Brandenburg "Meine Oma (88)": Gedenkstätte plant Computer-Spiel zu NS-Verbrechen
Die Gedenkstätte für die Opfer der Euthanasie-Morde in Brandenburg an der Havel will ein digitales Spiel-Projekt über Familienerinnerungen an die NS-Geschichte entwickeln. Das Spiel "Meine Oma (88)" solle Ende 2026 veröffentlicht werden, teilte die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten am Freitag mit. Es richte sich an Jugendliche und Erwachsene mit unterschiedlichem Bildungshintergrund und werde auf den gängigen Gaming-Plattformen erhältlich sein.
Der Titel des Spiels sei als "ironische Anspielung auf ein bei Nazis beliebtes Kürzel zu verstehen", sagte Horst Seferens, Pressesprecher der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, rbb|24 auf Nachfrage. Das Spiel solle laut Gedenkstätten-Stiftung gleichermaßen zugänglich und unterhaltsam sein.
Die Spielenden schlüpfen in die Rolle der Enkelin
Die Gedenkstätte entwickele das Spiel zusammen mit einem Leipziger Gamestudio, hieß es. Ziel des Projekts sei, die zwischenmenschlichen Dynamiken zu beleuchten, die das Sprechen über den Nationalsozialismus in Familien behindern, aber auch ermöglichen können.
Die Spielidee bestehe darin, in die Rolle einer jungen Frau zu schlüpfen, die ihre Großmutter zur Familiengeschichte befragt und dabei mit der Erinnerungswelt der Kriegskindergeneration konfrontiert wird.
Im Mittelpunkt des Spiels stehe die Frage, inwieweit Familienangehörige in die nationalsozialistischen Euthanasie-Verbrechen verstrickt waren, hieß es in der Mitteilung. Die Oma gebe ihre Erinnerungen nur widerwillig preis, zudem seien sie verfälscht und bruchstückhaft.
Aufgabe der Spielerinnen und Spieler werde sein, die Großmutter dazu zu bringen, von der beschwiegenen Vergangenheit zu erzählen, und diese Erzählungen gleichzeitig zu hinterfragen. Dabei könnten Einsichten gewonnen werden, wie die langfristigen psychischen Folgen des Nationalsozialismus Familien bis in die Gegenwart hinein prägen.
Euthanasie und die Erinnerung daran im Fokus des Spiels
"Eine Vielzahl von Computerspielen nutzt den Nationalsozialismus und den Zweiten Weltkrieg als historisches Setting", wird Gedenkstättenleiterin Sylvia de Pasquale in der Mitteilung zitiert. Das digitale Spiel "Meine Oma (88)" verschiebe dagegen den Fokus von einer rein historischen Perspektive auf die NS-Geschichte hin zu einer Auseinandersetzung mit der transgenerationalen Erinnerung daran.
"Geschichtsrevisionismus und Holocaust-Leugnung nehmen zu, vor allem im Digitalen. Umso wichtiger ist es, aktivierende Formate für die Erinnerung an den Holocaust und die Zeit des Nationalsozialismus zu entwickeln, die ein breites Publikum ansprechen", sagte Lena Altman, Co-CEO der das Projekt fördernden Alfred Landecker Foundation. Das digitale Spiel nehme die systematische Ermordung Tausender kranker und behinderter Menschen in den Blick und wie dieses grausame NS-Verbrechen generationenübergreifend in Familien erinnert werde.