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Hessen Nach Rassismus-Vorfall bei Kerb: Hinweisgeber sieht sich von Veranstalter eingeschüchtert

Stand: 12.11.2024 21:37 Uhr

Nachdem auf der Kerb in Friedrichsdorf-Burgholzhausen rassistische Parolen gegrölt worden waren, zeigten sich die Veranstalter betroffen. Nun aber greifen sie ausgerechnet denjenigen an, der den Vorfall publik machte.

Von Marcel Sommer und Anna Lisa Lüft

Es war nicht der erste rassistische Vorfall, der sich in letzter Zeit auf Festen in Hessen ereignet hat: Bei der Kerb in Friedrichsdorf-Burgholzhausen (Hochtaunus) wurden Mitte Oktober im Festzelt ausländerfeindliche Parolen gegrölt - und zwar zu dem Partylied "L'amour toujours" von Gigi D'Agostino.

Der Kerbeverein als Veranstalter zeigte sich kurz danach betroffen: "Diesen Vorfall bedauern wir außerordentlich und bitten als Verein hierfür ausdrücklich um Entschuldigung," hieß es in einer Stellungnahme. Außerdem kündigte der Verein an, den Vorfall aufzuarbeiten.

Jetzt aber greift der Verein ausgerechnet den Mann an, der die Entgleisung damals öffentlich machte: Patrick R., der nach eigenen Angaben als Lichttechniker auf der Kerb arbeitete. Er hatte die Szenen im Festzelt gefilmt und auf der Plattform X gepostet, wo sie tausendfach geteilt wurden.

Kerbeverein wirft Techniker "Falschbehauptungen" vor

Patrick R. teilte nun auf X Auszüge aus einem Schreiben, das er Ende Oktober von einer Anwaltskanzlei im Auftrag des Kerbevereins erhielt. "Der Kerbverein versucht nun, mich mit einer Unterlassungserklärung und hohen Geldforderungen zum Schweigen zu bringen," schreibt Patrick R.

Die Kanzlei bestätigt auf hr-Anfrage, für den Verein zu sprechen. Sie wirft R. "wiederholte Falschbehauptungen" vor. Unter anderem habe R. in mehreren Medien behauptet, der Song, zu dem die rassistischen Parolen gegrölt wurden, sei an dem Abend mehrmals abgespielt worden. Das sei "offenkundig unwahr". In dem Schreiben werfen die Anwälte R. außerdem vor, er wolle den Kerbeverein mit seinen Behauptungen "öffentlich diskreditieren".

Patrick R. spricht von Einschüchterungsversuch

Über die Vorwürfe ärgert sich Patrick R. "Wie kann es sein, dass rechte Parolen in einem Festzelt toleriert werden, während diejenigen, die sie öffentlich machen, bedroht und eingeschüchtert werden?", schreibt der 26-Jährige auf der Plattform X. "Sollte ich unterschreiben, könnte der Verein öffentlich behaupten, ich hätte gelogen." R. sieht darin einen Versuch, Kritik an rechter Hetze zu unterdrücken.

Patrick R. wird nun selbst von einer Anwaltskanzlei vertreten, wie er dem hr bestätigte. Auf X bat er um Spenden für "weitere juristische Schritte in meinem Interesse". Etwaige Überschüsse wolle er an eine "Organisation gegen rechte Hetze spenden", kündigte R. an.

Kerbeverein verzichtet auf Gerichtsprozess

Da R. nicht auf die Forderungen des Kerbevereins einging, wäre der nächste Schritt gewesen, den Fall vor Gericht zu klären. Auf hr-Anfrage erklärten die Anwälte des Vereins jedoch, man habe sich "bewusst gegen eine gerichtliche Durchsetzung seiner in jeder Hinsicht berechtigten Ansprüche" entschieden. Man wolle R. keine "Bühne für seine Selbstdarstellung" bieten.

Der Kerbeverein selbst wollte sich auf hr-Anfrage am Samstag nicht noch einmal zu dem Fall äußern.

Staatsanwaltschaft stellt Ermittlungen ein

Wie oft wurde "L'amour toujours" auf der Kerb in Burgholzhausen gespielt? Und schritt wirklich niemand ein, als ausländerfeindliche Parolen gegrölt wurden? Viele Details des Vorfalls werden wohl weiter im Unklaren bleiben.

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt hat ihre Ermittlungen gegen Unbekannt zu dem Vorfall eingestellt: Wie sie dem hr am Dienstag mitteilte, ist die Parole "Ausländer raus" nur unter bestimmten Bedingungen wegen Volksverhetzung strafbar. Dazu gehörten etwa weitere Anzeichen für eine "feindselige Gesinnung" oder "die Bereitschaft zu Übergriffen auf ausländische Personen."

In Burgholzhausen habe es während der Kerb - abgesehen von den rassistischen Gesängen - keine weiteren Hinweise auf eine menschenverachtende oder rechtsradikale Gesinnung gegeben, so die Staatsanwaltschaft.