisten Anträge werden auch weiterhin von der AfD kommen, gibt sich Berndt sicher.
Wenige Themen aus den Fraktionen von SPD und BSW
Der Regierung und den Regierungsfraktionen mangelnde Geschlossenheit und Ideenlosigkeit vorzuwerfen, gehört zum Werkzeugkasten jeder Oppositionskraft. Der Grund für die Häme und die Kritik der Opposition aber ist diesmal offenkundig: Themen setzt derzeit fast nur sie selbst. Das neue Bündnis liefert nicht nur nicht, sondern verliert sich in teils landtagsfremden Debatten. So fallen auch die wöchentlichen Pressekonferenzen der Fraktionen von SPD und BSW bislang eher inhaltsarm aus.
Normalerweise sind sie ein Einblick in den Maschinenraum der Fraktionen – oder eben auch eine günstige Gelegenheit, Themen zu setzen. Worüber diskutieren die Fraktionen? Was sind ihre Projekte? Wo gibt es Konflikte? Am Dienstag vor der Plenarsitzung arbeiten sich die Fraktionsvorsitzenden von SPD und BSW vor allem an Anträgen der Opposition ab, etwa zum Vergabemindestlohn – oder sie blicken über die Landesgrenze. Bezüge nach Brandenburg sind dabei nicht immer gegeben.
SPD: Erst der Haushalt, dann die Initiativen
Auf die Frage, warum es so wenige Anträge seitens der Koalition gäbe, antwortet BSW-Fraktionschef Niels-Olaf Lüders: "Ich kann Ihnen versprechen: Das wird sich ändern." Für den SPD-Fraktionsvorsitzenden Björn Lüttmann ist die Kritik der Opposition nur "Geklingel". "Die Dinge, die wir versprechen, müssen auch finanziert werden können", verteidigt sich Lüttmann. "Vieles steht erstmal unter dem Vorbehalt des Haushaltes. Das macht es den Regierungsfraktionen nicht einfach."
Auch der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Ludwig Scheetz, sieht keinen Grund zur Eile. Man habe ja eben erst die Fachausschüsse besetzt: "Sie müssen sich keine Sorgen machen, dass es zu wenig Ideen gibt. Es wird entsprechende Initiativen geben."
Sendung: Antenne Brandenburg, 22.02.2025, 6 Uhr