Brandenburg Berlin Großer Wirtschaftsverband fordert Beibehaltung des Lieferkettengesetzes
Mehrere Parteien plädierten zuletzt für die Abschaffung, jetzt macht sich ein großer Verband dafür stark, dass es doch bleibt: Das Lieferkettengesetz hat für manche Unternehmen seine Vorteile, Kritik gibt es allerdings auch. Von Jan Wiese
Der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) fordert die Beibehaltung des deutschen Lieferkettengesetzes. Es gebe deutliche Fortschritte bei der Umsetzung in den Unternehmen, außerdem brauche die Wirtschaft Planungssicherheit.
Die politische Diskussion um eine mögliche Abschaffung des Gesetzes bezeichnet der Hauptgeschäftsführer des Verbands, Lars Kleeberg, gegenüber rbb24 Recherche als "nicht zielführend." CDU/CSU, FDP und AfD hatten die Abschaffung des Lieferkettengesetzes gefordert.
Großunternehmen kommen gut mit Gesetz zurecht
Der 10.000 Mitglieder umfassende Wirtschaftsverband positioniert sich anlässlich einer aktuellen Studie unter seinen Mitgliedsunternehmen, die rbb24 Recherche exklusiv vorliegt. Danach seien gerade Großunternehmen, die sich seit 2023 an das Gesetz halten müssen, in allen Kernbereichen besser aufgestellt als noch ein Jahr zuvor. So kämen 55 Prozent dieser Unternehmen inzwischen gut bis sehr gut mit den regelmäßigen Risikoanalysen ihrer direkten Lieferanten zurecht, die das Gesetz vorsieht.
Die größten Schwierigkeiten bestehen der Studie zufolge bei der Kontrolle der Einhaltung von Standards bei indirekten Zulieferern. Doch auch hier bewerten mit 32 Prozent der Großbetriebe nun doppelt so viele Unternehmen wie im Vorjahr die Umsetzung der Sorgfaltspflichten als sehr gut oder eher gut. "Die Ergebnisse verdeutlichen, dass ein gesetzlicher Rahmen erforderlich ist, um einen echten Wandel herbeizuführen," so Lars Kleeberg. Außerdem sei das Gesetz eine gute Vorbereitung auf die Lieferkettenrichtlinie der EU, die ab 2027 europaweit verbindlich wird.
Unternehmen fordern Planungssicherheit
Durchgeführt wurde die Studie vom BME und dem Risikomanagement-Unternehmen Integritynext. Insgesamt gaben 166 Unternehmen aus allen Branchen Auskunft über ihre bisherigen Erfahrungen mit dem Lieferkettengesetz. Auf rbb-Anfrage weisen mehrere Großunternehmen darauf hin, dass sie Rechts- und Planungssicherheit benötigten. Darunter sind zum Beispiel der weltweit agierende Komsumgüterproduzent Unilever und der deutsche Textil-Discounter Kik.
"Sprunghafte Änderungen führen zu erheblichen Mehrkosten und bringen Wettbewerbsnachteile mit sich," schreibt Kik. Das Unternehmen habe "eine siebenstellige Summe" investiert, um den Anforderungen des Lieferkettengesetzes gerecht zu werden. Für das Logistikunternehmen Hapag-Lloyd habe das Gesetz "Klarheit über die Erwartungen an eine sozial-nachhaltige Lieferkette" geschaffen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten in der Umsetzung gebe es nun ein System, Risiken für Menschenrechtsverletzungen zu identifizieren und zu minimieren.
Kritik üben einige Unternehmen an der Vielzahl unterschiedlicher Nachhaltigkeitsberichte, zu denen sie das nationale Lieferkettengesetz und unterschiedliche EU-Richtlinien verpflichten. Der Umfang des Berichtswesens sei "zu hoch", urteilt der Bekleidungshersteller s.Oliver auf rbb-Nachfrage. Die Firma KiK beklagt "deutlich mehr Verwaltungsaufgaben". Das binde Ressourcen, "die wir sonst gezielt für wirksame Nachhaltigkeitsaspekte einsetzen könnten." Beide Unternehmen plädieren dafür, die unterschiedlichen Berichtspflichten zu vereinheitlichen.
Sendung: rbb24 Inforadio, 23.01.2025, 06:00 Uhr