Brandenburg Frankfurt (Oder): Viadrina-Professor erhält Morddrohung wegen Äußerungen zum Ukraine-Krieg
An der Europauniversität Viadrina in Frankfurt (Oder) ist ein Drohschreiben an den Professor für Demokratie und Diktatur, Jan Claas Behrends. eingegangen. Das bestätigte der Betroffene dem rbb am Dienstag. Demnach wurde der Brief am Montag in sein Dienstpostfach zugestellt.
Das Schreiben zeigt das Bild einer Pistole. Darüber ist in Anspielung auf einen Slogan für Radiowerbung "geht ins Ohr, bleibt im Kopf" zu lesen. Zudem wird Behrends dazu aufgefordert, keine Interviews mehr zu geben und als Kriegstreiber bezeichnet. Die Mehrheit wolle Frieden mit Putin, wie es heißt. Zudem sei die Ukraine immer Teil Russlands gewesen.
Behrends: Drohung außerhalb der Meinungsfreiheit
Zunächst habe Behrends den Vorfall der Universitätsleitung gemeldet und anschließend in den sozialen Medien gepostet. "Das Beste ist, es zu veröffentlichen, um zu zeigen, was es da draußen für Leute gibt und mit welchen Methoden da gearbeitet wird", so der Osteuropa-Forscher. "Aber auch um zu sehen, wer da sonst noch betroffen ist." Behrends berichtet, dass er des Öfteren ähnliche Schreiben erhalte. "Es zeigt mir vor allen Dingen, dass es nicht um mich persönlich geht, sondern wie vergiftet das politische Klima in weiten Teilen dieses Landes ist. Auch andere Kolleginnen und Kollegen, die sich zu umstrittenen Themen, wie Ukraine oder Nahost äußern, bekommen ähnliche Sachen."
Der Viadrina-Professor wolle sich nun mit seinem Rechtsanwalt beraten und den Fall zur Anzeige bringen. Drohungen mit physischer Gewalt seien ihm zufolge nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt.
Mehr Waffen für die Ukraine und Führungsschwäche der SPD?
Behrends forscht an der Viadrina und am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF). Dort beschäftigt er sich unter anderem mit der Zeitgeschichte Osteuropas und Deutschlands sowie mit Kriegen und Konflikten. Seit 2014 liegt ein weiterer Schwerpunkt auf dem Krieg im Donbas und der Krise des russischen Staates. Zudem ist er Mitglied der SPD und setzt sich für eine offensivere Hilfe der Ukraine ein.
In Interviews hatte sich Behrends zuletzt kritisch zu den Verhandlungen von SPD und CDU mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in den ostdeutschen Bundesländern geäußert und eine Brandmauer gefordert. "Die Politik der Bundesregierung wird effektiv untergraben, wenn man sich auf die Forderungen des BSW einlässt", sagte er Anfang November gegenüber dem Nachrichtenportal t.online.de. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und SPD-Parteichef Lars Klingbeil unterstellte er Führungsschwäche bei der sogenannten Zeitenwende.
In der vergangenen Woche dann sagte der Wissenschaftler im Gespräch mit dem Bayrischen Rundfunk der Ukraine einen schwierigen Winter voraus, sollte nicht mehr Unterstützung aus dem Westen kommen. Auch Deutschland engagiere sich noch zu wenig, sagte Behrends: "Es geht darum, die Ukraine so wehrhaft zu machen, dass sie diesen russischen Ansturm zunächst einmal überstehen kann. Das ist im Moment nicht der Fall. Dazu brauchen wir ganz viele verschiedene Waffen und einen konzertierten Ansatz bei allen Europäern, aber auch andere westliche Staaten." Auch sei die Ukraine völkerrechtlich legitimiert, Russland auf dem eigenen Territorium mit Raketen zu bekämpfen.
Sendung: Antenne Brandenburg, 26.11.2024, 16:30 Uhr