Yacht in Monte Carlo, Monaco im Hafen vor leichtenden Häusern

Nordrhein-Westfalen Wie Superreiche weltweit mehr Steuern zahlen sollen

Stand: 19.11.2024 14:47 Uhr

Superreiche sollen weltweit mehr von ihrem Vermögen an den Staat abgeben. Darauf haben sich die G20-Staaten bei ihrem Treffen in Brasilien geeinigt. Die zusätzlichen Einnahmen könnten unter anderem für den Klimaschutz eingesetzt werden.

Von Christina Höwelhans

Die Staats- und Regierungschefs der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer haben am Montag (Ortszeit) eine Vereinbarung unterzeichnet, in der sie eine wirksame Besteuerung von Superreichen vereinbaren. Es gilt aber eine Steuerhoheit der einzelnen Staaten. Das heißt: Sie sind nach der Vereinbarung nicht verpflichtet, von Superreichen künftig mehr Steuern zu verlangen. Zu den G20 gehören unter anderem die USA, China, Russland, Deutschland, Frankreich, Australien und Argentinien.

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Wieviel zusätzliche Einnahmen zusammen kommen, hängt davon ab, ob und wie die einzelnen Staaten den Beschluss umsetzen. Zusätzliches Geld könnte zum Beispiel für den Klimaschutz eingesetzt werden. Tobias Hausschild, Leiter Soziale Gerechtigkeit bei Oxfam Deutschland, hat gegenüber dem WDR von einem Investitionsstau gesprochen, der beendet werden müsse: "Wir müssen in die sozial-ökologische Transformation investieren, wir müssen uns klimaresilient machen."

Milliardärssteuer wurde abgelehnt

Die Vereinbarung der G20-Staaten ist ein Kompromiss. Eigentlich hatte das Gastgeberland Brasilien eine Milliardärssteuer vorgeschlagen: Alle Personen mit einem Vermögen ab einer Milliarde US-Dollar sollten jährlich mindestens zwei Prozent an ihr Heimatland zahlen. Nach Schätzungen wären davon etwa 3.000 Menschen betroffen gewesen. Eine Milliardärssteuer hätte weltweit zusätzliche Steuereinnahmen von bis zu 250 Milliarden Dollar pro Jahr bringen können. 

Mächtige Staaten wie die USA und Deutschland waren aber gegen eine Milliardärssteuer. Schon bei einem Treffen der G20-Finanzminister im Sommer wurde deshalb der Kompromiss gefunden, den die Staats- und Regierungschefs jetzt unterschrieben haben: Eine wirksame Besteuerung von Superreichen ohne konkrete Festlegung, wer eigentlich superreich ist, und ohne einen konkreten Steuersatz festzulegen.

Steuern und Abgaben sind in Deutschland ungleich verteilt

In Deutschland gehört den reichsten 10 Prozent rund zwei Drittel des gesamten Vermögens. Reichtum ist also sehr ungleich verteilt. Das Netzwerk Steuergerechtigkeit hat ausgerechnet, wie viel Geld Superreiche in Deutschland an den Staat - also die Allgemeinheit - abgeben müssen. Zum Netzwerk gehören Organisationen wie Oxfam, Misereor und Transparency International.

Laut den Organisationen liegen die effektiven Steuer- und Abgabensätze von Multimillionären bei 29 Prozent und von Milliardären bei 26 Prozent ihres Einkommens. Vermögenseinkommen wie Mieten, Kapitalerträge an der Börse und Unternehmensgewinne werden in Deutschland niedriger besteuert als Arbeitseinkommen. Beim Arbeitseinkommen liegt der Spitzensteuersatz bei 42 Prozent. So werden Menschen, die hauptsächlich für ihr Arbeitseinkommen Steuern zahlen, im Vergleich stärker belastet als Superreiche, die hauptsächlich von ihrem Vermögen leben. Nach der Berechnung des Netzwerk Steuergerechtigkeit zahlt eine Mittelstandsfamilie 43 Prozent ihres Einkommens als Steuern und Abgaben.

Wie Superreiche in Deutschland besteuert werden könnten

Bis 1997 musste jeder in Deutschland einen Prozent Steuern auf Vermögen zahlen. Dazu zählte Vermögen aus Betrieben, Immobilien, Sparguthaben, Wertpapieren und Lebensversicherungen, und außerdem Luxus- und Kunstgegenstände. Zuletzt gab es einen Freibetrag von 120.000 DM. Die sogenannnte Vermögenssteuer wurde zwar nicht abgeschafft, wird aber seit 1997 nicht mehr erhoben. Der Grund: Das Bundesverfassungsgericht hatte geurteilt, dass die Steuer überarbeitet werden müsse. Die damalige Bundesregierung aus CDU/CSU und FDP hat die Steuer daraufhin nicht überarbeitet, sondern ausgesetzt - bis heute wurde die Vermögenssteuer nicht wieder aktiviert, auch nicht von den nachfolgenden Bundesregierungen.

Nach Schätzungen sind dem Staat so bis heute mehrere 100 Milliarden Euro an Steuern entgangen. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace spricht von 380 Milliarden Euro. Würde die Vermögenssteuer wieder aktiviert, könnte der Staat also Superreiche effektiv besteuern, wie es die G20-Staaten vereinbart haben.

Eine weitere Möglichkeit wäre eine Milliardärssteuer, wie sie Brasilien den G20-Staaten vorgeschlagen hatte. Würden Milliardäre zwei Prozent von ihrem Vermögen abtreten, würde das in Deutschland jährlich knapp 5,7 Milliarden Euro einbringen, hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung ausgerechnet.

In Frankreich hat das Parlament im Oktober für die Einführung einer solchen Reichensteuer gestimmt. Endgültig beschlossen ist sie dort aber noch nicht.

Unsere Quellen:

  • dpa
  • AFP
  • WDR-Gespräch mit Tobias Hausschild von Oxfam
  • Greenpeace
  • Netzwerk Steuergerechtigkeit
  • Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung