Blindgänger-Verdacht 14.000 Menschen werden in Osnabrück evakuiert
Fachleute haben am Sonntag mehrere Weltkriegsbomben in Osnabrück unschädlich gemacht. Nach mehr als 15 Stunden durften Anwohner zurück in ihre Häuser. Die Oberbürgermeisterin sprach von einem "Novum".
Die Bombenräumung in Osnabrück hat am Schluss mehr als 15 Stunden gedauert. Am späten Sonntagabend erklärte die Stadt die Evakuierung für beendet. Rund 14.000 Anwohnerinnen und Anwohner durften zurück nach Hause. "Osnabrück hat schon viele Bombenentschärfungen erlebt", sagte Oberbürgermeisterin Katharina Pötter (CDU) laut einer Mitteilung. Aber dass an einem Tag sieben Verdachtspunkte untersucht werden mussten, "war auch für uns ein Novum".
Blindgänger in Osnabrück waren unterschiedlich gefährlich
Bei den unschädlich gemachten Bomben handelte es sich um britische und amerikanische Sprengkörper aus dem Zweiten Weltkrieg. Alle Verdachtsfälle seien als Bomben mit Aufschlagzünder identifiziert worden, hieß es im Live-Blog der Stadt Osnabrück. Bei drei gefundenen Bomben handelte es sich um britische 500-Pfund-Bomben, so die Stadt. Dazu kamen zwei 100- und eine 1.000-Pfund-Bombe. Der siebte Verdachtsfall stellte sich zunächst als vergleichsweise harmlos heraus: Bei einer zerschellten 500-Pfund-Bombe habe lediglich der Zünder entschärft werden müssen, so die Stadt.
Evakuierung: Nicht alle wollten Gebiet freiwillig verlassen
Zwischenzeitlich wurden die Arbeiten der Sprengmeister von Schaulustigen und Bewohnern, die zurück in ihre Häuser wollten, unnötig in die Länge gezogen. Die Polizei Osnabrück bat daher eindringlich darum, das Sperrgebiet nicht zu betreten. Nach Angaben der Stadt betrugen die Verzögerungen durch "Bombentouristen" rund zwei Stunden. Ihnen drohen laut Stadt hohe Bußgelder. Seit dem frühen Sonntagmorgen hatte die Polizei das Evakuierungsgebiet kontrolliert - die rund 14.000 Anwohnerinnen und Anwohner sollten das Areal bis sieben Uhr verlassen. Auch Drohnen flogen über den Bereich und suchten nach Menschen, die sich noch dort aufhielten.
Polizei leitet 39 Ordnungswidrigkeitsverfahren ein
Nicht alle Bürgerinnen und Bürger seien einsichtig gewesen, sagte ein Polizeisprecher dem NDR Niedersachsen. Einige habe man aus ihren Wohnungen hinausbegleiten und mehrere Türen hätten gewaltsam geöffnet werden müssen. Alles in allem sei die Evakuierung aber "friedlich verlaufen und durchaus schnell gegangen". Am späten Abend teilte die Polizei mit, dass gegen 39 Personen Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet wurden. Zudem habe ein Mann am Rande des Evakuierungsgebiets aus bislang unbekannten Gründen auf einen anderen Mann eingeschlagen. Die Polizei ermittelt wegen Körperverletzung.
Hauptbahnhof Osnabrück war während Bombenräumung gesperrt
Von der Evakuierung betroffen waren die Stadtteile Fledder, Schinkel sowie die Innenstadt. Insgesamt gehe es um 8.650 Haushalte und rund 300 Gewerbeadressen, hatte die Stadt zuvor mitgeteilt. Auch der Hauptbahnhof wurde für die Dauer der Arbeiten gesperrt, die Bahn leitete Züge um und organisierte einen Ersatzverkehr. Die Stadt Osnabrück richtete in der Gesamtschule Schinkel für Anwohnerinnen und Anwohner ein Evakuierungszentrum ein. Dort befanden sich nach Informationen von NDR Niedersachsen zeitweilig zwischen 400 und 500 Menschen. Die Stadt informierte in einem Live-Ticker auf ihrer Webseite. Zwischenzeitlich war der Ticker offline, die Zugriffszahlen seien höher als erwartet gewesen, hieß es. Die Polizei hielt die Menschen zudem über ihren Whatsapp-Kanal auf dem Laufenden. Es war das erste Mal, dass die Polizei den Kanal bei einem Großeinsatz nutzt. Die Behörde ist seit Ende August nicht mehr bei X - als erste Polizeibehörde in Deutschland.
Während Bombenentschärfung kommt Kind zur Welt
Im Evakuierungsradius befanden sich auch drei Altenpflege-Einrichtungen und zwei Krankenhäuser: das Marienhospital und das Christliche Kinderkrankenhaus. Nach Angaben des Leiters des städtischen Ordnungsamtes, Thomas Cordes, waren beide im Vorfeld weitgehend geräumt worden. Unter anderem blieben Patientinnen und Patienten sowie das Personal auf den Intensivstationen, sagte er. Für sie wäre eine Verlegung zu risikoreich gewesen. Im Marienhospital befanden sich den Angaben zufolge am Sonntag noch rund 170 Patientinnen und Patienten, darunter mindestens eine schwangere Frau. Sie brachte während der Entschärfung ihr Baby zur Welt, wie Pressesprecherin Ute Laumann dem NDR Niedersachsen sagte. Von dem Trubel der Bombenentschärfung dürften Mutter und Kind nichts mitbekommen haben.
Ordnungsamt: Sonntag ist der beste Tag
Bauarbeiter hatten verdächtigen Gegenstände bei Bodenarbeiten entdeckt. Auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs im künftigen Lokviertel wurden schließlich sieben Verdachtspunkte identifiziert. Evakuierungen aufgrund von Bombenfunden kamen in Osnabrück in den vergangenen Jahren immer wieder vor, da im Zweiten Weltkrieg viele Bomben über der Stadt abgeworfen wurden. "Wir haben quasi schon zu Beginn der Bodenarbeiten damit gerechnet, Verdachtsstellen zu finden", so der Ordnungsamtsleiter. Allerdings seien sonst weniger Anwohnerinnen und Anwohner von den Evakuierungen betroffen. Der Sonntag wurde absichtlich für die Bombenräumung ausgewählt. Andernfalls wären die Auswirkungen noch spürbarer geworden, so Cordes. "Stellen Sie sich einfach mal vor, wir würden das unter der Woche, machen. Dann hätten wir nicht nur die Bewohner, die betroffen wären, dann wären auch noch viel mehr Büros, Firmen und Betriebe betroffen". Sonntag sei der Tag mit den geringsten Beeinträchtigungen.
Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | NDR Info | 18.11.2024 | 15:00 Uhr